Durch seinen sechsten Saisonsieg und bei nun 39 Punkten Vorsprung ist die WM Marc Marquez nur noch in der Theorie zu nehmen. Das Rennen im Motorland Aragon galt als die womöglich letzte Chance für Weltmeister Jorge Lorenzo und WM-Anwärter Dani Pedrosa, den Siegeszug Marquez' zu stoppen und doch noch eine Wende herbeizuführen. Warum es nicht dazu kam und die Meisterschaft im Falle eines normalen restlichen Saisonverlaufs faktisch entschieden ist, zeigt unsere Rennanalyse.

Der Session-Vergleich Marquez vs. Lorenzo

Session Marc Marquez Jorge Lorenzo
1. Training 1:49.761 (2.) 1:49.753 (1.)
2. Training 1:48.987 (1.) 1:49.405 (4.)
3. Training - -
4. Training 1:48.815 (2.) 1:49.221 (5.)
Qualifying 1:47.804 (1.) 1:47.814 (2.)
Rennen 42:03.459 (1.) 42:04.815 (2.)
Schnellste Rennrunde 1:48.788 (2.) 1:48.860 (3.)

Marc Marquez' Rennen

Fast schon symptomatisch startete Marquez denkbar schlecht und verlor seinen ersten Startplatz umgehend an Jorge Lorenzo. So machem dürften umgehend die Bilder des vergangenen Rennens in Misano durch den Kopf geschossen sein, als Lorenzo nach Katapultstart zu seinem Start-Ziel-Sieg auf und davon fuhr.

Der MotoGP-Titel scheint nach Marquez Triumph in Aragon bereits entschieden, Foto: Bridgestone
Der MotoGP-Titel scheint nach Marquez Triumph in Aragon bereits entschieden, Foto: Bridgestone

Nach einer Runde betrug der Rückstand von Marquez auf Lorenzo bereits über eine Sekunde, zudem kam der WM-Leader seinerseits direkt unter Druck von Teamkollege Pedrosa. Anders als in Misano fand Marquez jedoch sofort seinen Rhythmus und fuhr im Anschluss mit Rundenzeiten von 1:48.788 Minuten, 1:49.031 Minuten sowie 1:49.195 Minuten umgehend seine schnellsten Rennrunden. Zusammen mit Pedrosa schloss er so die Lücke auf Lorenzo, die sich erst durch den folgenschweren Kontakt der beiden Honda-Maschinen, der Pedrosa letztlich aus dem Rennen warf und Marquez in die Auslaufzone zwang, wieder vergrößerte.

Mit Ausnahme der ersten Runde und Unfallrunde sechs war Marquez bis zu seinem Überholmanöver in Runde vierzehn in jeder einzelnen Runde schneller als Lorenzo. Dabei blieb er zwischen Runde sieben und zwölf stets bei Rundenzeiten unter 1:49.600 Minuten. Erst als Marquez eine Runde später mit gut einer Sekunde Differenz an der Spitze lag, begann er, das Rennen mehr zu kontrollieren. Als ihm Lorenzo gegen Ende noch einmal zu nahe kam, drehte der 20-jährige WM-Leader allerdings scheinbar spielend am Gas und fuhr in den letzten vier Umläufen zwei seiner sechs schnellsten Rennrunden, gewann schließlich mit rund 1,4 Sekunden Vorsprung.

Jorge Lorenzos Rennen

Wie gewohnt startete der amtierende Weltmeister am stärksten und fuhr sich bereits nach einer Runde ein Polster von einer Sekunde an der Spitze heraus. Wie in Misano wollte Lorenzo offenbar schnell eine Lücke zu den sich bekriegenden Hondas aufreißen und knallte in den anschließenden drei Umläufen mit Zeiten von 1:48.860 Minuten, 1:49.284 Minuten und 1:49.481 Minuten drei seiner vier schnellsten Rennrunden auf die Strecke. Jedoch schaffte es Lorenzo trotz größter Bemühungen nicht, die in Aragon traditionell überlegenen Honda-Werksmaschinen abzuschütteln.

Nüchtern betrachtet gilt es festzustellen, dass sowohl Pedrosa als auch Marquez ohne das Malheur in runde sechs wohl beide eher früher als später an Lorenzo vorbeigegangen wären. Selbst das Geschenk von knapp zwei Sekunden Polster half Lorenzo nichts, der trotz unglaublicher Konstanz mit Zeiten zwischen 1:49.600 Minuten und 1:49.900 Minuten von Runde fünf bis dreizehn mit Ausnahme von Umlauf sechs stets mehrere Zehntelsekunden auf Marquez einbüßte.

Wie groß der Druck durch Marquez auf Lorenzo war und wieviel Respekt der Weltmeister vor seinem Widersacher hat, zeigte eine Szene, als sich Lorenzo kurz vor Marquez Überholmanöver nach diesem umdrehte - in den Augen vieler ein Zeichen von Schwäche. Wenig später ließ Lorenzo Marquez scheinbar wehrlos passieren.

Nach eigenen Angaben war Lorenzos Plan, lieber in Lauerstellung hinter Marquez zu bleiben, sich vom Druck zu erholen, und gegen Ende noch einmal anzugreifen. Dies belegen auch die Rundezeiten des Weltmeisters, der in den Umläufen 14 und 15 zunächst eineinhalb Sekunden, dann eine halbe Sekunde lansamer fuhr als davor. Im Anschluss produzierte Lorenzo in der Jagd auf Marquez vier schnelle Runden in den Mitt-Neunundvierzigern, hatte gegen die Überlegenheit der Kombination Marquez und Honda jedoch nie mehr eine reelle Chance.

Gegen die Übermacht Hondas halfen auch Lorenzos außergewöhnlichen Fahrkünste nichts, Foto: Bridgestone
Gegen die Übermacht Hondas halfen auch Lorenzos außergewöhnlichen Fahrkünste nichts, Foto: Bridgestone

Dani Pedrosas Rennen

Zwar schied Dani Pedrosa nach dem Kontakt durch Marc Marquez in Runde sechs unglücklich aus, jedoch wäre es angesichts seiner Stärke zu Beginn des Rennens fatal, nicht zumindest hypothetisch seinen Einfluss auf das Rennen zu skizzieren und einige Überlegungen anzustellen, wie der Rennverlauf sich alternativ hätte entwickeln können.

Nach einem ordentlichen Start behielt Pedrosa seinen dritten Rang und fand sich nach einer Runde knapp 1,5 Sekunden hinter Lorenzo und 0,4 Sekunden hinter Marquez wieder. Direkt in Runde zwei reagierte der Vorjahressieger allerdings mit der deutlich schnellsten Rennrunde von 1:48.565 Minuten, gefolgt von zwei weiteren Traumumläufen von 1:48.917 Minuten und 1:49.134 Minuten.

Fast zwangsläufig fand sich Pedrosa in Runde fünf unmittelbar hinter Marquez wieder und überholte diesen scheinbar spielend mit einer weiteren Spitzenzeit von 1:49.377 Minuten. Nachdem Marquez direkt versuchte, zu kontern, entwickelte sich über kanpp eine Runde ein sehenswertes Duell, ehe bereits erwähnter Kontakt zwischen Marquez' Vorderrad und Pedrosas Hinterrad das Kabel dessen Traktionskontrolle durchtrennte und ihn infolge der versagenden elektronischen Fahrhilfe wenig später per Highsider auf den spanischen Asphalt beförderte.

Bereits einmal in dieser Saison in Silverstone sah sich Pedrosa gezwungen, nach einem missglückten Start und unter starker Tortur seiner Reifen eine größere Lücke auf Lorenzo und Marquez zuzufahren. Die in Mitleidenschaft gezogenen Pneus beraubten ihn schließlich gegen Ende des Rennens der Möglichkeit, Das Top-Duo noch einmal anzugreifen.

Ein solcher Verlauf schien sich in diesem Rennen jedoch nicht anzubahnen, zumal Pedrosa im Gegensatz zu seinen Kontrahenten mit der härteren Gummimischung auf dem Vorderreifen unterwegs war. Angesichts der Überlegenheit der Hondas und Pedrosas Dominanz in den ersten Runden wäre ein Einlauf Pedrosa-Marquez-Lorenzo ohne den Sturz also ein durchaus denkbares Szenario gewesen.

Fazit des Rennens

Die Kombination Marquez und Honda scheint momentan nur schwer schlagbar zu sein. Selbst wenn Lorenzo die restlichen vier Rennen gewinnt, reichen Marquez drei dritte und ein zweiter Rang zum Titel. Und dass außer durch einen Sturz wie den von Dani Pedrosa oder einem technischen Defekt einmal nicht die drei Ausnahmefahrer auf dem Podest stehen, scheint so wahrscheinlich wie ein Tag ohne Sonnenaufgang.

Da Marquez trotz seiner jungen Jahre wie bewiesen auch mit Fehlern und Rückstand problemlos umgehen kann und den Druck scheinbar spielend ausblendet, scheint ein Scheitern des Ausnahmetalents umso unwahrscheinlicher.

Bei 59 Punkten Rückstand auf Marquez ist die WM für Pedrosa definitiv gelaufen und auch Rang zwei scheint angesichts Lorenzos Form in den letzten Wochen ebenfalls unwahrscheinlich.