Schlussspurt in der diesjährigen Rallye-Weltmeisterschaft: Citroën-Star Sébastien Loeb hat das WM-Debüt der Rallye Irland am Steuer seines C4 WRC mit einem souveränen Vorsprung für sich entschieden. Der Franzose übernahm damit vor dem WM-Finale in Wales die Führung in der Fahrerwertung von Marcus Grönholm, der bereits auf der ersten Etappe nach einem Unfall aufgeben musste. Dennoch hatte Grönholms Arbeitgeber BP Ford allen Grund zum Jubeln: Sie stehen nach dem vierten Rang von Mikko Hirvonen im zweiten Ford Focus RS WRC bereits als neuer und alter Marken-Weltmeister fest.

Einstand nach Maß: Dass es die mal engen, mal rasant schnellen Sträßchen in Irland in sich haben, damit hat die Rallye-Elite für das WM-Debüt dieser Veranstaltung gerechnet. Dass die Bedingungen bei wechselhaftem Regenwetter mit teils griffigem, dann wieder extrem rutschigem und von Schlamm oder Schotter verziertem Asphalt aber so eskalieren könnten, erwischte manchen Teilnehmer dennoch auf dem falschen Fuß. Die Folge: unzählige Verbremser und Ausrutscher sowie eine beeindruckende Ausfallquote, die auch bei den Topstars keine Ausnahme machte.

Als eines der ersten Opfer musste ausgerechnet Titelfavorit und Tabellenführer Marcus Grönholm ins irische Gras beißen: Der zweifache Weltmeister segelte gleich am ersten Tag spektakulär von der Strecke. "Das ist kurz vor dem Ziel der vierten Wertungsprüfung passiert", so der zweifache Weltmeister. "Ich bremste eine schnelle Rechtskurve an, doch da war es extrem rutschig und wir rutschten einfach geradeaus. Ich konnte das Auto noch drehen, bevor wir seitlich in eine Steinmauer hart eingeschlugen." Da bei dem Aufprall nicht nur die beiden linken Räder des Ford Focus RS WRC abgerissen wurden, sondern auch die Sicherheitszelle schweren Schaden davontrug, musste der 39-Jährige endgültig aufgeben - ein schwerer Schlag für seine WM-Ambitionen.

Doch auch anderen wurden die schwierigen Verhältnisse zum Verhängnis - so zum Beispiel den beiden Subaru-Piloten Chris Atkinson und Xevi Pons oder Henning Solberg im Stobart-Ford Focus WRC, die ihre Turbo-Allradler allesamt im tiefen Dickicht entlang der Wege versenkten.

Sébastien Loeb behielt am Freitag die Oberhand - trotz technischem Problem

Deutlich besser machte es das Citroën-Duo Sébastien Loeb und Dani Sordo, die trotz der schwierigen Umstände von der ersten Etappe an dominieren konnten. "Die Prüfungen bestehen mehr aus Schlamm als aus Asphalt", klagte Sordo im Etappenziel, das er 11,2 Sekunden hinter seinem Teamkollegen erreichte. Loeb wurde zu Beginn des Tages von einem defekten Stoßdämpfer zusätzlich eingebremst, managte das Problem aber gewohnt souverän. "So lange die Straße eben war, konnten wir attackieren", so der dreifache Weltmeister. "Wurde es welliger, haben wir es vorsichtiger angehen lassen."

Derweil ließ es Mikko Hirvonen - kaum erstaunlich - deutlich verhaltener angehen: Der 27-Jährige hatte klar den Auftrag, die Ford für den zweiten WM-Titel noch fehlenden drei Punkte einzufahren. Entsprechend vorsichtig agierte er, was ihn aber vor neue Probleme stellte: "Das war der härteste Tag dieser Rallye-Saison!", so das junge Talent aus Jyväskylä, der sogar seinem Markenkollegen Jari-Matti Latvala den Vortritt auf Rang drei ließ. "Weil ich langsamer gefahren bin als gewohnt, fand ich keinen guten Rhythmus und tappte immer wieder in kleinere Fehler. Hinzu kommt, dass meine Reifenwahl nicht perfekt war: Heute Morgen ließ ich nachgeschnittene Trocken-Pneus aufziehen, am Nachmittag nachgeschnittene Intermediates - Rillenslicks wären aber besser gewesen, da die Straßen nur noch feucht waren."

"Where the streets have no grip": Die rutschigen Irland-Pisten blieben gefährlich

An der Marschroute für Hirvonen sollte sich auch am Samstag und Sonntag nichts mehr ändern: Risiken vermeiden, ankommen und Punkte einfahren, so lautete die Devise. Zum Bedauern des Finnen: "Heute stand nicht so viel Wasser auf der Straße wie gestern, und die Prüfungen erinnerten mich von ihrer Charakteristik sehr an jene in Finnland - viele Sprungkuppen und Hügel." An das Tempo der beiden Citroën kamen weder er noch der 22-jährige Latvala heran, der mit Rang drei das bisher beste WM-Ergebnis seiner noch jungen Karriere einfuhr.

"Die Strecken der zweiten Etappe waren etwas weiter geschnitten", analysierte der Sieger Loeb, der vier der sechs WP der zweiten Etappe gewann und sich insgesamt neun von 20 Bestzeiten gutschreiben ließ. "Mit all den Pfützen, dem vielen Schlamm und Wasser, das über die Straße lief, mussten wir dennoch sehr vorsichtig zur Sache gehen. Die Grip-Verhältnisse wechselten ständig. Es ist so einfach, einen Fehler zu begehen - ich versuche, voll konzentriert zu bleiben."

Dies gelang dem Elsäßer besser als noch wenige Wochen zuvor in Japan, wo er von einem frühen Ausfall Grönholms durch einen eigenen Fahrfehler nicht profitieren konnte - ohne jedes unnötige Risiko heimste der 33-Jährige seinen achten Saisonsieg und damit den 36 Erfolg auf WM-Ebene ein. Zugleich konnte der Franzose die Weichen für seinen vierten Fahrertitel stellen: Vor dem Finale in Wales übernahm er mit sechs Punkten Vorsprung auf Marcus Grönholm die Führung in der Tabelle.