Warum bist du 1997 unter die Teambesitzer gegangen?
Fausto Gresini: "Meine Karriere als Fahrer war beendet und ich entschied, dass ich noch immer viel Liebe für Motorräder übrig hatte und entschied, einen neuen Prozess zu beginnen. Es ist besser, ein junger Teambesitzer zu sein, als ein alter Fahrer. Das ist mein Stil. Für mich ist es wichtig, mit Motorrädern weiterzumachen. Ich liebe die Motorräder zu sehr, um nicht so weiterzumachen."

Wie schwierig war es, sich daran zu gewöhnen, ein Teambesitzer anstatt eines Fahrers zu sein?
Fausto Gresini: "Ich habe meine neue Karriere als Teambesitzer bei Honda Brazil begonnen. Ich startete mit Alex Barros. Ich habe in der besten Klasse begonnen. Es ist sehr schwierig. Einen guten Fahrer wie Alex mit meiner Geschichte in Italien und einen Sponsor mit meiner Vergangenheit zu haben machte den Start erst möglich. Aber es ist klar, dass für mich alles neu war. Es ist komplett anders als zu fahren und es ist ein neuer Weg zu arbeiten. Es gibt viele Leute, die mit mir arbeiten. Es war, als würde ich eine Firma gründen. Es war komplett anders und schwierig. Es ist wichtig, sich Zeit zu nehmen, um das neue Arbeitssystem zu verstehen; das ist im Gesamtzusammenhang wichtig. Als Fahrer ist es wichtig, sich körperlich vorzubereiten und in guter mentaler Form zu sein. Als Teambesitzer ist es ein ganz anderer Ansatz. Man arbeitet den ganzen Tag mit den Problemen der Mechaniker, den Problemen am Bike und vielen, vielen Teilen."

In diesem Jahr ist Gresini Racing in allen drei Klassen vertreten und in der CRT.
Fausto Gresini: "Diese Saison haben wir in der Moto3 und als CR-Team ein komplett neues Bike. Das ist eine große Herausforderung. Momentan haben wir noch nicht einmal eine Moto3 Ausrüstung. Sie wird gerade entwickelt und ist noch nicht fertig, außerdem haben wir die Teile nicht. Die CRT-Maschine bekamen wir Ende Februar, das war das erste Bike, was ziemlich kompliziert ist. Es ist klar, dass es wichtig ist, das neue Projekt zu starten. Meine Rennteam-Gruppe besteht aus 15 Leuten und das ist eine wichtige Gruppe. Wir haben die gleiche Struktur in der Werkstatt, die gleiche Hospitality. Das reduziert die Kosten. Für mich ist es eine wichtige Strategie, eine Strategie, mit der wir in jeder Kategorie sein können. Es ist wichtig, ein gutes Projekt zu haben, um die Fahrer zu verbessern. Wir haben ein Projekt mit Honda Italien, um junge Fahrer zwischen neun und 13 Jahren auf der Honda NSF 100 zu fördern und diese Meisterschaft ist genauso wichtig, um junge italienische Fahrer auf die Zukunft vorzubereiten. Aus diesem Grunde starten wir auch in der Moto3 und da haben wir San Carlo als Sponsor."

Du hast zwei Titel in der 125ccm Klasse gewonnen, aber nun scheint es da kaum noch junge, gute italienische Fahrer zu geben...
Fausto Gresini: "Ich denke, dass die Teams und Verbände nicht mehr allzu viel in junge Fahrer investieren. In den nächsten zwei oder drei Jahren will die italienische Föderation investieren und das wird die Dinge ändern. Mein Team und Honda Italien haben in junge Fahrer investiert und nun sieht es so aus, als bekämen wir neue, vielleicht gute Fahrer und das ist ein neuer Prozess. Wir beginnen diese neue Prozedur; es ist wichtig, dass es fünf Jahre andauert, das ist klar. Eines Tages werden alle mit jungen Fahrern arbeiten. Wir hatten Piloten wie [Loris] Capirossi, Valentino [Rossi], Marco [Simoncelli], [Marco] Melandri und viele weitere gute Fahrer. Für mich war das kein Fehler. Nun hat die Föderation ein Team, das Ioda Team Italia und das ist gut so. Außerdem investiert Honda Italien viel Geld, um die jungen Fahrer zu fördern."

Warum hast du dich für Alvaro Bautista entschieden?
Fausto Gresini: "Es ist klar, dass das ein wenig komisch klingt. Es war auch klar, dass wir uns für einen anderen Weg entscheiden mussten, als Marco [Simoncelli] nicht mehr da war. Dovi [Andrea Dovizioso] war da allerdings schon bei Tech 3. Für mich ist es in diesem Moment nicht so wichtig, einen italienischen Fahrer zu haben, das muss nicht sein. Wichtig ist mir, dass das Gefühl gut ist und aus diesem Grund tausche ich auch gern die Nationalitäten aus. Ich will nicht unbedingt mit einem italienischen Fahrer auf Marcos Bike weitermachen. Es ist wichtig, sich ein bisschen Zeit zu nehmen und mit einem spanischen Fahrer etwas Abstand zu gewinnen. Die ganze Zeit über, in der ich mit Motorrädern gearbeitet habe, habe ich sie geliebt. Nun ist es schwierig, es ist anders. Marcos Tod hat vieles verändert, was für mich momentan nicht gut ist. Es ist nicht mehr die große Liebe. Die Arbeit mag ich zwar noch immer, aber wenn ich auf die Rennstrecken komme, fühle ich mich nicht mehr so gut. Ich denke, das wird ein langer Weg.""

Fausto Gresini hat immer ein besonderes Verhältnis zu seinen Fahrern, Foto: Milagro
Fausto Gresini hat immer ein besonderes Verhältnis zu seinen Fahrern, Foto: Milagro

Warst du mit jedem deiner Fahrer so eng verbunden?
Fausto Gresini: "Ja, das ist für mein Team grundlegend, es ist wichtig, denn wir haben eine Familie. Es ist eine Familie und das Verhältnis ist dabei natürlich wichtig, schließlich arbeiten wir Tag für Tag mit den Fahrern zusammen. Marco war ein sehr besonderer Mensch und das ist ein weiterer wichtiger Punkt, wir haben extrem eng mit ihm gearbeitet und das machte die Arbeit viel leichter. Er war ein liebenswürdiger Mensch."

Warum habt ihr euch für eine CRT Maschine entschieden?
Fausto Gresini: "Seit vier, fünf Jahren hat die MotoGP viele Probleme und in jedem Jahr wird es aus finanzieller Sicht immer schwerer. Es ist kein Geld da und jedes Jahr steigen die Kosten für Motorrad und Fahrer. Außerdem sank die Anzahl der MotoGP-Piloten Jahr für Jahr. Für die Dorna ist das ein Notfall, es war wichtig, denn es ist klar, dass die Hersteller nicht darauf hinarbeiten, die Anzahl der Starter zu erhöhen und in diesem Fall war es wichtig, dass die Dorna anders arbeitet. Wenn nicht, wäre die MotoGP sicher bald Geschichte gewesen. Wir brauchten eine große Veränderung und das ist der Grund, die Kosten zu senken und in neue, junge Fahrer zu investieren. Das ist ein erster Schritt. Die Hersteller haben meiner Meinung nach nicht die richtige Einstellung zu diesem Problem. Es ist auch kein Problem für die Hersteller, sondern für die Dorna und natürlich liegt das auch an der weltweiten Wirtschaftskrise. Daher ist klar, dass die Kosten gesenkt werden müssen. Die Werke hingegen haben die Kosten, das Rennbudget erhöht, aber die Motorräder nicht billiger gemacht. Warum? Das ist ein Problem. Es ist deutlich, dass die Teams in dieser Situation so nicht weitermachen können. Die CRTs repräsentieren einen neuen Geschichtsabschnitt. Ich weiß nicht, ob das gut ist oder nicht. Es ist klar, dass die Bikes nicht mithalten können, aber momentan ist es wichtig, die Startaufstellung voll zu bekommen, Fahrer zu haben, die da sind, um diesen neuen Abschnitt zu beginnen."

Wärst du lieber mit zwei Prototypen weitergefahren?
Fausto Gresini: "Natürlich wäre ich in diesem Jahr lieber mit zwei Prototypen weitergefahren, aber ich habe keine Wahl und deshalb änderte ich meinen Plan. Das war eben nötig. Die Hersteller, die Dorna und die FIM bemerkten, dass das neue System eine gute Kombination ist. Für die Hersteller, die Teams ist es wichtig, dass sie weitermachen können und drei oder vier Jahre später wäre es wohl zu schwer gewesen, so fortzufahren. Alle brachten Opfer und haben hier und da versucht einzusparen. Sicherlich hätten wir so nicht weitermachen können, wir hätten irgendwann keine Möglichkeit mehr gehabt, so weiterzumachen und das wär mit Sicherheit das Ende der Meisterschaft gewesen. Es gab für mich keine Möglichkeit, mit dem Team so weiterzumachen, bei diesen Kosten ist es unmöglich."

Ihr seid auch von Öhlins zu Showa gewechselt...
Fausto Gresini: "Für mich ist Showa eine gute Firma. Wir haben zehn Jahre lang mit Showa gearbeitet und haben gute Erinnerungen an sie, wir haben mit ihnen Rennen auf konkurrenzfähigem Material gewonnen. Alle Teams haben Öhlins... und für mich ist es wichtig, dass Showa nur ein Team repräsentiert und wir sind das Top-Team und sie arbeiten mit uns. Das ist unsere Strategie für mein Team und sicherlich hat Showa eine hohe Motivation, sich wieder in der MotoGP zu beweisen. Dabei gibt mein Team Showa den Schlüssel, um in der Königsklasse zu sein; ein gutes Bike und einen guten Fahrer. Das ist sehr positiv."

Aber könnte es für Bautista nicht schwierig werden, die ganze Entwicklungsarbeit zu leisten?
Fausto Gresini: "Wir haben mit Showa einen Vertrag für die Moto3, die Moto2, CRT und die MotoGP unterschreiben, also ist die ganze Familie mit ihnen verbunden. Ich denke das zeigt, dass sie einen Neuanfang wagen wollen, was ziemlich gut ist. Sie haben Interesse an allen Kategorien. Ich denke Showa plant auf lange Zeit, mehr Fahrer zu haben, aber wir sind glücklich, mit ihnen beginnen zu dürfen."

Du scheinst zu deinem Hauptsponsor, San Carlo, eine gute Beziehung zu haben...
Fausto Gresini: "Die gemeinsame Basis mit San Carlo ist die Liebe zum Motorrad. Das ist sehr wichtig für den Präsident Alberto Vitaloni. Wir arbeiten jetzt schon sieben Jahre lang zusammen; 2012 ist es das fünfte Jahr als Hauptsponsor und wir haben eine gute Verbindung zu dieser Firma. Sie sind die Führenden Chips Hersteller in Italien und sie haben Abnehmer in Spanien, Frankreich, Deutschland, Belgien, Holland, der Schweiz und vielen anderen Ländern in Afrika. Vor zwei Jahren haben sie nach Katar verkauft und es ist wirklich ein großes Unternehmen. Das ist für mich sehr wichtig. Ich habe viele Sponsoren, die uns schon lange Zeit treu sind, wie San Carlo, Castrol und Agos. Es ist für ein Team natürlich immer wichtig, eine Beziehung und gute Verbindung zu den Sponsoren zu haben."