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Kritik an der F1: Wird zu viel gemeckert?

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Beitrag Donnerstag, 09. Juli 2015

Beiträge: 45454
Erst haben F1-Zampano Bernie Ecclestone und Aushängeschild Sebastian Vettel die Formel-1 selbst schlechtgeredet, jetzt hört man aus F1-Kreisen, dass die Fans zu viel meckern. Ist da was dran oder ist die Kritik gerechtfertigt?

Die Formel-1 hat kein Problem. Es hat viele Probleme. Nur die Strategiegruppe kann sie derzeit lösen, weil sie die strategischen Zukunftsentscheidungen vorgibt. Doch die meisten Probleme werden von ihr gar nicht erkannt. Das Paradebeispiel gab es nach dem Treffen am letzten Mittwoch. Man erklärte, dass man über das Wochenendformat diskutieren will. Es dauerte nicht lange, bis seriöse Journalisten herausgefunden haben, was man plant: Ein Sprintrennen am Samstag. Doch das löst die Probleme nicht im Geringsten, sondern schafft neue. Und vor allem: Bei all den massiven Kritiken, gab es da überhaupt irgendwelche zum aktuellen Wochenendformat? Nein. Man doktert an irgendetwas herum, das funktioniert – und wundert sich dann, wieso man nach zwei oder drei Jahren wieder zurückrudern muss.

Das Beispiel zeigt, dass man die eigentlichen Probleme der Formel-1 nicht erkennt oder erkennen mag. Solange das nicht passiert, ist jede Kritik erlaubt. Selbst nach einem so spannenden Rennen wie zuletzt in Silverstone. Denn wer das Rennen genau analysiert, der weiß auch, wieso es so spannend war: Einen Raketenstart von Williams sollten wir nicht jeden Grand Prix erwarten, es war das erste Mal und es wird das letzte Mal für längere Zeit bleiben. Ein Regenschauer zum Schluss bringt immer Würze rein, aber diese kommt nicht durch den Sport, sondern durch das Wetter zustande. Wenn es als nächstes in Ungarn trocken bleibt, dann fällt dieser Spannungsfaktor wieder weg. Ein spannendes Rennen allein löst die Grundprobleme der Formel-1 nicht.

Erwartungshaltung an WEC eine andere


Der Vorwurf, der vielen Fans gemacht wird: Sie meckern, weil es ihnen von F1-Insidern wie Ecclestone und Vettel vorgemacht wird und die Formel-1 derzeit schlecht vermarktet werden würde. Die Begründung fußt auf den Vergleich mit anderen Rennserien. Während in der Sportwagen-Weltmeisterschaft Hybrid und „Lift and Coast“ gefeiert wird, wird es in der Formel-1 verteufelt. Während in der Formel-1 über zu wenig Überholmanöver geklagt wird, wird die Formel-E bejubelt, obwohl dort quantitativ auch nicht mehr überholt wird. Werden beide Serien also nur besser vermarktet?

Mitnichten. Die Gründe sind stattdessen doch ganz andere: Ein 24-Stundenrennen von Le Mans ist ein Langstreckenrennen, das über 24 Stundenrennen geht und nicht wie ein F1-Sprintrennen über eineinhalb Stunden. Die Erwartungen an diese Rennen sind also ganz andere. In der Formel-1 möchte man Vollgas vom Start bis ins Ziel sehen, dass man bei einem Langstreckenrennen auch mal etwas defensiver fahren muss, leuchtet dagegen ein. Und stört daher auch nicht weiter.

Die Überholmanöver in der Formel-E sind dagegen spektakulärer. Es geht nicht immer um die Quantität, also die Anzahl der Manöver, sondern vor allem um die Qualität. Viele Fans können sich mit den künstlichen Überholhilfen wie DRS nicht identifizieren. In der Formel-E ist noch Ausbremsen und die berühmt berüchtigte Brechstange gefragt. Das gefällt den Zuschauern.

Konstruktive Kritik wichtig

Wer jetzt also die Fans kritisiert, weil sie die Formel-1 kritisieren, der schafft ein neues Problem: Die Fans werden sich noch weniger ernst genommen fühlen. Man darf einem mündigen Fan durchaus zutrauen zu wissen, ob ihm das, was auf der Strecke oder auf dem TV-Bildschirm geboten wird, gefällt oder nicht gefällt. Egal, was Ecclestone, Vettel oder sonst jemand sagt.

Wer jetzt fordert, die Kritik müsse aufhören, der macht auch deswegen einen Fehler, weil die handelnden Personen sich dann in Sicherheit wiegen. Sie würden sich plötzlich nicht mehr genötigt fühlen, wirklich entscheidende und problemlösende Lösungen zu finden. Konstruktive Kritik ist daher auch weiterhin unbedingt nötig.


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Ich habe Deinen Post gelesen, ja leider ist auch in meinen Augen so wie Du schreibst.

Es heisst ja immer, früher war die Formel 1 besser, aber ich würde das nicht unterschreiben. Auch damals herrschte vielfach Langeweile, weil ein Team oft dominierte, das war kein Fehler dieser Teams, es war eben so. Spannung gab es auch durch Ereignisse wie Regen, Defekte oder Unfälle in der letzten Runde.

Schon 1979 prangerte Gilles Villeneuve eine gewisse Langeweile der Formel 1 an. Er wollte sie durch ein Verbot der Wingcars, breitere Reifen sowie kleinere Flügel und grössere Motoren eindämmen. Er stiess damals auch auf taube Ohren. Die Fans wurden dann später in den 80er Jahren durch die Turboära ein wenig ruhig gestellt, aber es war doch unter dem Strich die Dekade von McLaren, zuerst mit den TAG Turbo- und danach mit den Hondamotoren.

Müsste ich jetzt eine Saison nennen, die in meinen Augen nicht langweilig war, dann wäre das die von 1976, wobei ich gleich anfügen möchte, dass ich den Unfall von Niki Lauda ausschliessen möchte, denn auch ohne diese Tragödie war sehr viel los.
Man erinnere sich nur an die Six wheeler von Tyrrell, den Einstieg von Ligier und viele andere private Teams.


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Wow, das mit Villeneuve wusste ich noch nicht und ist sehr interessant! Danke. Ach wie sehr ich die alte Yesterday-Zeit vermisse, wo man jeden Tag noch sowas lernte...

Trotzdem wurde damals das Reglement über Jahre eigentlich kaum geändert...


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