Das WCM-Team setzte in den Jahren 2004 und 2005 in der MotoGP einen Motor ein, dessen Basis das Yamaha R1-Aggregat bildete. Immer wieder wurde geschrien, dass dieser Motor ja kein Prototyp war, sondern eben ein vergewaltigter R1-Motor. Doch Teamchef Peter Clifford dementiert nach wie vor, dass das der Fall gewesen sei. Gerade jetzt im Zuge der kommenden 1000ccm-Regel ab 2012 rückt der Brite mit seinem Engagement von damals wieder ins Rampenlicht. "Unser Motorrad, auch, als es die FIM verbot, da war fast nichts mehr vom originalen Motor vorhanden", erinnert er sich bei MotoMatters.com an das Aggregat. "Wir hatten alles neu gebaut. Für Harris Performance Products war das ganz einfach: Um ein Rolling-Chassis bauen zu können, mussten sie das um einen Klumpen bauen, den sie kannten. Sie konnten nicht auf uns warten, bis wir einen Prototypen-Motor fertig hatten, ehe sie mit dem Chassis begannen. Denn dann hätten wir es bis zum Start der Saison niemals geschafft. Wir mussten abkürzen und schlugen daher besagten Weg ein. Aber vom Original-Motor war nichts mehr übrig, da war fast kein Teil aus der R1 mehr drin."

Zum ersten Renneinsatz sei übrigens kaum mehr etwas aus dem Original vorhanden gewesen. "Als wir ursprünglich nach Japan gingen, nutzen wir das originale Gehäuse, aber die Innereien wurden alle verändert. Alle Ventile, alle Federn, all die Pleuel, die gesamten Getriebe-Innereien, Kurbelwelle, Kolben, denn wir hatten ein anderes Bohrung x Hub-Verhältnis. Unseres lag bei 76 x 54,5 - an das Originale [74 x 58 mm] erinner ich mich nicht. Aber unseres war in jedem Falle anders. Neue Elektronik und alles."

Doch Clifford ist sich bewusst, dass man die Lücke nach vorn nur hätte mit einem immensen finanziellen Aufwand hätte schließen können. Dafür bringt er eine ziemlich einfach Rechnung an. "Wir erreichten ein gewisses Leistungslevel, aber das war auch schon das Maximum, was wir aus diesem Aufwand herausholen konnten. Wir waren drei bis vier Sekunden von der Pace entfernt, aber wenn wir weitere Millionen von Euros hineingeworfen hätten, wären es nur noch zwei oder drei Sekunden gewesen. Um diese drei Sekunden auf eine oder zwei Sekunden runter zu kürzen, hätten wir weitere fünf Millionen Euro in die Hand nehmen müssen. Die letzte Sekunde ist dann die teuerste, denn um diese Sekunde zu bekommen, musst du grundsätzlich dasselbe wie die Werke tun, also musst du zehn Millionen Euro ausgeben."

Ein Team im Grand Prix-Sport zu betreiben mache unterdes keinen Sinn mehr für Clifford. Man habe kostentechnisch einfach jeden Sinn für Realitäten verloren, was das Kommerzielle angeht. "Die Werke sind nicht aus kommerziellen Gründen da, es ist eine Rivalität der Vorstandsetagen. Es gibt keine kommerzielle Realität was die Kosten und die Einnahmen angeht, die man als Privatteam aus Sponsoring und ähnlichem ziehen kann. Das bleibt auch bei dem neuen Modell so." Bei Harris habe man immerhin drei Jahre ohne, auch nur ansatzweise, Sponsoring überstanden und auch nach der Regeländerung 2012 werde sich daran nichts ändern. "Es sind ja nicht nur wir, die da Probleme haben, auch all die anderen Teams leiden, all die Mittelfeld-Werksteams leiden. Suzuki wird nicht realistisch gesponsert, noch wird es jemand anderes. Der Fakt, dass es mehr Maschinen geben wird, macht es nicht praktischer Rennen zu fahren, solange du nicht sehr sehr reich bist."

Nur Hobby für die Werke

Einen direkten Nutzen aus den MotoGP-Einsätzen für die Werke sieht Clifford nicht. "Ich denke sogar, dass es auch für die Werke einfach nur ein Hobby des Vorstandes ist. Ich glaube das wirklich. Die sehen das nicht unter dem Moto 'Wir geben 50 Millionen für die MotoGP aus und wir bekommen 50 Millionen aus verbesserten Verkäufen', ich denke nicht, dass sie daran überhaupt denken."

"Marketingtechnisch kann man Zahlen immer so lesen, wie man sie lesen will, oder?", warf Clifford die Frage auf - ganz getreu dem Motto: Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. "Ein Werk kann sagen: 'Es ist gut für den Namen unserer Firma'. Und wenn du eine so ungeheuer gute Saison hast, wie sie Yamaha hatte, dann ist das für das grundsätzliche Image der Marke Yamaha natürlich großartig. Sie können also vielleicht sagen, dass es gut für ihr Image ist und Yamaha hat seinen Ruf seit den 1960ern auf den Rennsport gebaut, so ziemlich." Immerhin konnten Yamaha-Piloten dieses Jahr die MotoGP-, Superbike- und Supersport WM gewinnen und man war in den wichtigsten nationalen Meisterschaften ebenso erfolgreich. Die Titel in Deutschland, Großbritannien und Frankreich gingen an Yamaha-Piloten, auch die Langstrecken-Weltmeisterschaft sah die neue R1 als Sieger.

Doch trotz des ganzen Erfolges sieht Clifford nicht, dass das Werk mit den drei Stimmgabeln daraus Kapital schlagen könnte. "Natürlich haben sie interessanterweise sehr viel davon mit den TZs, den 250ern, 350ern und 750ern erreicht", fuhr er in Punkto Ruf auf Rennsport aufbauen fort. "Und ich bin mit auch sicher, dass das kommerziellen Sinn für sie gemacht hat, denn sie verkauften sie und jeder andere fuhr für sie. Ich würde wetten, dass sie gern in diese Ära zurück wöllten. Aber du kannst das mit einem Viertakter einfach nicht machen. Die sind im Einsatz einfach zu teuer, die einzig billigen Dinge wären Zweitakter."