Etwas eigenartig sind die Rallye-Fans schon. Das musste ich zumindest bei meiner ersten Exkursion zur Mosel feststellen. Man kann sich nicht einfach auf einen Tribünenplatz setzen und zwischendurch durch das Fahrerlager schlendern, denn zwischen den einzelnen Wertungsprüfungen liegen zum Teil mehrere Dutzend Kilometer. Für echte Fans ist das kein Hindernis, doch trotzdem gibt es zwei verschiedene Gruppen: die einen bleiben bis zum letzten Fahrzeug an einer WP, schauen sich sogar noch das Rahmenprogramm - in Trier historische Rallye-Boiden - an, während die anderen - nachdem sie ihren Liebling gesehen haben - möglichst schnell zur nächsten Prüfung wollen, um in dort nicht zu verpassen. Auch in Sachen Jubeln und Applaus haben die Rallye-Anhänger einiges auf Lager, genau genommen vier verschiedene Features.

Frenetischer Jubel

Die Rallye Deutschland könnte auch als Europa-Rallye bezeichnet werden. Mehrere Zehntausend Zuschauer pilgerten am Wochenende in die Weinberge, gut die Hälfte kam aus dem Ausland. Neben Franzosen, Belgiern und Niederländern waren auch die Tschechen zahlreich vertreten. Auch ein estnischer Fanclub von Urmo Aava und einige andere Skandinavier verängstigten so manche Weinbergschnecken. Alle waren sie jedoch aus einem Grund gekommen: sie wollten ihre Landsleute unterstützen. Sobald beispielsweise ein Sébastien Loeb um die Ecke geschossen kam, gaben die Franzosen Vollgas. Wenn wenig später Francois Duval folgte, war es kaum weniger leise - wenn nicht sogar noch lauter.

Geforderter Jubel

Zu einer der tollsten Prüfungen der Rallye Deutschland zählt "Dhrontal". Auf dem Weg durch die Weinfelder geht es mehrere Serpentinen hinauf und über einen der zahlreichen kleinen Berge an der Mosel. Besonders bei den Zuschauern ist die Prüfung sehr beliebt, denn im Gegensatz zu vielen anderen Strecken kann man die Fahrzeuge sehr lange beobachten. Dementsprechend viele Zuschauer versammeln sich alljährlich in der Galeria Dhrontal und feuern ihre Stars an - die Atmosphäre erinnert dabei fast an das altbekannte Motodrom des Hockenheimrings, es ist ein echter Hexenkessel. Die Zuschauern werden hier enorm gefordert: ein Streckensprecher hält die Rallye-Gäste auf Trab, fordert jeweils einzelnen Jubel der verschiedenen Nationen. Sieger in diesem Jahr: Frankreich knapp vor Deutschland, Belgien und den Niederlanden. Briten wurden übrigens nicht wahrgenommen...

Szenen-Applaus

Auch die Panzerplatte hat bei den Rallye-Fans einen Kultstatus erreicht. Besonders spektakulär ist der größte Sprung der Rallye Deutschland, bei dem besonders wagemutige Piloten an die 40 Meter erreichen. Krachen ließen es in diesem Jahr vor allem die beiden Ford-Werkspiloten Jari-Matti Latvala und Mikko Hirvonen. Ebenfalls gut dabei war Asphalt-Spezialist Duval. Die richtig weiten Sätze wurden natürlich lautstark bejubelt, bei dieser Stimmung muss sich selbst die Vierschanzentournee hinten anstellen. Der Streckenabschnitt rund um den weiten Sprung trägt übrigens den liebevollen Namen "Gina" - wirklich süß!

Anstands-Applaus

Was Fans bei Rundstreckenrennen können, haben die Rallye-Gurus schon längst drauf. Die Gladiatoren der Rallye Deutschland wurden nach insgesamt 18 Prüfungen und der abschließenden Special Stage "Circus Maximus" mit einem tosenden Applaus empfangen. Vor allem Sébastien Loeb, Dani Sordo und Francois Duval, die die Rallye auf den ersten drei Plätzen beendeten, wurden während und nach der TV-Siegerehrung minutenlang bejubelt und gefeiert. Sichtlich Spaß hatte dabei vor allem der Belgier Duval, schließlich steht er eher selten auf dem Treppchen. Ein eher gewohnter Schritt auf die oberste Stufe war es derweil für Sébastien Loeb, der sich trotzdem gerne von vielen französischen Fans feiern ließ.