In gut einer Woche hat die Kaffeesatzleserei für alle Fahrer, Fans, Experten, Verantwortlichen und Journalisten ein Ende. So lange dauert es noch bis zum heiß ersehnten Startschuss der MotoGP-Saison 2015. Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, hat Motorsport-Magazin.com die Resultate der acht Testtage 2015 (der neunte in Katar fiel im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser) anhand des aktuellen Punktesystems in ein Meisterschaftsranking umgewandelt.

Vorab soll allerdings betont werden, dass die Ergebnisse der Testfahrten, wie in allen anderen Serien, mit Vorsicht zu genießen sind. Schließlich haben auch die Teams selbst nur über ihre eigenen Spritmengen, Reifenstints und Einstellungen während der Tests genaueste Kenntnis. Daher tappen nicht nur wir, sondern auch sie immer noch etwas im Dunkeln.

Marquez führt Sextett deutlich an

Dennoch bietet sich an der Spitze ein vertrautes Bild: Nach acht Testtagen hält der amtierende Weltmeister Marc Marquez unangefochten die Führungsposition inne. Vier Bestzeiten, dazu ein zweiter und zwei dritte Plätze zeugen von einer beeindruckenden Konstanz, die ganz vorne sonst kein anderer Pilot an den Tag gelegt hat. Zusammen mit dem sechsten Rang vom Eröffnungstag von Sepang II kommt der Repsol-Honda-Fahrer auf insgesamt 162 Zähler. Das ergibt nach gerade einmal acht Tagen einen Vorsprung von sage und schreibe 36 Punkten auf den Gesamtzweiten Jorge Lorenzo (126).

Ducati kann wohl 2015 die Großen ärgern, Foto: Ducati
Ducati kann wohl 2015 die Großen ärgern, Foto: Ducati

Hinter Lorenzo wird es dagegen wohl richtig eng in diesem Jahr. Ducati scheint beim Reifenverschleiß erhebliche Fortschritte gemacht zu haben und kann so womöglich auch in den Rennen zu einer ernsthaften Bedrohung für Honda und Yamaha werden. Andrea Dovizioso (112 Punkte) konnte sich bei den Wintertests Gesamtposition drei sichern und liegt praktisch gleichauf mit Valentino Rossi (108), Andrea Iannone (107) und Dani Pedrosa (105). Aus diesem Sextett an Werkspiloten ganz vorne konnte übrigens einzig und allein Pedrosa keine Tagesbestzeit für sich verbuchen.

Zwei Gruppen im Mittelfeld

Die Gruppe hinter den sechs Werksfahrern besteht, glaubt man den Erkenntnissen der Testfahrten, aus vier Fahrern: Den Espargaro-Brüdern, Cal Crutchlow und Bradley Smith. Dieses Quartett legte in einem unglaublich nah beieinander liegenden Mittelfeld die beste Mischung aus Konstanz und Speed an den Tag. Besonders erfreulich ist hier, wie gut Aleix Espargaro schon mit dem Bike von Rückkehrer Suzuki mithalten kann. Die gewaltigen Fortschritte, die die GSX-RR in puncto Topspeed, Zuverlässigkeit und Elektronik über den Winter gemacht hat, lassen bei den Fans von Suzuki Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft aufkeimen.

Wird Vinales seinem Ruf als Super-Rookie auch gerecht?, Foto: Milagro
Wird Vinales seinem Ruf als Super-Rookie auch gerecht?, Foto: Milagro

Eine zweite Mittelfeldgruppe dahinter wird von fünf bis sechs Fahrern gebildet. Dazu zählen Maverick Vinales, Scott Redding, Stefan Bradl, Hector Barbera, Danilo Petrucci und eventuell Yonny Hernandez. Der Kolumbianer musste auf Sepang I komplett verzichten und verpasste so an drei Tagen die Möglichkeit, (virtuell) Punkte zu holen. Für Bradl, der vielversprechend in den Winter gestartet ist und dann stark nachgelassen hat, geht es vor allem darum, die Open-Krone gegen Barbera zu erobern. Mit Spannung erwarten darf man auch, inwieweit sich Redding auf der Factory-Honda und Super-Rookie Vinales im Laufe der Saison noch verbessern. Gerade Vinales hat 2014 in der Moto2 gezeigt, wie steil seine Lernkurve in der zweiten Saisonhälfte nach oben gegangen ist.

Open-Hondas und Aprilia hinter den Erwartungen

Für einzelne gute Resultate ist die Fraktion der Open-Hondas gut. Das hat jüngst Karel Abraham mit dem zehnten Platz am zweiten Tag in Katar bewiesen. Auch Nicky Hayden konnte Punkte ergattern beim Sepang II-Test. Interessant wird hier zu sehen, wie sich Moto3-Aufsteiger Jack Miller an sein neues, 200 PS stärkeres Arbeitsgerät gewöhnen kann. Die erfolgreiche Umstellung ist dem Australier auf jeden Fall zuzutrauen. Jedoch: Trotz 30 bis 40 PS mehr als bei der Vorjahresversion des Production Racers zeigt der Trend für die Piloten der RC213V-RS nach unten. Zu wichtig scheint wohl die Bedeutung der hauseigenen Elektronik für die Performance der Hondas zu sein.

Bautista und Aprilia müssen viel Aufbauarbeit leisten, Foto: Milagro
Bautista und Aprilia müssen viel Aufbauarbeit leisten, Foto: Milagro

Enttäuscht hat dagegen bisher Aprilia. Nach dem überraschenden Wiedereinstieg schon für dieses Jahr scheint für das Abenteuer MotoGP die geringe Anlaufzeit nicht genug gewesen zu sein. Die RS-GP hinkt der versammelten Konkurrenz bislang hinterher. Besonders Rückkehrer Marco Melandri hat augenscheinlich Probleme mit seinem Arbeitsgerät. Der MotoGP-Vizeweltmeister von 2005 ist fast ständig auf dem letzten Platz in den Zeitentableaus zu finden gewesen. Für wenige Lichtblicke hat einzig und allein Teamkollege Alvaro Bautista gesorgt. Trotz aller Rückschläge lässt man sich beim italienischen Hersteller nicht entmutigen. Die Verantwortlichen werden nicht müde zu betonen, dass man 2015 sowieso als Testjahr opfert, um mit dem neuen Prototyp für 2016 die Rennstrecken mit der bestmöglichen Vorbereitung unter die Räder nehmen zu können.

Wintertest-Meisterschaft 2015

P.FahrerMAL I-1MAL I-2MAL I-3MAL II-1MAL II-2MAL II-3QAT 1QAT 2Ges.
1M. Marquez2516251025251620162
2J. Lorenzo1625111120201013126
3A. Dovizioso1320961362025112
4V. Rossi201013251011811108
5A. Iannone91116116132516107
6D. Pedrosa111320201191110105
7C. Crutchlow68598169970
8P. Espargaro1091016652765
9B. Smith77789107863
10A. Espargaro266137713458
11M. Vinales147425225
12S. Redding52536324
13S. Bradl858122
14H. Barbera41328119
15D. Petrucci3354419
16Y. Hernandez133512
17K. Abraham167
18A. Bautista145
19H. Aoyama325
20M. Pirro44
21N. Hayden22