Aprilia in der Superbike ist ein Märchen, das eigentlich vorzeitig wahr wurde. Jetzt gilt es aber, sich zu beweisen...
Gigi Dall'Igna: Wir hatten eigentlich erwartet, unsere maximale Leistung im dritten Jahr nach unserem Debüt 2009 zu erreichen. Voriges Jahr gab das Team alles, um Max zu unterstützen, einen Champion, von dem man erwarten konnte, dass er diesen Zündfunken bringt, so wie es dann auch passierte. Aber schon am Tag nach der Weltmeisterfeier waren wir voll bei der Arbeit, um uns auf die Saison 2011 vorzubereiten, da wir das klare Ziel haben, unsere Spitzenposition zu behaupten.

Die RSV4 ist auch für jene, die an ihr gearbeitet haben, überraschend schnell gewachsen. Du hast das Projekt persönlich verfolgt: hättest du so ein schnelles Wachstum erwartet?
Gigi Dall'Igna: Unsere Maschine wurde unter einem Glücksstern geboren. Das Teamwork zwischen der Renn-Abteilung, der Design-Abteilung und der Produktion hat ein besonders schönes Projekt entstehen lassen. Wir sind stolz darauf, die technischen Fähigkeiten von Aprilia in einem Wettbewerb gezeigt zu haben, der dem Werks-Produkt am nächsten ist. Ich bin mit Vorhersagen immer vorsichtig, aber ich habe maximales Vertrauen in die Arbeit des Teams und von Aprilia Racing. Die Ergebnisse des vorigen Jahres, so überraschend sie auch waren, passen zu dem großartigen Engagement, mit dem gearbeitet wurde.

Werks-Derivate, also Rennmaschinen, die nahe am Straßenprodukt dran sind. Zwingt einen das zu Kompromissen?
Gigi Dall'Igna: Die Strecke ist der beste Prüfstand für eine Supersport-Maschine. Die Belastungen in einer so hart umkämpften Weltmeisterschaft unterziehen jeden Aspekt der Maschine einem Test. Statt Kompromiss würde ich eher Optimierung sagen, denn um in der Superbike zu gewinnen, braucht man einen zuverlässigen und schnellen Ausgangswert, an dem man innerhalb der Limitierungen des Reglements arbeiten kann.

Max Biaggi war der Aprilia-Heilsbringer, Foto: Aprilia
Max Biaggi war der Aprilia-Heilsbringer, Foto: Aprilia

Die Aprilia RSV4 - in diesem Fall spreche ich über die Straßenmaschine - ist ein außergewöhnliches Motorrad, das sich am Markt in der Meinung der Fachpresse und bei Vergleichstests sofort als führendes Modell erwiesen hat. Ohne falsche Bescheidenheit kann man sie als das innovativste Angebot in ihrem Segment bezeichnen. Dass sie in der SBK zum Sieg fuhr, garantierte hauptsächlich einen technischen Übertrag, der den Wert unseres Straßenprodukts verbessert und anhebt. Das ist ein fundamentaler Prozess für eine Gruppe, die am Weltmarkt mitmischt.

An welchen Aspekten habt ihr mit Blick auf die Saison 2011 besonders gearbeitet?
Gigi Dall'Igna: Wir haben nicht wirklich etwas geändert. Das wäre kontraproduktiv gewesen, wenn man unsere Stärke des Vorjahres bedenkt. Unsere Überarbeitung der RSV4 konzentrierte sich auf die kritischsten Aspekte, die sich 2010 gezeigt haben. Es war kein Zufall, dass wir auf einer Strecke wie Phillip Island fahren wollten, die voriges Jahr für unser Motorrad schwierig war. 2010 fuhren wir die Wintertests in Misano und konnten danach auf einer Strecke, die wichtig für uns war, die Früchte ernten. Das bestätigt, dass unsere Entwicklungs-Philosophie Ergebnisse liefert.

Die neuen Regeln zwingen Aprilia dazu, die zahnradgeriebene Nockenwelle aufzugeben, die voriges Jahr für viele Diskussionen sorgte, aber tolle Ergebnisse brachte.
Gigi Dall'Igna: Und wir haben uns natürlich an die neue Regel angepasst. Aber ich möchte dich daran erinnern, dass Biaggi und die RSV4 auch dominierten, als wir die ursprüngliche Konfiguration mit dem Ketten-Antrieb hatten. Der Doppelsieg in Portimao und Monza - eine Strecke, wo der Motor besonders wichtig ist - und auch der letzte Sieg in Magny Cours wurden ohne die oft beanstandete zahnradgetriebene Nockenwelle. Es sieht mir so aus, als ob diese Regeländerung uns keine Angst machen muss.

Ihr habt beide Fahrer behalten. Gilt hier ebenfalls, dass man ein Siegerteam nicht ändern soll?
Gigi Dall'Igna: Max hat sich unser Vertrauen in der Praxis verdient, er entwickelte ein Projekt, das komplett neu war und führte es zu einem unglaublichen Sieg. Seine Verdienste am Wachstum der RSV4 sind für jeden offensichtlich; seine großartige Erfahrung und sein außerordentlicher Professionalismus erlauben es dem Team, mit zuverlässigen Referenzpunkten am Maximum zu agieren. Leon ist jung, hat aber Biss und Entschlossenheit gezeigt. Vergiss nicht, dass 2010 sein erstes Jahr in der Weltmeisterschaft war. Dieses Saison wird er uns sicher seinen Wert beweisen.