Zu Beginn des Jahres 2022 präsentierte sich die MotoGP in bester Verfassung. Die Corona-Krise war endgültig überstanden, die Übersee-Rennen im asiatischen oder amerikanischen Raum endlich zurück im Kalender. Mit Aprilia hatte es im achten Anlauf zudem auch der letzte der sechs Hersteller geschafft, seinen Fahrern siegfähiges Material zur Verfügung zu stellen. In Argentinien feierten die Italiener dank Aleix Espargaro ihren ersten Triumph in der MotoGP-Ära. Damit standen bereits nach drei Saisonläufen alle sechs Konstrukteure mindestens einmal auf dem Podest, drei von ihnen hatten bereits Rennen gewonnen. Zudem verfügte die Königsklasse des Zweiradsports 2022 zum ersten Mal seit vier Jahren wieder über 12 Teams und 24 Fahrer im Grid, wovon erstmals alle mit konkurrenzfähigem Material am Start waren. Es gab keine finanzschwachen Rennställe mehr, alle Bezahlfahrer konnten über die vorangegangenen Jahre eliminiert werden. Die Leistungsdichte im Feld war hoch, das Level von Fahrern und Maschinen enorm. Die Grundlage für eine aufregende Zukunft schien damit gelegt. Doch dann der große Schock: Anfang Mai sickerte am Rande des Jerez-Tests durch, dass Suzuki die MotoGP mit Ende der Saison 2022 verlassen würde. Knapp anderthalb Wochen später wurde dies am Medien-Donnerstag des Frankreich-Grand-Prix in Le Mans offiziell bestätigt. Diese Meldung erwischte nicht nur das Einsatzteam um die Stammfahrer Alex Rins und Joan Mir - 2020 immerhin noch Weltmeister mit Suzuki - auf dem falschen Fuß, sondern auch die Dorna. Denn plötzlich stand der MotoGP-Promoter ohne sechsten Hersteller da. In der Folge wurde viel über mögliche Nachfolger spekuliert. Eine Kawasaki-Rückkehr in die Königsklasse wurde ebenso ins Spiel gebracht wie ein mögliches BMW-Engagement oder ein Aufstieg des Moto3-Topteams Leopard Racing von Gründer Flavio Becca. Auch die Dorna selbst berichtete bereits wenige Tage nach dem Bekanntwerden des Suzuki-Ausstiegs von großem Interesse am freiwerdenden Platz der Japaner. Vergeben wurde dieser aber bis heute nicht, weshalb 2023 nur noch elf Teams und 22 Fahrer im Grid stehen werden. Und doch hat der MotoGP-Promoter bekommen, was er wollte: Mit GasGas geht im kommenden Jahr neben Yamaha, Honda, Ducati, Aprilia und KTM nominell ein sechster Hersteller an den Start. Doch handelt es sich beim Schwesterkonzern von KTM, der das Tech3-Team ersetzen wird, tatsächlich um einen sechsten Hersteller oder trügt der Schein?

Beginnen wir am Red Bull Ring. Denn dort luden Hubert Trunkenpolz, seines Zeichens Vorstandsmitglied der Pierer Mobility AG, KTM-Motorsportchef Pit Beirer und Tech3-Teamchef Herve Poncharal am 19. August 2022 - am Rande des Großen Preises von Österreich - zu einer außerordentlichen Pressekonferenz. Das Ganze erfolgte unter dem Slogan "Get on the Gas!". Verkündet wurde auf dieser Pressekonferenz wenig überraschend der Einstieg von GasGas in die MotoGP - oder um es mit den Worten von Beirer zu sagen: "Zunächst möchte ich der Dorna für die tolle Show danken, an der wir teilnehmen dürfen. Wir haben mit KTM schon erste Spuren in diesem Paddock hinterlassen können und bislang eine fantastische Reise bestritten. Jetzt haben wir uns aber entschlossen, mit GasGas noch eine weitere Marke in die MotoGP zu bringen." Dazu wird das Tech 3 KTM Factory Racing Team von Poncharal ab der Saison 2023 im Grid der Königsklasse durch GasGas ersetzt. Antreten wird der spanische Hersteller unter dem Namen 'GasGas Factory Racing Team'. "Das wird ein unglaubliches Abenteuer", ist sich Beirer sicher.

Pit Beirer hat mit GasGas einen neuen Partner gefunden, Foto: KTM
Pit Beirer hat mit GasGas einen neuen Partner gefunden, Foto: KTM

GasGas schon in Moto3 und Moto2 erfolgreich

Bei GasGas handelt es sich um einen spanischen Motorradbauer, der 1985 von Narcis Casas und Josep Pibernat mit Sitz in Salt, Girona gegründet wurde. Das Unternehmen etablierte sich erfolgreich im Offroad- und Trialbereich, ehe im Jahr 2015 Konkurs angemeldet werden musste. Vier Jahre später kaufte KTM zunächst 60 Prozent des spanischen Herstellers auf, ehe er im Juli 2020 vollständig übernommen und in die Pierer Mobility AG integriert wurde. Daraufhin wagten die Österreicher mit GasGas den Sprung auf den Asphalt. Gemeinsam mit Partner Aspar startete GasGas 2021 erstmals in der Moto3-Weltmeisterschaft. Das Engagement wurde dank der erfahrenen Mannschaft rund um Teameigentümer und MotoGP-Legende Jorge Martinez sofort zum Erfolg. Sergio Garcia siegte bereits im fünften Lauf der Saison und kämpfte mit Pedro Acosta und Dennis Foggia langezeit um den WM-Titel. Der junge Spanier musste sich einzig aufgrund eines Nierenhämatoms, welches er sich bei einem Sturz in den USA zugezogen hatte, vorzeitig geschlagen geben. Letztlich beendete er die Saison mit drei Siegen und drei zweiten Plätzen dennoch auf einem starken dritten Rang. Gemeinsam mit den beeindruckenden Leistungen von Teamkollege und Moto3-Rookie Izan Guevara, der ebenfalls ein Rennen gewinnen konnte, erreichte GasGas gleich im Premierenjahr Platz zwei in der Team-Weltmeisterschaft. Zur Saison 2022 wurde die Partnerschaft mit dem Aspar-Rennstall deshalb auch auf die Moto2 ausgeweitet. Dort hat GasGas über den vierten Platz der Team-Wertung und dank des Briten Jake Dixon bereits über sechs Podestplatzierungen jubeln dürfen. Eine Klasse darunter dominiert der spanische Hersteller sogar schon im zweiten Jahr: Die Teamweltmeisterschaft und der Triumph in der Fahrer-WM mit Izan Guevara konnten bereits drei Rennen vor Schluss in Australien klargemacht werden. Darüber hinaus gewann GasGas auch noch die Hersteller-Wertung 59 Punkte vor Honda und das mit nur zwei eingesetzten Motorrädern. Doch nicht nur auf der Strecke war das GasGas-Engagement in der Motorrad-Weltmeisterschaft schon jetzt ein großer Erfolg. "Wir haben, als wir GasGas übernommen haben, mit etwa 9.000 verkauften Motorrädern angefangen. In diesem Jahr werden wir schon mehr als 25.000 GasGas-Maschinen verkaufen. Darüber hinaus werden wir auch noch ca. 15.000 E-Bikes unter der gleichen Marke verkaufen. Die Zahlen sind also selbsterklärend", berichtet Trunkenpolz. Er führt aus: "Nachdem wir gesehen haben, was wir mit einem Engagement in Moto3 und Moto2 erreichen können, war die logische nächste Frage, ob wir GasGas auch in die MotoGP bringen können. Wir sind begeistert, diesen Schritt jetzt zu gehen."

"GasGas ist eine Erfolgsmarke. Sie haben in Disziplinen wie MXGP, Supercross, Enduro und Rallye sofort ein unglaubliches Level an Performance erreicht und haben dort Grand Prix-, Event-, Weltmeisterschafts- und Gesamtsiege erzielt", findet Beirer ähnliche Worte. Der Deutsche zeigt sich deshalb zuversichtlich, auch mit dem MotoGP-Projekt von Beginn an auf einem konkurrenzfähigen Level operieren zu können. Schließlich steht GasGas mit Tech3 in der Königsklasse ein ähnlich starker Partner zur Seite, wie es bei den Teams in den kleineren Klassen mit Aspar der Fall ist. "Es wäre großartig, in der härtesten Klasse die gleichen Erfolge zu sehen. Ich will Herve und dem Tech3-Team dafür danken, dieser Veränderung hin zum GasGas Factory Racing Team gegenüber offen zu sein und sie zu unterstützen", erklärt Beirer. Mit dem Rennstall von Poncharal kooperiert KTM bereits seit 2019, er diente in den vergangenen Jahren als Juniorteam zur Entwicklung junger Fahrer für die Werksmannschaft sowie als Unterstützung zur Weiterentwicklung der KTM RC16. Zuvor war der französische Rennstall 18 Jahre lang auf Maschinen von Yamaha unterwegs. 2023 wird Tech3 mit GasGas erstmals zum Werksteam. "Ein vollwertiges Werksteam zu sein, erfüllt uns mit großem Stolz. Wir wissen, wo wir herkommen und fühlen uns sehr geehrt", zollt Poncharal großen Dank.

Der Franzose wird seine Rolle als Teamchef bei GasGas behalten, generell gibt es kaum personelle Veränderungen. Im Grunde steht auch im kommenden Jahr noch das Tech3-Team des Jahres 2022 im MotoGP-Grid - nur eben unter anderem Namen. Einzig auf Seiten der Fahrer gibt es frischen Wind, dazu aber später mehr. Ihre Renneinsätze werden diese jeweils auf einer KTM RC16 bestreiten. Sie erhalten identisches Material wie die KTM-Werkspiloten Brad Binder und Jack Miller. GasGas wird - wie in Moto3 oder Moto2 [hier Kalex] - also lediglich als Marke auftreten und auf Technologie von KTM zurückgreifen. Ein eigenes MotoGP-Bike liefert der spanische Konstrukteur nicht, weder 2023 noch in absehbarer Zukunft. Warum ist das so?

Eigenes MotoGP-Bike zu entwickeln finanziell nicht sinnvoll

Die einfache Antwort: Es wäre aus unternehmerischer Sicht einfach nicht sinnvoll. "Wir dürfen die Augen nicht vor dem verschließen, was aktuell auf der Welt passiert. Die Inflation liegt bei sieben oder acht Prozent, es mangelt an Gas und Strom. Da werden wir im kommenden Winter sicher nicht viel zusätzliches Budget bekommen, um Motorsport zu betreiben", erklärt Beirer Mitte August im exklusiven Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. Umso sinnvoller sei es deshalb, auf einer "genialen Plattform wie der MotoGP" zwei Marken zu bewerben - und das bei identischen Entwicklungskosten. "Wir haben die MotoGP wirklich lieben gelernt. Das Feedback ist sehr positiv - nicht nur aus der Motorsportszene, sondern auch wenn wir auf die Stückzahlen der verkauften Straßenmotorräder blicken. Jetzt können wir mit GasGas eine zweite Marke an den Start bringen, die nicht als Satellitenteam, sondern als absolutes Einser-Premium-Werksteam aufgestellt sein wird", führt der Motorsportchef von KTM und künftig auch GasGas aus.

Die logische Folge dessen, dass der spanische Motorradbauer auf MotoGP-Bikes von KTM zurückgreift und keine eigenen Maschinen stellt, ist aber, dass er 2023 nicht in der Hersteller-Wertung auftauchen wird. Um den Titel der Konstrukteursweltmeistschaft kämpfen im kommenden Jahr lediglich Yamaha, Honda, Ducati, Aprilia und KTM. Der Name 'GasGas' partizipiert einzig in der Team-WM. "Das ist natürlich schade", findet Beirer. "Aber der Name GasGas wird dennoch in der MotoGP präsent sein und der Rennstall sich in der Teamwertung messen müssen. In der Herstellerwertung werden die Punkte eben KTM gutgeschrieben. Das ist aber ehrlich gesagt absolut okay, denn wir kämpfen mit der Marke KTM ja auch noch um unseren Status und müssen uns beispielsweise gegen Ducati beweisen, die acht Bikes im Grid haben. Da ist es mir nicht unrecht, wenn vier KTMs im Rennen Punkte sammeln können." Außerdem mache die Pierer Mobility AG diesen Markeneinstieg mit GasGas nicht, um die Herstellerkollegen "zu verarschen". Beirer erklärt: "Wir wollen saubere Arbeit leisten und der Dorna ein guter Partner sein. Von uns wird es keine Taschenspielertricks geben. Wenn wir jetzt eine GasGas homologieren lassen, die zu 95 Prozent der KTM gleicht [...], dann wären die anderen Hersteller sicher sauer." Mit dem Hersteller-Status gehen in der Königsklasse schließlich einige Zugeständnisse, die sog.'Concession-Vorteile', einher. So darf ein neuer Konstrukteur etwa so lange unbegrenzt testen, bis er in einem gewissen Zeitraum mehr als sechs Concession-Punkte erzielt hat. Diese gibt es für Podestplatzierungen und Rennsiege. Zu den Zugeständnissen gehört neben der unbegrenzten Testanzahl u.a. auch, dass über die Saison hinweg bis zu sieben Wildcard-Einsätze möglich sind und der Motor geupdatet werden darf. Ebenso ist es den Stammfahrern des Teams erlaubt, zum Saisonstart am Shakedown-Test teilzunehmen. Darüber hinaus bekommt ein Hersteller auch eine Stimme in der MSMA, der Herstellervertretung, wodurch politischer Einfluss möglich ist. Vorteile, von denen neben GasGas natürlich vor allem auch KTM profitiert hätte.

GasGas wird nur als neues Team in die Wertung gehen, Foto: GASGAS Factory Racing Team
GasGas wird nur als neues Team in die Wertung gehen, Foto: GASGAS Factory Racing Team

Darauf verzichten die Österreicher aber freiwillig, um nicht in politische Schwierigkeiten zu geraten. Somit gehen 2023 in der MotoGP mit GasGas nominell zwar weiterhin sechs Hersteller an den Start, tatsächlich sind es allerdings nur noch fünf. Denn das rebrandete Tech3-Team greift lediglich auf KTM-Technologie zurück und setzt keine eigenen MotoGP-Bikes ein, weshalb GasGas auch nur in der Team-Wertung und eben nicht in der Konstrukteurs-WM antreten wird. Trotzdem meinen es die Österreicher mit ihrem neuen Projekt in der Königsklasse ernst, das zeigt allein schon die Rückkehr von Pol Espargaro. Der gebürtige Katalane kehrt 2023 nach zwei Jahren bei Honda in die KTM-Familie zurück und soll bei GasGas die Rolle des Teamleaders übernehmen. Für Espargaro ist es sogar ein Comeback im doppelten Sinne: Er fuhr schon zwischen 2014 und 2016 drei Jahre für Tech3 und zwischen 2017 und 2020 vier Jahre für KTM. 2018 erzielte er im Saisonfinale von Valencia die erste Podestplatzierung der Österreicher in der MotoGP. "Wir hatten tolle Jahre zusammen und ich habe immer gesagt, dass er ein echter Kämpfer ist. Er war eine Schlüsselfigur im KTM-Programm und ich freue mich über die Bekanntgabe seiner Rückkehr in die Familie. Ich kann es kaum erwarten, wieder mit ihm zusammenzuarbeiten", sagt Poncharal. Der 31-jährige Katalane sei zudem der perfekte Markenbotschafter für einen spanischen Motorradbauer wie GasGas: "Das fühlt sich wie ein Märchen an, ich bin hocherfreut. Das MotoGP-Projekt GasGas' könnte nicht besser beginnen."

Rückkehrer Pol Espargaro soll das Team anführen, Foto: LAT Images
Rückkehrer Pol Espargaro soll das Team anführen, Foto: LAT Images

Nach Oliveira-Absage: Augusto Fernandez Plan B bei GasGas

In Miguel Oliveira sollte darüber hinaus noch ein zweiter, gestandener Topfahrer für GasGas an den Start gehen. Der Portugiese, der seinen Platz im Werksteam nach durchwachsenen Leistungen seit Sommer 2021 zur kommenden Saison für Miller räumen muss, war die Wunschlösung Beirers. "Den zweiten Fahrer können wir noch nicht bekanntgeben. Es besteht noch eine Chance, unseren Freund Miguel zu behalten", erklärte der Deutsche noch auf der Verkündungs-PK des GasGas-Einstiegs. Oliveira hatte eine Degradierung ins Tech3-Team nach seinem Aus in der KTM-Werksmannschaft zunächst noch abgelehnt, dann deutete sich aber ein Wandel an. "Dieser Wechsel wäre für ihn wohl nur schwer zu verkraften gewesen, aber vielleicht ist ihm das Projekt nun klarer. Er kann der Anführer für unsere jungen Fahrer sein. Unser Angebot steht", führte Beirer aus. Eine Offerte, die letztlich aber doch auf taube Ohren stieß. Oliveira entschied sich für einen Wechsel ins RNF Racing Team von Razlan Razali, wo er 2023 eine Aprilia pilotieren wird. Das riss eine Lücke in die Planungen von KTM und GasGas, die in der Folge improvisieren mussten. Dass die aktuellen Tech3-Piloten Remy Gardner und Raul Fernandez, 2021 immerhin noch Moto2-Weltmeister und -Vizeweltmeister, in Mattighofen keine Zukunft mehr besaßen, war zu diesem Zeitpunkt bereits öffentlich kommuniziert. Somit entschieden sich die Österreicher zur Beförderung von Augusto Fernandez, der 2022 für Red Bull KTM Ajo in der Moto2 an den Start ging. Dort feierte der 25-jährige Spanier vier Siege und gewann die Weltmeisterschaft in einem Duell gegen den Japaner Ai Ogura. Beirer ist voll des Lobes für den Mallorquiner: "Augusto hat zusammen mit Aki und seinem Team großartige Arbeit geleistet, auf der Strecke hart gekämpft und gezeigt, dass er in einer sehr engen Meisterschaft den Unterschied ausmachen kann. Er hat alles getan, um sich diese Chance zu verdienen."

Neben KTM und GasGas gehört mit Husqvarna aber auch noch eine dritte Marke zur Pierer Mobility AG, die schon seit 2020 mit gleichem Konzept wie GasGas in der Moto3-WM an den Start geht. Sehen wir in naher Zukunft also auch die schwedische Traditionsmarke mit KTM-Technologie in der MotoGP? Wohl eher nicht, denn die Österreicher wollen Husqvarna in einem anderen Markt positionieren. "Husqvarna sehen wir eher im Bereich urbane, neue Mobilität", erklärt Trunkenpolz. Folglich würde ein Engagement der Marke in der Königsklasse des Zweirad-Motorsports wenig Sinn machen. GasGas sei hingegen jung und lebhaft, da passe die MotoGP deutlich besser zum Profil. "Sie soll als die sportliche Marke positioniert werden", stellt das Vorstandsmitglied der Pierer Mobility AG klar.

'Echter' sechster MotoGP-Hersteller momentan unwahrscheinlich

Allerdings wäre ein Einstieg Husqvarnas ohnehin nicht ohne weiteres umzusetzen. Denn KTM verfügt neben GasGas über kein drittes Kundenteam, welches rebrandet werden könnte. Durch den Suzuki-Ausstieg gäbe es zwar einen freien Platz im MotoGP-Grid, den behält sich die Dorna jedoch für einen tatsächlichen Hersteller vor. Dazu ist der MotoGP-Promoter auch bereit, mehrere Jahre zu warten und so lange nur mit elf Teams an den Start zu gehen. Doch wer könnte diesen zwölften Platz überhaupt einnehmen? Aktuell drängt sich schließlich kein Hersteller auf: BMW liebäugelte in der Vergangenheit schon des Öfteren mit der MotoGP und stellt aktuell auch Safety und Medical Car, konnte sich aber nie endgültig zu einem Engagement in der Königsklasse durchringen. Dass sich dies in naher Zukunft ändert, scheint unwahrscheinlich. Schließlich befindet sich der deutsche Motorradhersteller aus München auch ohne die MotoGP im Aufwind. BMW hat sich in den vergangenen Jahren hinter KTM zum zweitgrößten Motorradbauer in Europa entwickelt und 2021 mehr als 194.000 Bikes verkauft, was dem besten Ergebnis der Firmengeschichte entspricht. Folglich überrascht es nicht, dass man sich in München mit Engagements in Superbike- und Langstrecken-WM zufriedengibt. Gleiches gilt auch für Kawasaki: Die Japaner partizipierten zwischen 2002 und 2008 schon einmal in der MotoGP, ehe das erfolglose Projekt aufgrund finanzieller Schwierigkeiten beendet wurde. Der Blick wanderte in der Folge auf die WSBK, wo Kawasaki von 2015 bis 2020 sechs Mal in Folge beide WM-Titel einfahren konnte. "Kawasaki hat sich vor Jahren dazu entschlossen, den Fokus auf die Superbike-WM zu legen. Dafür gab es gute Gründe und diese haben sich nicht geändert", antwortete Kawasaki-Rennchef Gium Roda erst kürzlich auf die Frage nach einer möglichen MotoGP-Rückkehr. Für weitere Firmen wie MV Agusta oder Triumph scheint die Königsklasse aktuell ohnehin eine Nummer zu groß.

Kawasaki konzentriert sich auf die Superbike-WM und will dort bleiben, Foto: LAT Images
Kawasaki konzentriert sich auf die Superbike-WM und will dort bleiben, Foto: LAT Images

Somit wird sich in naher Zukunft wohl kein sechster, tatsächlicher Hersteller finden, der die MotoGP bereichern könnte. Das muss allerdings nicht für immer so bleiben. "Es zahlt sich wirklich aus, Teil der MotoGP zu sein. Am Ende des Tages sind auch wir nur ein Unternehmen, das Gewinn erzielen will - und das tun wir. Das Engagement macht zu 100 Prozent Sinn, sonst würden wir das nicht machen", verrät Trunkenpolz. "Außerdem lieben wir den Motorsport und können nicht ohne ihn leben."

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