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Boutsen + Ickx

Das Formel 1 Forum früherer Tage...

Beitrag Samstag, 10. Februar 2001

Beiträge: 1873
Hallo,

ihr seit ja die großen Yesterday Experten. Was könnt ihr mir über die beiden ehemaligen belgischen Formel 1 Fahrer Jacky Ickx und Thierry Boutsen sagen ?

vielen Dank im voraus [br]----------------[br]mit freundlichen Grüssen

Daniel "Grovi" Grosvarlet
Chefredakteur F1Welt.com
mit freundlichen Grüßen

Daniel Grosvarlet

Beitrag Samstag, 10. Februar 2001

Beiträge: 1076
Servus Daniel,

Philip Adams wäre einfacher gewesen (der fuhr 1994 nur zwei Grand Prix für Lotus) !
So aber beschäftigt sich Tom mit Jacky Ickx; ich will's mal mit Thierry Boutsen versuchen.

Thierry Boutsen, der am 13.7.1957 in Brüssel geboren wurde, absolvierte mit 18 Jahren einen Fahrerlehrgang bei der Pilette International Racing School, und siegte dabei schon bei einem Rennen in Zolder (auf Formel VW). 1976 bestritt er Rennen zur Formel VW und Formel Ford, wovon er drei gewann. 1977 und 1978 nahm er an den Benelux-Meisterschaften der Formel Ford teil, die er als 6. bzw. Meister beendete. 1979 ging's - mit Hilfe seines Jugendidols Jacky Ickx - in die Europäische Formel 3 Meisterschaft (13. mit einem Sieg), 1980 wurde er Vizemeister (als Nachfolger eines gewissen Alain Prost im Werks-Martini-Team / 3 Siege) hinter Michele Alboreto !
1981 erfolgte der Sprung in die Formel 2 (Vizemeister mit 1 Sieg und 3 zweiten Plätzen), 1982 reichte es trotz dreier Siege nur zum dritten Platz im Endklassement.
Für 1983 war der Einstieg in die Formel 1 mit Spirit vorgesehen; leider bekam Stefan Johansson dieses Cockpit und Thierry's Debüt verzögerte sich bis zum belgischen GP (mit Arrows). Für dieses Team fuhr er auch die nächsten drei Jahre (bestes Ergebnis ein 2. Platz in Imola 1985 nach der Disqualifikation des Siegers Alain Prost hinter Elio de Angelis), wobei er als Kandidat für Punkte oft auf sich aufmerksam machen konnte und schließlich ab 1987 für zwei Jahre von Benetton verpflichtet wurde. Seine besten Platzierungen bei diesem Team waren sechs dritte Plätze und ein 4. WM-Rang 1988.
1989 ergab sich mit dem 2-Jahres-Angebot von Williams seine große Chance, die er auch mit zwei brillianten Siegen im ersten Jahr (jeweils im Regen in Kanada und Australien) und einem weiteren 1990 in Ungarn (von der Pole-Position aus unter riesigem Druck von Ayrton Senna) nutzte. Leider wurde er aber bei Williams - unbewußt ? - immer mit Mansell verglichen, und da dieser - sehr spät trotz Rücktrittsankündigungen - für 1991 wieder verpflichtet wurde, blieb Thierry nur noch als einzig vernünftige Möglichkeit ein Zweijahresvertrag mit Ligier. Die Franzosen hatten ihre besten Zeiten in der F1 allerdings schon hinter sich, weshalb als zählbarer Erfolg (trotz Renault-Motoren 1992) nur ein einsamer 5. Platz im letzten gemeinsamen GP (Australien) zu Buche steht.
Für 1993 stand Thierry zunächst auf der Straße, ersetzte aber nach zwei Rennen den glücklosen Ivan Capelli bei Jordan, ohne dabei aber selbst mehr Glück zu haben. Der absolute Tiefpunkt dabei war sein Heimrennen in Spa, das er mit Getriebeproblemen in der 1. Runde (!) aufgeben mußte. Gleichzeitig war dies auch der letzte seiner 163 Grand Prix-Starts, wovon er 3 gewann, 1 Pole, 1 schnellste Runde (Hockenheim 1990) und insgesamt 132 WM-Punkte erzielte.
(Ein Indiz für den schlechten Jordan war übrigens auch, daß sich in diesem Jahr insgesamt 5 (!) Fahrer im zweiten Cockpit versuchten.)

1994 und 1995 nahm Thierry an der Deutschen Super Tourenwagen Meisterschaft teil, hatte mit seinem Ford Mondeo allerdings gegen die überlegenen Audi und BMW keine Chance. 1995 startete er auch in Le Mans (6.), und wurde bei den Sportwagen 1996 mit H.-J. Stuck zweiter beim gleichen Rennen und Sieger in Brands Hatch und Spa (auf Porsche). 1997 blieb das Duo sieglos, weshalb es auch keinen Werksvertrag mehr für 1998 bekam. Deshalb fuhr Thierry in der US GT-Serie sowie für Toyota in Le Mans. Für die Japaner startete er dort auch 1999 mit (fast) tragischen Folgen, da er von einem Nachzügler beim Überrunden in die Leitplanken gedrängt wurde und sich bei diesem Unfall Rückenwirbel anbrach. Diesen Wink des Schicksals nahm er schließlich zum Anlaß, seinen Helm an den Nagel zu hängen.

Bei den Sportwagen (oder auch Gruppe C) hatte er auch schon in den 80er Jahren mit Siegen bei den 1000 km von Monza 1983, den 200 Meilen von Nürnberg 1984, den 24 Stunden von Daytona 1985 und den 1000 km von Spa 1986 (alle auf Porsche) seine Klasse bewiesen.
Ein Jahr zuvor bei den 1000 km von Spa, am 1.9.1985, teilte er sich seinen Porsche mit Stefan Bellof ....

Abschließend bleibt festzustellen, daß Thierry zwar das alte Rennfahrersprichwort - nice guys don't win - in der F1 zwar dreimal widerlegte, seinem Wesen aber treu blieb und für diesen Sport vielleicht doch zu nett - heißt: nicht hart genug - war; genau so habe ich ihn auch bei Testfahrten in Hockenheim kennengelernt.

Viele Grüße Hans

Beitrag Sonntag, 11. Februar 2001
Tom Tom

Beiträge: 2713
Hi Daniel,

nun mein Statement zum erfolgreichsten belgischen Rennfahrer aller Zeiten ! Nein, ich schreibe nicht über dem Brüssler Phillipe Adams, der als Ersatz für Alex Zanardi auf Lotus 1994 seinen Heim - GP (Unfall), sowie das Rennen in Estoril (16. Platz) bestritt und anschließend wieder zurück in die belgische Procar -Serie ging.

Es gibt da noch einen belgischen GP - Piloten, der fast alle Kategorien des Motorsports durchwanderte und die meisten davon auch gewonnen hat: JACQUES "JACKY" ICKX

Seine Erfolgsliste:

2 facher belgischer Trial - Meister (1963-65)
Formel 2 - Europameister (1967)
Sportwagen - Weltmeister (1982, 83)
6 facher LeMans - Gewinner (1969, 75-77, 81, 82)
2 Facher Formel 1 - Vizeweltmeister (1969, 70)
CanAm Meister (1979)
Rallye Paris - Dakar -Sieger (1983)
Rallye Baja Aragon - Sieger (1989)


Der Journalistensohn wurde am Neujahrstag 1945 in Ixelles geboren und war natürlich schon als kleiner Junge vom Motorsport begeistert. Mit 18 Jahren errang Jacky seine ersten großen Erfolge in der Trial- Meisterschaft und bei diversen Tourenwagen- und Bergrennen. 1966 entdeckte Ken Tyrrell das große Talent des Belgiers und engagierte ihn für die Formel 2, wo er auf Matra - Ford beim Nürburgring GP sein Formel 1 -Debüt gab.
1967 gewann Ickx seine ersten Formel 2 -Rennen und holte beim GP von Italien in Monza seinen ersten WM - Punkt.
Enzo Ferrari beobachtete den Belgier und stellte 1968 ein Cockpit zur Verfügung. Das erste Ferrari - Jahr beendete Jacky nach seinem ersten Podium in Spa und Sieg in Rouen (FRA) als WM - Vierter. Im einjährigem Gastspiel bei Brabham kämpfte Jacky gegen Stewart um den WM - Titel, siegte in Deutschland und Canada. Zurück bei der legendären Scuderia Ferrari, mußte sich Ickx 1970 (Siege in Österreich, Canada, Mexico) erneut mit dem zweiten WM - Rang begnügen. Bei regnerischen Bedingungen war er damals nicht zu schlagen.
In den folgenden Jahren waren die roten Wagen aus Maranello nicht mehr so konkurrenzfähig und so begann auch der langsame Abstieg des Jacky Ickx. Mit dem Holland - Sieg 1971 und dem Deutschland -Sieg 1972 konnte er sich noch zwei vierte Schlußränge sichern. Etwas entäuscht wechselte Jacky 1974 ins Lotus - Team zu Chapman und 1976 zu Williams,
ohne dabei wieder konkurrenzfähiges Material zu erhalten. Von 1977 bis 1979 kamen noch einige sporadische Einsätze hinzu (Ensign, Ligier).

GPs 116
Siege 8
Poles 13
Schnellste Runden 14
Punkte 181

Nach weiteren Sportwagenrennen und Ausflügen in andere Klassen legte Jacky im stolzen Alter von 50 Jahren seinen
Rennfahrerhelm in die Ecke und betreut nun die Motorsport - Karriere seiner Tochter Vanina, die in der belgischen Tourenwagen - Meisterschaft schon mit guten Ergebnissen auf sich aufmerksam gemacht hat.[br]----------------[br]Gruß

Tom
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Sonntag, 11. Februar 2001

Beiträge: 1873
Hallo ihr beiden,

ist ja Wahnsinn, was ihr drauf habt !!

Vielen Dank, ich nun einiges über Ickx und Boutsen dazu lernen können :)

super !!

[br]----------------[br]mit freundlichen Grüssen

Daniel "Grovi" Grosvarlet
Chefredakteur F1Welt.com
mit freundlichen Grüßen

Daniel Grosvarlet

Beitrag Sonntag, 25. August 2002

Beiträge: 440
Seit vor einigen Wochen die Reportage im Hessenfernsehen über Stefan Bellof dran war und ich im Internet noch einiges gelesen habe, kommt es mir immer mehr so vor, als hätte unser lieber Jacky Ickx einen erheblichen Teil an Mitschuld am Tod von Bellof in meinem Geburtsjahr 1985 in Spa. Ickx muss unverantwortlich gefahren sein und durch gewagte und unnütze Manöver in der Eau Rouge den verhehrenden Unfall verursacht, ja sogar heraufbeschworen haben. Und danach soll er alles vertuscht haben (staatsanwaltliche Untersuchungen u.ä.). Hatte er vielleicht irgendeine Fehde mit Bellof? Er war 1984 in Monaco ja auch Rennleiter, als das Rennen vorzeitig abgebrochen wurde und so Bellof die Möglichkeit genommen wurde, vielleicht einen triumphalen Sieg mit dem Cossi-Sauger gg. die Turbos zu feiern.

War Ickx also vielleicht eine Person, die ihre Ziele mit allen Mitteln durchzusetzen versuchte???
[br]----------------[br]"To finish first, you have to finish first."
Um Fragen zu vermeiden: Ich glaube, das Zitat stammt von Ron Dennis.
"7 Seidla Bier sind so viel wie a Brotzeit ..." :drink:

Beitrag Sonntag, 25. August 2002

Beiträge: 814
Das ist eindeutig zu verneinen.Ickx war einer der letzten Vertreter der sogenannten Gentleman-Driver.Ickx war nicht nur ein ausgesprochen sympathischer Zeitgenosse(für mich einer der nettesten Fahrer aller Zeiten),sondern auch ein untadeliger Sportsmann,der immer als kommender Weltmeister galt.Aber der letzte große Erfolg(also Weltmeister)blieb auch deshalb aus,weil es ihm fahrerisch vielleicht an dem letzten Prozent Risikobereitschaft fehlte,wie er selbst auch zugab.Außerdem hat er auch zu den falschen Zeitpunkten die Teams gewechselt,weil er es auch nie verstand,sich politisch in eine günstige Position zu bringen.
Ich kann mich noch gut an den Unfall erinnern,es war ein riskantes Überholmanöver,bei dem sich Jacky gegen Bellof zur Wehr gesetzt hat,aber ich würde es trotzdem als normalen Rennunfall mit tragischem Ausgang sehen.Ickx hatte Glück,das er rückwärts in die Leitplkanken einschlug,es hätte auch ihn erwischen können.

Beitrag Sonntag, 25. August 2002

Beiträge: 466
Hallo Major_Tom,

Ich bin der Meinung, dass die Fahrer, die gewinnen wollen, leider "alle Mittel durchsetzen" oder sehr hart sein muessen, sonst werden sie nie von den anderen Fahrern "respektiert" und das verkleinert ihre Moeglichkeiten zum Erfolg.

Den tragischen Unfall 1985 in Spa sehe ich nur als einen ueberriskanten Ueberholversuch an einer Stelle, wo es "verboten" war. Mit diesem Tempo absichtlich einen Unfall zu bauen schliesse ich aus.

Ueber Monaco 1984 gab es viele Spekulationen, aber auch genug Gruende um das Rennen abzubrechen.
Stroemender Regen; mehr als die halbe Distanz gefahren; 11 von 20 Fahrer waren aus; Prost's Handzeichen auf unfahrbarer Strecke.

Ueber Funk haben sich die Rennleiter Jacky Ickx und Franco Sancristoforo geeinigt und das Rennen abgebrochen.

Wenn sie das Rennen nicht abgebrochen haetten, waere Prost evtl. Weltmeister geworden.

All the best
Bob
[br]----------------[br]Bild

Beitrag Mittwoch, 28. August 2002
Tom Tom

Beiträge: 2713
Hi Major_Tom,

ich möchte mich den Aussagen von Jürgen und Bob anschließen und eine Frage in den Raum stellen:
Wer hat den Unfall (auf Video) gesehen ?
Gruß

Tom

Über die Kurve Eau Rouge, die ihm letztlich zum Verhängnis wurde, sagte Stefan: "Diese Kurve fährst du nur ein oder zweimal im Leben voll."
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Mittwoch, 28. August 2002
Tom Tom

Beiträge: 2713
Hier noch ein paar Zeilen von www.sport1.de
das Gespräch führte Achim Schlang

München - Es war der 1. September 1985, als eines der größten Talente des deutschen Motorsports bei einem tragischen Unfall sein Leben ließ.

Stefan Bellof hatte bereits einen Vorvertrag bei Ferrari in der Tasche, eine große Karriere in der Formel 1 stand ihm bevor.

Dann der Schock: Auf dem berüchtigen Kurs von Spa versuchte Bellof an seinem Konkurrenten Jacky Ickx in der berühmtem Eau Rouge vorbeizuziehen, der drängte ihn ab, beide Fahrer drehten sich und Bellof landete an einem Tribünenpfeiler. Der damals 27-Jährige starb an den Folgen des Unfalls.

Im Interview mit Sport1 spricht nun Jochen Mass - an dem Unglückstag als Pilot ebenfalls auf der Rennstrecke - über den Menschen Bellof, seine Erinnerungen an eben den 1. September 1985, Bellofs Qualitäten und dessen entscheidenden Fehler, der letztlich zum Tod führte.

Sport1: Welche Erinnerungen haben Sie an ihren ehemaligen Kollegen Stefan Bellof?

Jochen Mass: An den 1. September 1985 erinnere ich mich noch sehr genau. Wir waren damals noch in den Boxen im Bereich der Anfahrt zur Eau Rouge. Jacky (Ickx, Anm. d. Red.) fuhr gerade unser Auto, und ich sah, wie Stefan versuchte, Jacky zu überholen. Die Rennwagen berührten sich. Aber es sah recht harmlos aus. Jacky kreiselte ab, und Bellof kurvte in einem merkwürdigen Bogen nach links ab. Er prallte gegen die Wand und wurde anschließend etwas zurückgeworfen. Das alles wirkte nicht dramatisch. Ich dachte noch: Hoffentlich hat er sich nichts gebrochen. Dann dauerte es ewig, bis Streckenposten kamen. Links unter dem Wagen loderten kurz Flammen auf, erstickten aber schnell wieder. Ich schnappte mir ein Motorrädchen und fuhr zur Unfallstelle. Inzwischen arbeiteten bereits Streckenposten am Auto. Ja, und dann sah ich Stefan im Auto sitzen und dachte mir: Das sieht nicht gut aus. Die Alu-Chassis gaben ja nicht viel Schutz - es war furchtbar.

Sport1: Welche Qualitäten zeichneten ihn besonders aus?

Mass: Der Junge hatte viel Talent. Er wäre sicherlich in jeder Beziehung ein sehr guter Rennfahrer geworden - in der Formel 1, wo auch immer.

Sport1: Ist er mit einem der aktuellen F1-Piloten vergleichbar?

Mass: Solche Vergleiche hinken immer. Wenn jemand schnell fährt, dann fährt er schnell. Vergleichen lassen sich Fahrer nur mit ihren jeweiligen Zeitgenossen. Was seinen Fahrstil betrifft: Er fuhr sehr hart. Und er war immer etwas auf der leichtsinnigen Seite. Er ließ sich auf Manöver ein, die waren jenseits von Gut und Böse. Das hat ihn letztlich auch das Leben gekostet. Beim Training für das letzte 1000-km-Rennen auf der Nordschleife des Nürburgrings hob mein Auto am Pflanzgarten kurz ab. Es stieg vorn auf und klappte dann wieder runter - ganz harmlos alles. Ich sagte ihm, dass Abtrieb verloren geht, wenn der Unterboden abgewetzt ist. Entsprechend würde das Auto fliegen, wenn man die Stelle voll fährt. Er hat mich nur angeschaut und gelächelt. Wahrscheinlich dachte er: Der alte Sack, was erzählt er denn jetzt? Das war seine Einstellung. Er ließ sich nichts sagen. Entsprechend flog er dann wenig später selbst ab. Er war ein Haudegen, der vor nichts Angst hatte. Leider ließ er deshalb die notwendige Vorsicht vermissen.

Sport1: Gerhard Berger bezeichnet Bellof rückblickend immer als extremen Spätbremser.

Mass: Spät bremsen? So lange du es noch schaffst, ist es jedenfalls nicht zu spät. Wir bremsten alle spät. Das allein zeichnet noch keinen guten Rennfahrer aus. Stefan hatte schon mehr als das.

Sport1: Sie kennen die Piste von Spa aus der Cockpit-Perspektive und nahmen auch am 1000-km-Rennen am 1. September 1985 teil. Haben Sie eine Theorie, was die Unfallursache betrifft?

Mass: Er hat auf jeden Fall zuviel riskiert. Wenn du dort überholst, dann musst du unterstellen, dein Gegner sei ein netter Mensch. Und das traf auf Jacky Ickx sicherlich nicht zu. Stefan war leichtsinnig und blauäugig - er ging davon aus, Jacky würde das durchgehen lassen. Hinterher ist man immer schlauer. Wenn jemand immer so fährt, dann beißt es irgendwann zu.
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Mittwoch, 28. August 2002
Tom Tom

Beiträge: 2713
Unfallhergang, ebenfalls von www.sport1.de :


Gewagtes Manöver führt zum Tod

München - Spa-Francorchamps, 1. September 1985. Auf dem Programm steht das klassische 1000-km-Rennen, der siebte Lauf der Saison zur Endurance-WM. Die Fans freuen sich auf einen Dreikampf zwischen Lancia, Porsche und Jaguar. Um 12.37 Uhr wird gestartet.

Zunächst übernimmt Riccardo Patrese, der sich seinen Lancia mit Alessandro Nannini teilt, die Führung vor den beiden Werks-Porsche 962C von Derek Bell/Hans Stuck und Jochen Mass/Jacky Ickx. Aber das Rennen ist noch lang.

Nach 50 Runden zeichnet sich ab, dass nur noch fünf Teams für den Sieg in Frage kommen: Der Brun-Porsche 956, an dessen Steuer sich Thierry Boutsen und Stefan Bellof abwechseln, die Werksporsche von Bell/Stuck und Mass/Ickx, der inzwischen durch Patrese verstärkte Lancia des Duos Bob Wollek/Mauro Baldi und der von Klaus Ludwig und Paolo Barilla gefahrene Joest-Porsche 956.

Um 15.25 Uhr beginnt sich die Lage zuzuspitzen: Jacky Ickx, der 40-jährige Belgier, und der 27-jährige amtierende Langstrecken-Champion Stefan Bellof kämpfen um die Führung.

Eigentlich ist es ein ungleicher Kampf. Ickx, der sich aufgrund seiner Routine in Spa als "Hausherr" fühlen muss, fährt das Werks-Auto jüngster Bauart.

Die Fahrzeuge kurz vor dem Aufprall in die Leitplanke - Bellof hat sich bereits einmal komplett gedreht Bellof hingegen pilotiert den alten Typ 956 des Teams Brun. Fünf Runden lang liegt das Duo im Infight. Jürgen Lässig, der von den beiden Führenden überrundet wird, erinnert sich später, dass ihm der Gedanke - "hoffentlich geht das gut" - durch den Kopf schoss.

Dann greift Bellof an. Augenzeuge Peter Reinisch, Manager des Teams Brun, wird später aussagen: "Stefan scherte (bei der Anfahrt zur Kurve Eau Rouge) erst in Höhe des neuen Start/Ziel-Gebäudes aus. Dann berührten sich die beiden Autos."

Die zwei Rennwagen drehen sich. Der Bolide von Ickx schlägt mit dem Heck gegen die Leitplanken, der von Bellof knallt frontal gegen die Planke, die unmittelbar vor dem Betonfundament einer Tribüne steht.

Reinisch: "Als ich sah, dass er nicht rauskletterte, war mir sofort klar, wie schlimm es aussah." Tatsächlich wird Bellof, so die Ärzte, beim Aufprall getötet. Ickx kommt mit Prellungen davon.

43 Minuten lang wird das Rennen neutralisiert. Als Dreiviertel der Renndistanz zurückgelegt sind, gibt die Rennleitung den Tod von Stefan Bellof bekannt.

Sofort ziehen Porsche, Jaguar und Lancia ihre Werks-Autos zurück. Jetzt reagieren auch die Funktionäre: Um 17.20 Uhr, nach 122 von 145 Runden, wird das Rennen abgewinkt.

Das Wrack des Boliden von Stefan Bellof, nachdem er frontal gegen eine Leitplanke geknallt ist Drei Wochen ist es zu diesem Zeitpunkt her, dass Manfred Winkelhock am Steuer eines Porsche-Sportwagens im kanadischen Mosport sein Leben verlor.

Die erneute Tragödie ist für den Moderator einer abendlichen TV-Sportsendung der ARD Grund genug für ein Späßchen am Rande. Der Mann mit dem Gemüt eines Fleischerhundes begrüßt die Zuschauer mit einem "Rätsel".

Was, fragt er, haben deutsche Rennfahrer und Kartoffeln gemeinsam? Die Antwort bleibt er nicht schuldig. Der beste Teil, verrät er grinsend, sei stets unter der Erde - heute sei Stefan Bellof tödlich verunglückt.

Quelle: Achim Schlang für Sport 1
Herzliche Grüße

Tom

Beitrag Mittwoch, 28. August 2002

Beiträge: 440
Ich will einmal die Quelle zitieren, auf die ich meinen Beitrag eigentlich stütze ( hab ich von www.izdebski.de ):


...

In Spa kam es dann zur Katastrophe. Bellof und Boutsen fuhren einen 956 für das Brun-Team. Sie allein waren in der Lage die Werks-Porsche von Mass/Ickx und Stuck/Bell zu schlagen.

(BTW: Stuck kam für Bellof in’s Team. Seine Karriere war fast schon beendet. Bellof’s Weggang vom Porsche - Werk rettete seine Karriere.)

Die entscheidende Szene: Boxenstopp der beiden schnellsten Wagen. Ickx kommt ca. 5 Sekunden vor Bellof aus der Box. Innerhalb kürzester Zeit hatte der schnellere Bellof den Rückstand jedoch wettgemacht und lief auf Ickx auf. (Ich war zu der Zeit im Turm des Rennleiters und erlebte die letzten drei Runden - und den Unfall - live mit.) Ickx blockte Bellof mit allen (!) Mitteln ab. In der besagten Runde machte Ickx dann auf dem Weg von der La Source zur Eau Rouge einen Schlenker nach rechts. Eine klare Aufforderung zum Überholen! Bellof war bereits vollständig (!) neben Ickx - und, bezogen auf die Eau Rouge, innen ! - als dieser Bellof schnitt und nach links in die Eau Rouge zog. (Durch die Inboard - Kamera des Ickx-Porsche sind mehrer Streckenposten zu erkennen die “wie wild” blaue Flaggen schwenken. Ickx - und das ist deutlich zu erkennen - hält es nicht mal für nötig in den Rückspiegel zu sehen!)

Bellof versuchte noch eine Vollbremsung, aber er konnte den Kontakt mit dem Werks-Porsche nicht mehr ver- hindern. (Hätte er seine Linie durchgezogen hätte es wohl Ickx erwischt, so “stupste” er Ickx in den rettenden 180 - Grad Dreher.) Während Ickx Glück hatte und im günstigen Winkel (rückwärts) in die Planke schlug, fuhr Bellof, nach einem 360 Grad - Dreher, frontal in die Planken. Etwa 30 cm hinter den Planken befand sich der Betonsockel einer Tribüne. Stefan hatte keine Chance...

Jochen Mass sah den Unfall und rannte durch die komplette Boxengasse zur Unfallstelle. (Zur Verdeutlichung: Er rannte um sein Leben!) Während der Unfallverursacher Ickx die Unfallstelle nach einiger Zeit - über Nacken - schmerzen klagend - verließ, kämpfte Mass um das Leben von Stefan. Mass nahm den inkompetent wirkenden Streckenposten das Werkzeug aus der Hand und arbeitete selbst an der Befreiung von Stefan. Erst als Stefan im Krankenwagen lag war seine Arbeit beendet.

(Ich hatte schon vorher großen Respekt vor der menschlichen Seite von Jochen. Mass (er hielt z. B. 1981, als Müller auf dem Ring verbrannte, zuerst an und verschenkte so den klaren Sieg, während ein Stuck auf dem Seitenstreifen am Feuer vorbeifuhr und so das Rennen gewann), aber nach dieser Aktion von Mass wird er als einer der fairsten und menschlichsten Fahrer in meiner Erinnerung bleiben.)

Nach dem Unfall kamen von Ickx und Stuck einige dumme Sprüche: Ickx meinte z. B.: “Stefan hätte 50 Meter weiter problemlos überholen können da mein Sprit knapp wurde”. Seltsam, da

1. Bellof und Ickx die selbe Rundenzahl nach dem Stop hatten und

2. Ickx Bellof vorher mit allen Mitteln abblockte und

3. Ickx demonstrativ einen Schlenker nach rechts machte.

Stuck meinte: “An dieser Stelle überholt man einfach nicht, das muß ich um des Sports Willen sagen”. Gerade deswegen hätte er besser geschwiegen. Stuck selbst überholte an dieser Stelle einige C2 - und er hatte den Unfall gar nicht gesehen.

Die Fachzeitschrift Auto-Zeitung ermittelte, daß der englische Amateurfilmer John Nichols den Unfall im gesamten Ablauf festgehalten hatte. Der Film lag (liegt ?) bei Porsche unter Verschluß. Porsche - Rennleiter Peter Falk erteilte der AZ die Erlaubnis den Film, der, Zitat AZ, “Bellof von der Schuld am Unfall freispricht”, zu sehen. SA: “Das Video - Dokument zeigt einwandfrei, daß Bellof eingangs der Zielgeraden schräg versetzt unmittelbar hinter dem Porsche von Ickx lag. Etwa dort, wo die Fahrer in den fünften Gang schalten, zog Ickx entgegen seiner Fahrweise in den vorherigen Runden abrupt nach rechts - ein Manöver, daß praktisch eine Einladung zum Überholen darstellt. Kurz darauf war Bellof bereits gleichauf mit Ickx und für den anschließenden Linksknick auf der Innenbahn”.

Dazu der langjährige Braunschweiger Motorsport-Journalist Eckhard Schimpf: “Hätte Bellof in dieser Situation nicht versucht zu überholen - er wäre sein Geld nicht wert gewesen. [...] Ickx hat Bellof in eine Falle gelockt. Er wollte ihn lächerlich machen, ihm zeigen wer der Herr im Haus ist.”

AZ: ”Hausherr ist Ickx tatsächlich in Spa, nicht nur im übertragenen Sinn: Er fungiert nebenbei auch als Direktor der Rennstrecke von Spa - und so ist vielleicht auch verständlich, warum die Untersuchung des Unfalls durch den lokalen Staatsanwalt schon beendet war, als sie kaum begonnen hatten. [...] Nicht einmal die Motorsport- Gerichts- barkeit, ansonsten stets hyperaktiv, nahm sich des Un-Falls an. Wer sich in einem Markenpokal-Rennen mit uner- laubten Manipulationen technische Vorteile verschafft, wird leicht für ein Jahr gesperrt. Wer aber bei einem WM- Lauf Flaggensignale mißachtet und damit fatale Folgen in Kauf nimmt, kommt nicht einmal vor den Kadi.”


[br]----------------[br]"To finish first, you have to finish first."
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"7 Seidla Bier sind so viel wie a Brotzeit ..." :drink:

Beitrag Donnerstag, 29. August 2002

Beiträge: 3551
Ein paar Bilder hierzu:

Bild

Bild

Bild

Gruß Steffen
Gruß Steffen

Beitrag Donnerstag, 29. August 2002

Beiträge: 814
Was auch immer einzelne Journalisten seinerzeit geschrieben haben,es war ein normaler Rennunfall in einer der gefährlichsten Kurven der Rennsportwelt mit tragischem Ausgang.Ickx war niemals der Typ,der einen Unfall in an solch einer Stelle provoziert hätte,wobei er sich selbst in Lebensgefahr gebracht hat.Selbst wenn man ihm die Hauptschuld an diesem Unfall nachweisen könnte,ist es nicht typisch für ihn.Da lasse ich mich nicht von abbringen.

Beitrag Samstag, 31. August 2002
Tom Tom

Beiträge: 2713
Ich habe mir heute den Unfall mehrmals auf Video (mit englischem Originalkommentar) angesehen. Man sieht die Inboard - Kamera von Ickx, der einen Streckenposten (steht rechts in der Kurve und ist der einzige, der sichtbar ist !!!) wahrnimmt, etwas nach rechts fährt (kein Schlenker, aber vielleicht eine kleine Aufforderung zum Überholen) und links in die Kurve zieht - peng - und jetzt erst ist Bellof erstmals zu sehen, wie er sich wegdreht....

Das Überholmanöver war sicherlich sehr riskant. Aber wer hätte den Unfall verhindern können ?

Bellof sicherlich nicht mehr, aber auch Ickx mußte wohl nach links in die Kurve (Linksknick) ziehen, sonst wär er vermutlich alleine abgeflogen.

Bleibt als Ergebnis ein tragischer Rennunfall, aber mit "faden Beigeschmack". Gab es eine Einladung zum Überholen ?

Wäre gegen die Logik, aber diese Frage kann wohl nur Jacky mit Sicherheit beantworten.....
Herzliche Grüße

Tom


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