Totaler Ferrari-Triumph, verhexte Radaufhängungen bei Porsche, dazwischen ein solides Ford-Debüt und jubelnde Briten bei Aston Martin. So lässt sich kurz und knapp der WEC-Auftakt 2016 in Silverstone in den GTE-Klassen zusammenfassen. Besonders der Auftritt von Ferrari hinterließ einen nachhaltigen Eindruck. Motorsport-Magazin.com blickt auf das 6-Stunden-Rennen von Silverstone aus Sicht der GT-Werke zurück.

Ferrari in Silverstone: Alles abgeräumt

Ferrari ging mit unterschiedlichsten Vorzeichen in das 6-Stunden-Rennen von Silverstone. Zwar dominierten die beiden neuen 488 GTE das Geschehen in der GTE-Pro-Klasse, doch nur die #71 startete von ganz vorne, nach dem die #51 nach dem Qualifying einen Motorwechsel vornehmen musste. Der Defekt kostete Bruni/Calado die Pole-Position, da Bruni keine Zeit setzen konnte. Zudem musste der Ferrari auch noch eine Drei-Minuten-Strafe absitzen. Das Rennen kontrollierten Rigon/Bird auf dem Ferrari #71 von der Spitze aus und fuhren als souveräner Sieger durchs Ziel.

Der Ferrari #51 machte sein Defizit aber schnell wieder wett. Die Safety-Car-Phase, die durch den Plattfuß am Toyota #5 von Davidson/Buemi/Nakajima ausgelöst wurde, half bei der Aufholjagd enorm. Statt mit einer Minute Rückstand hinterher zu fahren, lag man plötzlich in Schlagdistanz zu den Ford GTs. Über die Strategie bezwang man zudem noch den Aston Martin #95, sodass es letztlich ein Doppelsieg für AF Corse in der GTE-Pro-Wertung wurde. Die GTE-Am-Wertung entschied ebenfalls AF Corse mit dem Ferrari 458 Italia für sich. Perrodo/Collard/Aguas komplettierten den totalen Ferrari-Triumph.

Aston Martin in Silverstone: Im Rennen zurückgeschlagen

Nachdem man in den Trainings noch relativ weit weg von der Pace war, schlug Aston Martin im Rennen zurück. Die #95 um Thiim/Turner/Sörensen hielt sich aus allen Scharmützeln heraus und fuhr ein Rennen ganz ohne Probleme. Eine halbe Stunde vor Schluss lag man auf dem zweiten Platz in der GTE-Pro-Klasse, doch in der letzten Stopp-Runde musste man noch dem Ferrari #51 den Vortritt lassen. Aber auch Platz drei ist für die Crew um den Aston Martin #95 Grund genug zur Freude. "Das Auto hat sich gut angefühllt und auch das Wetter hat uns im Vergleich zu gestern geholfen. Wir haben gezeigt, wozu wir in der Lage sind", so ein ausgelassener Marco Sörensen.

Nicht ganz so gut lief es für das Schwesterauto mit der #97. Schon in der ersten Stunde wurden Stanaway/Rees/Adam mit einer Stop-Go-Penalty bedacht, weil sie die Track Limits zu oft missachtet hatten. Trotzdem hielt man noch gut mit, am Ende der fünften Stunde lag die #97 auf dem vierten Platz in der GTE-Pro-Klasse. Eine halbe Stunde vor Schluss musste Richie Stanaway das Auto mit einem technischen Defekt abstellen. In der GTE-Am-Wertung holten Dalla Lana/Lamy/Lauda auf dem Aston Martin #98 den zweiten Platz. "Ich bin sehr zufrieden mit dem Endresultat. Das Qualifying war schwer, aber ich wusste, dass Pedro, Paul und ich als Team sehr stark sind", war Lauda überzeugt.

Ford in Silverstone: Vielversprechendes Debüt

Ford hat beim WEC-Debüt mit dem brandneuen und spektakulären GT Blut geleckt. Das neu zusammengewürfelte Team meisterte den Auftakt in seine erste WEC-Saison brillant und brachte beide Autos auf den Plätzen vier und fünf in der GTE-Pro-Klasse nach Hause. Der GT #67 sah dabei eine Sekunde vor dem Schwesterauto #66 die Zielflagge. Bei den Verantwortlichen war man glücklich über das reibungslose WEC-Debüt: "Dafür, dass Silverstone unser erstes Rennen mit einem neuen Auto und einem neuen Team war, verlief der WEC-Auftakt ziemlich reibungslos", freute sich Raj Nair, Executive Vice President und Chief Technical Officer, Global Ford Product Development. "Wir sind sehr glücklich, dass der Ford GT mechanisch so gut funktionierte."

Platzierungen standen daher nicht im Vordergrund bei den US-Boys. Vielmehr legte man das Augenmerk auf einen stetigen Lernprozess. Team, Auto, aber auch einige Fahrer aus dem Ford-Aufgebot feierten ihre WM-Premiere in Silverstone. Harry Tincknell, der im letzten Jahr noch in LMP1-Diensten für Nissan unterwegs war, fuhr zum ersten Mal ein GT-Auto im Rennbetrieb: "Silverstone war mein erster WM-Lauf in einem GT-Fahrzeug. Ich musste also schnellstens lernen, wie ich mit den heranfliegenden Prototypen umzugehen habe. Wir alle haben an diesem Rennwochenende eine Menge gelernt und das war auch unser wichtigstes Ziel", resümiert der Brite zufrieden.

Porsche in Silverstone: Aufhängungsbrüche in Serie

Die Porsches verloren durch kollabierte Radaufhängungen viel Zeit an der Box, Foto: Porsche
Die Porsches verloren durch kollabierte Radaufhängungen viel Zeit an der Box, Foto: Porsche

Der Saisonauftakt hielt für Porsche Rückschläge in Serie bereit. Nachdem in der GTE-Pro-Wertung die #77 von Lietz/Christensen seine zweite Startposition behaupten konnte, ereilte die Weltmeister-Paarung des Vorjahres ein Aufhängungsbruch vorne rechts. Der einzige 911er in der GTE-Pro-Klasse fiel deshalb aussichtslos zurück. Richard Lietz zeigte sich nach dem Rennen bitter enttäuscht: "Wir waren Zweiter, als wir an die Box mussten und zurückgeworfen wurden. Die Chance auf einen Podiumsplatz, die wir vorher auf jeden Fall hatten, war dadurch natürlich weg." Doch es sollte nicht der einzige Aufhängungsschaden bei Porsche bleiben.

Eine halbe Stunde vor Rennende kollabierten nämlich auch bei den zwei noch verbliebenen GTE-Am-Porsches die vordere rechte Aufhängung. Die #78 und die #88 lagen bis dahin auf Podiumskurs in dieser Klasse. "Wenn man so kurz vor dem Ziel noch auf Podiumskurs liegt und am Ende nur Vierter wird, ist das zunächst einmal enttäuschend. Wir hätten uns alle einen erfolgreicheren Saisonauftakt gewünscht", gab ein zerknirschter Wolf Henzler zu. Der dritte GTE-Am-Porsche, die #86 von Gulf Racing, war in den Unfall mit dem LMP1-Porsche #1 verwickelt und musste daher das Rennen schon nach gut zwei Stunden im Kiesbett beenden.