Ducati schaffte es 2014 endlich aus dem Tal der Tränen zurück in die Erfolgsspur. Auch wenn man noch kein Rennen gewinnen konnte, so schaffte man es nach dem mageren Jahr 2013 wieder ab und zu zur Siegerehrung. Der Leistungszuwachs ist freilich vor allem dem Umstand geschuldet, dass Ducati von den Regelhütern Zugeständnisse im Bereich Motor, Tankvolumen und Reifen gemacht wurden.

Die Fahrer

Andrea Dovizioso war in dieser Saison einer der verlässlichsten Fahrer. Nur in Aragon fiel der Italiener nach einem Sturz aus, in den restlichen 17 Rennen kam er immer innerhalb der Top-9 ins Ziel. In Austin beendete er mit seinem dritten Rang die 24 Grand Prix andauernde Durststrecke Ducatis, in der man es über eineinhalb Jahre nicht auf ein Podium geschafft hatte. In Assen legte Dovizioso mit Rang zwei nach und in Motegi ließ er mit der ersten Ducati-Pole seit Casey Stoner im Jahr 2010 aufhorchen. 187 Punkte und Platz vier in der WM-Wertung bedeuteten am Ende das beste Gesamtergebnis eines Ducatisti seit vier Jahren.

Aufgrund seiner Konstanz war der Italiener in dieser Saison klar die fünfte Kraft hinter den vier Top-Piloten von Honda und Yamaha. Auch abseits der Rennstrecke gab es viel zu tun, denn Ducati produzierte beinahe im Wochenrhythmus neue Teile für die Desmosedici. Dovizioso wurde dabei nicht müde, seinen Team verbal Feuer unterm Hintern zu machen.

So gut es für den Italiener lief, so schlecht war Cal Crutchlow 2014 unterwegs. Erst im Winter für ein Millionen-Gehalt von Tech 3 Yamaha abgeworben, gaben Ducati und der Brite schon in der Sommerpause ihre Trennung bekannt. Der Grund: Crutchlow kam mit seiner italienischen Maschine von Anfang an nicht zu Recht. Der Brite war nicht nur langsam, er stürzte auch am laufenden Band. In Austin, Jerez, Mugello, Barcelona, Brünn, Motegi, auf Phillip Island und in Sepang machte er vorzeitig Feierabend - in den meisten Fällen wegen eigener Fahrfehler.

Cal Crutchlow übte sich oft im Motocross, Foto: Milagro
Cal Crutchlow übte sich oft im Motocross, Foto: Milagro

Ein überraschender dritter Platz im Chaosrennen in Aragon und Rang fünf beim Finale in Valencia waren die raren Höhepunkte im schwierigsten seiner bislang vier MotoGP-Jahre. Der Sturz in der letzten Runde des Australien GP, als Crutchlow ungefährdet auf Rang zwei lag, dürfte der enttäuschendste Moment seiner Saison gewesen sein. Mit 74 Punkten holte er nicht einmal 40 Prozent seines Punktekontos vom Vorjahr und Platz 13 in der Endabrechnung bedeutete die schlechteste Platzierung seiner MotoGP-Karriere.

Das Team

Die zweite Saison in Folge startete man mit einem neuen Mann an der Spitze: Der Deutsche Bernhard Gobmeier wurde von Aprilia-Superhirn Gigi Dall'Igna abgelöst. Der Italiener mit den markanten Augenbrauen sorgte mit seiner Entscheidung zugunsten einer Einschreibung nach Open-Reglement für den ersten Geniestreich und veranlasste FIM und Dorna damit zu einer Regeländerung mit umfangreichen Zugeständnissen an Ducati. Parallel zum Werksteam ließ man auch Andrea Iannone bei Pramac umfangreiche Unterstützung zukommen. Für seine Verdienste wurde der Italiener prompt mit einem Aufstieg ins Werksteam belohnt, wo er ab 2015 den glücklosen Crutchlow ersetzen wird.

Das Motorrad

Die Lockerung der Entwicklungs-Restriktionen nutzten Dall'Igna und sein Team auch. Ab Mitte der Saison wurde eine GP14.2 genannte Evolutionsstufe der Desmosedici eingesetzt, kleinere Updates brachte man ohnehin an fast jedem Rennwochenende. Gerade beim Motor trieb es Ducati an die Spitze: Zwar brachte man das Motorrad auf fast allen Strecken zur höchsten Endgeschwindigkeit im gesamten Feld, doch mehrfach flogen Dovizioso und Crutchlow in den Sessions Motoren um die Ohren. Der Hauptkritikpunkt der Piloten blieb während der gesamten Saison der gleiche: das Verhalten beim Umlegen in den Kurven. Hier konnte Dall'Igna mit seinen Ingenieuren bislang noch keinen Durchbruch erzielen.

Gigi Dall'Igna machte den Ducati-Ingenieuren Beine, Foto: Ducati
Gigi Dall'Igna machte den Ducati-Ingenieuren Beine, Foto: Ducati

Redaktionskommentar

Auf den Ergebnislisten sah das schon mal ganz gut aus, was Ducati in der abgelaufenen Saison gezeigt hat. Aufgrund der umfangreichen Zugeständnisse muss man aber genauer hinsehen. Und auf den zweiten Blick hat sich an der Kritik der Piloten vom ersten bis zum letzten Rennen kaum etwas geändert. Es ist zwar schön und gut, dass die Desmosedici mittlerweile das Bike mit der höchsten Endgeschwindigkeit in der MotoGP ist, doch Motorradrennen gewinnt man nicht auf der Geraden, sondern in den Kurven. Genau dort hat die Ducati ihre Probleme, doch Dall'Igna hat noch ein Jahr Zeit, bis er ab 2016 unter den gleichen Regeln antreten muss wie Yamaha und Honda. (Michael Höller)