Michelin schlitterte am Samstag in sein erstes großes Debakel in der MotoGP. Im vierten Training unmittelbar vor dem Qualifying löste sich ein Teil von Scott Reddings Hinterreifen und zerfetzte das komplette Heck der Ducati des Briten, der dabei schwere Blessuren davontrug.

"Das war furchteinflößend. Ich hatte Chattering am Hinterreifen und plötzlich hat mich irgendetwas getroffen. Ich habe überall Teile von meinem Motorrad herum fliegen sehen und mich schon auf einen schlimmen Sturz vorbereitet", sagte Redding. Doch zur eigenen Überraschung war der Reifen nicht vollständig geplatzt, weshalb Redding es in die Auslaufzone schaffte, wo er angeschlagen davon humpelte. Stunden später machten Fotos von Reddings wund geschlagenem Rücken die Runde auf Twitter.

Auf eine erste Rote Flagge unmittelbar nach dem Unfall, folgte eine zweite kurz vor Schluss von FP4, als die Renndirektion wegen Sicherheitsbedenken wegen der Reifen prophylaktisch weitere Unfälle vermeiden wollte. Letztlich wurden mit etwas Verzögerung aber sowohl die Schlussminuten des vierten Trainings, als auch das Qualifying durchgezogen ohne einen weiteren Zwischenfall.

Keine Sicherheitsgarantie für Hinterreifen

Auf das Rennen am Sonntag hat der Redding-Unfall allerdings große Auswirkungen. Nach einer stundenlangen Beratung mit der Renndirektion entschloss sich Michelin dazu, beide der angebotenen Hinterreifenmischungen für Sonntag aus dem Verkehr zu ziehen und stattdessen einen dritten, an diesem Wochenende noch nicht getesteten, Reifen einzusetzen.

Die Begründung: Beide bislang eingesetzten Mischungen sind nach dem gleichen Konstruktionsmuster aufgebaut. Daher könne die Sicherheit nicht garantiert werden. "Wir sind vertraglich verpflichtet, zu jedem Rennen eine dritte Reifenmischung, falls irgendetwas schief läuft", erklärt Michelin-Sportdirektor Nicolas Goubert. "Der Reifen für Sonntag hat die gleiche Auflage wie der Medium, mit dem Redding heute die Panne hatte, verfügt allerdings über eine steifere Unterkonstruktion." Getestet wurde dieser Reifen bereits von einigen Fahrern bei den Testfahrten in Katar, so Goubert.

So sah der geplatzte Gummi von Loris Baz in Sepang aus, Foto: Milagro
So sah der geplatzte Gummi von Loris Baz in Sepang aus, Foto: Milagro

Rätselraten um Pannenursache

Die Ursache für die Panne bei Redding ist noch nicht geklärt, aber der Hersteller veröffentlichte erste Details. So war der Brite mit dem weicheren Reifen unterwegs, der zum Zeitpunkt der Panne erst sieben Runden drauf hatte. Am Reifendruck sollte es nicht gelegen haben, denn dieser wird seit einem Hinterreifenplatzer von Loris Baz beim ersten Sepang-Test von Michelin vorgegeben.

Aktuelle Vermutungen deuten auf eine Kombination aus hoher Streckentemperatur (an diesem Wochenende zwischen 45 und 50 Grad), Wheelspin des Reifens und Gewicht des Fahrers hin. Denn wie Baz zählt Redding zu den größten Fahrern im Paddock und bringt daher entsprechend mehr Gewicht mit als kleinere Kollegen. Ein Indiz, das Pole-Sitter Marc Marquez nach dem Qualifying bestätigen konnte: Der deutlich kleinere Dani Pedrosa habe demnach geringere Reifentemperaturen als Marquez.

Ein offizielles Statement von Michelin ist allerdings erst nach sorgfältiger Auswertung zu erwarten. Ein Statement der Dorna liegt mittlerweile aber vor und betrifft eine Zeitplanänderung für den Renn-Sonntag. Da die neue Reifenmischung bislang an diesem Wochenende noch nicht eingesetzt wurde, räumt die Rennleitung zusätzlich zum 20-minütigen Warm-Up eine 30-minütige Session ein, damit alle Teams ihr Setup auf den neuen Pneu abstimmen können. Für das zusätzliche Training stellt Michelin jedem Fahrer einen zusätzlichen Vorderreifen zur Verfügung.

UPDATE: Zusatz-Warm-Up am Sonntagmorgen abgesagt

Das sagen die Top-Fahrer zu Michelins Entscheidung:

Marc Marquez: "Das wird eine Reise ins Unbekannte für alle morgen. Wir sind diesen Reifen das ganze Wochenende noch nicht gefahren, daher müssen wir erst abwarten, wie er funktioniert. Wir hoffen, dass nicht zu viele Unterschiede zu den bisher eingesetzten Reifen bestehen."

Valentino Rossi: "Der neue Reifen verändert die gesamte Ausgangslage komplett. Ich hätte vermutet, dass sie den Medium zurückziehen und wir alle mit der harten Mischung fahren müssen. Jetzt werden wir aber einen Reifen einsetzen, mit dem wir komplett von Null starten müssen. Aber es sitzen alle im selben Boot."

Jorge Lorenzo: "Das ist eine seltsame Situation, die uns noch nie wiederfahren ist. Leider gab es mittlerweile schon mehrere Vorfälle und das ist keine angenehme Situation für uns Fahrer. Ich bin mir aber sicher, dass Michelin alles daran setzt, die Sicherheit für uns zu verbessern."

Dani Pedrosa: "Die zusätzliche Session findet leider zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Temperaturen ganz andere sein werden als im Rennen. Wir wissen nicht wie das funktionieren wird oder wie wir überhaupt unser Setup einstellen sollen. Wir können jetzt noch überhaupt keine Aussagen treffen."