Das modifizierte Layout des Red Bull Rings ist bei der MotoGP im Vorfeld des Österreich GP das Thema Nummer eins. Nach dem Horrorunfall im Jahr 2020 wurde die Rennstrecke in Spielberg für das diesjährige Gastspiel der Motorrad WM modifiziert. Eine neue Schikane entschärft die heikle Passage im ersten Sektor. Von den Fahrern wird die Modifikation ausnahmslos positiv aufgenommen. Weltmeister Fabio Quartararo erhofft sich positiven Effekt für die Yamaha. Jack Miller hingegen trauert dem Nervenkitzel des Highspeed-Abschnitts hinterher.

"Du vermisst das natürlich. Das ist zusammen mit Mugello wohl die Passage in der Weltmeisterschaft, wo du am meisten die Arschbacken zusammenkneifen musst", sagt Miller über das alte Layout nach Kurve eins. "Du bist ganz eng an der weißen Linie gefahren, damit du möglichst gerade bleiben kannst und dann hast du dich nach links reingeworfen, und das bei 340 oder 350 km/h. Das war immer besonders, vor allem in den ersten Runden, erstmal in diese Zone zu kommen. Innen ist die Mauer und du hältst im Grunde voll drauf."

Die im vergangenen Winter installierte und ausschließlich für den Motorradsport genutzte Passage wird die Geschwindigkeit vor der kritischen Kurve drei deutlich verringern. Vor zwei Jahren hatte eine Kollision zwischen Johann Zarco und Franco Morbidelli in Kurve zwei um ein Haar tragische Folgen. Die außer Kontrolle geratenen Motorräder der beiden Fahrer verfehlten Valentino Rossi und Maverick Vinales in Turn drei nur knapp. Der Schreckmoment machte ein Umdenken unausweichlich, sodass für 2022 eine Anpassung vorgenommen wurde.

Richtige Reaktion der MotoGP für die Zukunft des Red Bull Rings

Mit Blick auf die Sicherheit und die Zukunft des Red Bull Rings in der MotoGP war diese Maßnahme auch für Miller unumgänglich. "Es sollte das Racing sicherer machen und wir werden noch viele Jahre hierher zurückkehren. Der Grand Prix hier ist fantastisch. Wir haben hier mit das größte Publikum. Sie lieben die MotoGP in diesem Teil der Welt und wir brauchen hier ein Rennen. Es wurde gefährlich, die Rennstrecke hat reagiert und eine sichere Alternative zum anderen Layout geschaffen", so der 27-jährige Australier.

Der Nervenkitzel löste in der Vergangenheit nämlich nicht ausschließlich Adrenalin und Glücksgefühle aus. "Was du nicht vermissen wirst, ist, wenn du im Windschatten total außer Kontrolle und pendelnd auf der Bremse versucht hast, jemanden da oben zu überholen", gesteht er. "Ich bin froh, dass eine Lösung gefunden wurde, bevor etwas passiert. Wir hatten da einige haarscharfe Situationen. Mit weniger Geschwindigkeit hast du da oben mehr Spielraum, das Bike zu stoppen. Wenn du bei 350 km/h eine Sekunde später bremst, reicht die Strecke nicht mehr. Bei 200 km/h ist das natürlich ganz anders."

Joan Mir sieht es ähnlich wie Miller. "Es wird weniger Spaß machen, weil Kurve drei sehr schön war. Das war eine, die du im Kalender so sonst nicht hast. Du hast auf der Bremse die Richtung gewechselt und das war ziemlich nett", so der Champion von 2020. Der Sicherheitsaspekt steht aber auch bei ihm, so wie beim Rest des Feldes, über dem Reiz der Gefahr. "Die Kurve war besonders gefährlich und wir alle wissen das. Die Schikane ist die beste Lösung, einen Unfall wie 2020 zu verhindern", fügt er an.

Bisher war lediglich KTM-Testfahrer Dani Pedrosa mit einem MotoGP-Bike auf dem neuen Layout unterwegs. Die anderen Fahrer machten sich erst beim Trackwalk am Donnerstag ein Bild von den Neuerungen. Aleix Espargaro und Pecco Bagnaia bereiten die Sturzräume trotz der niedrigeren Geschwindigkeiten am neuen Streckenabschnitt Sorgen. "Die Mauer links steht etwas nahe", so Espargaro. Für Bagnaia könnte das vor allem im Regen ein Problem darstellen. "Wie Aleix sagte, ist die Wand etwas nahe und bei nassen Bedingungen ist das vielleicht etwas zu nahe", sagt der Ducati-Pilot.

Fabio Quartararo hofft auf bessere Chancen für Yamaha

Mit fünf Siegen seit 2016 war Ducati auf dem Red Bull Ring in den vergangenen Jahren stets der große Favorit. Dass die Schikane etwas am Kräfteverhältnis ändern könnte, denkt Miller nicht. Der große Vorteil ist bei der Desmosedici GP22 für ihn sowieso Geschichte. "Der Vorteil ist sowieso nicht mehr so groß wie er einst war, was den Topspeed angeht. Versteht mich nicht falsch, unser Bike ist immer noch eine Rakete, aber alle anderen im Grid sind mittlerweile auch eine und diese Schikane wird nicht viel ändern", sagt er.

Fabio Quartararo hingegen macht sich Hoffnungen, dass die Änderung seine Yamaha begünstigt. Der Franzose leidet regelmäßig unter dem Topspeed-Defizit der M1. "Für unser Motorrad ist das sicher nicht schlecht, den Speed der anderen Bikes ein bisschen zu reduzieren", so der Titelverteidiger. "Für die Sicherheit wird es viel besser sein, aber auch für die Performance unseres Bikes ist es besser."