Gerüchte-Suppe oder Gerüchte-Pasta: Egal, es brodelt jedenfalls heftig., Foto: RenaultF1
Gerüchte-Suppe oder Gerüchte-Pasta: Egal, es brodelt jedenfalls heftig., Foto: RenaultF1

Es vergeht doch kein Tag, an dem nicht über Jorge Lorenzo irgendwelche neuen Gerüchte auftauchen oder spekuliert wird. Irgendwas macht der Spanier in Sachen Selbstinszenierung richtig. Oder aber ist es vielleicht schon zu einem Selbstläufer geworden? Das Motorradfahren an sich hat er bei den letzten beiden Rennen zumindest nicht richtig gemacht. Und dennoch steht der Mann von der Insel Mallorca hoch im Kurs.

Noch einmal kurz zur Erinnerung: Lorenzo ist die heißeste Aktie auf dem diesjährigen Transfermarkt, hält seit einigen Wochen und Monaten alles auf und spielt die Hersteller gegeneinander aus. Der Hintergrund dessen ist, sein Gehalt in die Höhe zu treiben und absolut das beste Material zu erhalten. Mit einem "Nummer-Zwei-Status" will er sich nicht zufrieden geben.

Hat Poker-Spieler Lorenzo noch einen MotoGP-Flush in der Hand?, Foto: Milagro
Hat Poker-Spieler Lorenzo noch einen MotoGP-Flush in der Hand?, Foto: Milagro

Einige verloren scheinbar die Lust, auf Lorenzos Entscheidung zu warten und so bleibt das Repsol Werksteam mit Dani Pedrosa und Andrea Dovizioso bestehen, Alvaro Bautista geht zu Suzuki, Hector Barbera bekommt die Aspar-Ducati und die Gresini-Mannschaft ist mit Marco Melandri und Marco Simoncelli ebenfalls schon voll besetzt. Im Honda-Poker "foldete" Lorenzo also sein Blatt. Denn ein weiteres Bike wird es seitens der HRC definitiv nicht geben. Zur Honda-Geschichte kursieren zwei Gerüchte: Zum einen geht man von der Annahme aus, dass das größte der japanischen Werke die Gehaltsforderungen Lorenzos als überzogen empfand und die Verhandlungen daher abbrach, zum anderen sagt man, dass die Marke ihr Gesicht wahren wollte. Tetsuo Suzuki, der Chef der HRC, hatte in Brünn verkündet, dass man mit Lorenzo nicht übereinkommen wird. Vermutet wird, dass der vorher schon abgesagt hatte.

Die "Ducati-Sache"

Doch Honda brauchte Lorenzo eh nicht mehr. Denn seit Brünn sind alle Augen auf seine "Aktivitäten in Rot" gerichtet. Casey Stoner fehlte wegen seiner anhaltenden Krankheit und dennoch reiste Francesco Calco, der Chef des Philip Morris-Tabakkonzerns zum Grand Prix der Tschechischen Republik. Am Abend wurden einige Meetings in der Hospitality der italienischen Traditionsmarke beobachtet. Wie MotoGPmatters berichtet, soll es dabei um eine gemeinsame Zukunft von Ducati und Jorge Lorenzo gegangen sein. Der Spanier soll angeblich die schwierige Desmosedici entwickeln und salonfähig machen und das neue Gesicht der Marke werden. Es wird von vier bis 15 Millionen Euro Gage im Jahr berichtet, bei einem anstehenden Zweijahresvertrag. Damit wäre er der am zweitbesten verdienende Motorradrennfahrer der Welt - hinter Valentino Rossi. Glaubt man der spanischen Website Motocuatro, ist dies alles schon unter Dach und Fach und Lorenzo in den nächsten zwei Jahren sicher auf einem der roten Renner.

Steht Stoner auf der Abschussliste, weil er sich gegen PR-Events gewehrt hat?, Foto: Ducati
Steht Stoner auf der Abschussliste, weil er sich gegen PR-Events gewehrt hat?, Foto: Ducati

Aber nicht nur das. Lorenzo soll dabei auch der Nummer 1-Status zugesichert worden sein. Dabei stellt sich aber die Frage, was mit Casey Stoner wird. Der Australier wurde 2007 in seinem ersten Jahr bei Ducati Weltmeister und ist auch so einer der Schnellsten auf der Strecke. Einer, vor dem auch Rossi teilweise "Angst" hat. Letztes Jahr in Laguna Seca sagte der Italiener auf die Frage, wie man Stoner stoppen könne im Scherz: "Man muss ihn wahrscheinlich vom Motorrad holen!" Sollte Stoner jetzt auf das Abstellgleis geschoben werden oder gar niemals aus seiner "Kur" zurückkehren? Fakt ist, dass es seit der Verkündung seiner Pause für drei Rennen kein Gesundheitsupdate des Australiers mehr gegeben hat. Aber auch die Art und Weise, wie Stoner dies Ducati mitgeteilt habe, hat wohl bei Marlboro einigen Personen den Kragen platzen lassen. Er habe einfach angerufen und gesagt, dass er nicht fahren werde - ohne erst einmal die Gründe zu nennen.

Marlboro, beziehungsweise der Philip Morris-Konzern, bezahlt einige Löwenanteile im Rennsportengagement von Ducati, Ferrari und die Fahrergagen in der MotoGP. Daher haben die Vertreter dieses Unternehmens wohl auch ein gewichtiges Wort bei der Fahrerwahl.

Haydens Vorteile zum Verbleib bei Ducati: US-Amerikaner und Frauenschwarm., Foto: Ducati
Haydens Vorteile zum Verbleib bei Ducati: US-Amerikaner und Frauenschwarm., Foto: Ducati

Und gerade da ist Stoner eben nicht im besten Kurs. Der Australier hat es mehrfach abgelehnt, für Marketing- und PR-Aktionen bereitzustehen. Sein Job sei Motorradrennfahrer und in diesem Job müsse er sich dabei 100-prozentig darauf konzentrieren, Rennen zu gewinnen - heißt es. Dass bei Marlboro da irgendwann der Sack zu ist, erscheint logisch bei Millionen von Euros, die sie in dieses Projekt Ducati und den Fahrer Stoner pumpen. Lorenzo hingegen ist im Umgang mit den Medien sehr umgänglich und weiß sich zu inszenieren.

Medienwirksamkeit und technisches Verständnis

Aber Medienwirksamkeit ist eben auch nicht alles. Nicky Hayden bringt sicher auch ein hohes PR-Potenzial mit sich - und das nicht nur in der Frauenwelt. Aber DIE Aushängefigur ist er mit seinen bisherigen Ducati-Leistungen nun doch nicht. Aber er ist immerhin US-Amerikaner und dieser Markt ist für das Werk aus Bologna extrem wichtig. So Hayden will, wird man ihn behalten.

Technische Fähigkeiten sind bei Ducati gefragt, um endlich mehr als einen Siegfahrer stellen zu können. Lorenzo hat bewiesen, dass er technischen Verstand hat, als er Weltmeister der 125ccm- und 250ccm-Klasse wurde, und dass er extrem Talentiert ist. Er kann Rossi zuweilen doch Paroli bieten.

Zwei Mal Weltmeister war Lorenzo schon. Pedrosa sogar drei Mal, aber der ist marketingtechnisch nicht so wertvoll., Foto: Honda
Zwei Mal Weltmeister war Lorenzo schon. Pedrosa sogar drei Mal, aber der ist marketingtechnisch nicht so wertvoll., Foto: Honda

Aber halt! Nach wie vor ist alles Spekulation! Denn auch die spanischen, italienischen und britischen Medien sprechen von: "ist anzunehmen", "es wird davon ausgegangen, dass", "es kursiert das Gerücht" und "wir vermuten". Alle glauben zwar auf irgendeine Weise, dass dieser Deal Ducati-Lorenzo bereits unter Dach und Fach ist, aber mit Gewissheit kann es keiner sagen. Auch diejenigen, die sich auf Quellen aus dem "Lorenzo-Lager" beziehen, können nicht wissen, ob sie einem geschickt platziertem "An-der-Nase-herumführ-Manöver" aufgesessen sind. Schließlich könnte man dieses Gerücht auch bewusst gestreut haben, um Gage und technische Voraussetzungen bei Yamaha für Lorenzo in 2010 ins richtige Licht zu rücken!

Beim US-Grand Prix in Indianapolis will Jorge Lorenzo endlich mit der Sprache herausrücken. Diese Pressekonferenz ist die wohl am spannendsten erwartete des Jahres. Bis dahin wird die "tägliche Lorenzo-Suppe" weiter von Gerüchteköchen gerührt, mit Möhrchen, Pfeffer und Salz verfeinert und dann nimmt das wilde Spekulieren und Vermuten ein Ende.