Als Valentino Rossi Ende 2003 von Honda zu Yamaha ging, wollte er vor allem eines beweisen: Es kommt auf den Fahrer an, nicht auf die Maschine. Damals war man der Überzeugung, dass seine Dominanz in der MotoGP-Klasse einzig an der Werks-RC211V lag. Doch schon mit dem ersten Sieg im ersten Rennen für Yamaha ließ Rossi dieses Manifest wackeln, als er 2004 in Welkom gewann.

In Katar wird diese Frage ab Sonntagabend erneut aufgewärmt, wenn auch jetzt in anderer Form und unter anderen Bedingungen. Dieses Mal heißt es: Liegt Katar dem Australier Casey Stoner, oder geht dort die Ducati einfach dominant gut? Rossi-Fans wäre sicher Letzteres nicht unlieb.

Die letzten Jahre dominierte Stoner in Katar., Foto: Honda
Die letzten Jahre dominierte Stoner in Katar., Foto: Honda

Stoner oder Ducati, wer dominiert Katar?

Casey Stoner und Katar, das war in den letzten Jahren nicht zu schlagen. Und bei den letzten Testfahrten des Jahres gilt es für den australischen Honda-Werksneuling seine Form nur noch einmal zu untermauern. Fast schon dominant waren er und sein Teamkollege Dani Pedrosa zuletzt in Sepang unterwegs. Und Stoner liebt Katar, kann sich dort nur selbst schlagen, wie eben die Saison 2010 auch gezeigt hat. Aber unter normalen Umständen ist er dort der Top-Favorit - nicht nur bei diesem abschließenden Test, sondern auch beim Saisonauftakt eine Woche später an gleicher Stelle.

Runde drei Wochen haben nun aber auch Rossi und Ducati wieder Zeit gehabt, nach den doch mittelprächtigen Tests von Sepang zu handeln. Beim Fahrer selbst stellt sich die Frage, wie sich diese Zeit auf die weitere Genesung seiner Schulter ausgewirkt hat, beim Motorrad stellt sich nun die Frage: Ist Katar einfach eine Strecke, die der Desmosedici entgegenkommt? Wenn dem wirklich so sein sollte, dann könnte Rossi erstmals auf der Ducati für Furore sorgen und in die MotoGP-Spitze vorstechen. Und im Rennbetrieb ist der neunfache Weltmeister eh unberechenbar stark.

Wird Valentino Rossi sich in Katar mit der Ducati endlich anfreunden können?, Foto: Ducati
Wird Valentino Rossi sich in Katar mit der Ducati endlich anfreunden können?, Foto: Ducati

"Die anderen" bei Honda

Nach der Form, die Dani Pedrosa, Andrea Dovizioso und auch Marco Simoncelli bei den ersten Tests des Jahres an den Tag gelegt haben, dürfte die Erfolgswelle bei den Honda-Werksfahrern wohl auch in Katar nicht abreißen. Einzig Pedrosa ist etwas im Rückstand, verglichen zum Rest des Feldes. Denn der Spanier, der meist mit irgendwelchen Verletzungen in die Saison startete, konnte sicher noch nicht so viele Am-Limit-Runden drehen, wie die Konkurrenz. 2011 aber ist die Honda deutlich besser als vor einem Jahr, Pedrosa ist verletzungs- und schmerzfrei und wird daher sicher wieder im vorderen Feld zu finden sein. Dovizioso und Simoncelli sowieso.

Fraglich ist noch die Situation um Hiroshi Aoyama, denn in seinem Heimatland Japan herrscht derzeit aufgrund von Erdbeben, Tsunami und Problemen in Atomkraftwerken der Ausnahmezustand. Über Twitter verkündete er zwar: "Ich bin okay", aber die Frage wird sein, ob er den Kopf zum Fahren frei hat. Wenn nicht, dann wäre das auch mehr als verständlich.

Lorenzo und der Schrei nach Leistung

Yamaha-Werkspilot Jorge Lorenzo schreit immer lauter nach mehr Motorleistung für seine Yamaha M1. Doch das lässt sich nicht so schnell umsetzen. Auch wenn der Spanier beteuert, dass das Gesamtpaket ein Gutes ist, will er doch mehr Pferde unter seinem Hintern haben. Sollte die Yamaha wirklich große Defizite in der Spitzenleistung aufweisen, wird es in Katar schwer. Die Strecke gilt als extrem flüssig und mit 1,068 Kilometern ist die Zielgerade doch extrem lang.

Doch mangelnde Motorleistung dürfte nicht Lorenzos einziges Problem sein, denn langsam aber sicher gerät der amtierende Champion von mehreren Seiten her unter Druck. Zum einen erklärt ihn fast der komplette Rest des MotoGP-Feldes zum Top-Favoriten auf die Titelverteidigung, zum anderen drückt Teamkollege Ben Spies. An zwei der letzten drei Testtage in Sepang ging der US-Amerikaner als Sieger aus dem Teamduell hervor und Katar lag ihm schon bei seinem ersten Auftritt dort, als er 2009 in seinem zweiten Superbike WM-Rennen überhaupt einen Doppelsieg feierte. Und mit Rang fünf beim MotoGP-Debüt letztes Jahr zog sich Spies ebenfalls achtbar aus der Affaire. Und mit seiner nun zweiten Saison in dieser Klasse und mit Werksmaterial stehen die Chancen noch besser.

Hatte den Teamkollegen zuletzt im Griff: Ben Spies., Foto: Yamaha
Hatte den Teamkollegen zuletzt im Griff: Ben Spies., Foto: Yamaha

Das Mittelfeld

Interessant zu sehen sein wird, ob Colin Edwards weiter auf seiner Erfolgswelle schwimmen kann, welche er beim letzten Test hatte. Der Texaner lag konstant in den Top Ten und kratze dabei auch an den Spitzenplätzen. Wenn bei ihm alles gut abgestimmt und er gut drauf ist, dann ist der zweifache Superbike Weltmeister sicher wieder für die ein oder andere Überraschung gut - und wenn es denn im Regen ist.

Bewährungsprobe für Alvaro Bautista und die Suzuki. Dass die GSV-R bei heißen Bedingungen wie eben in Sepang hervorragend funktioniert, ist schon lange bekannt. Aber sobald es kühler wird, hatten die Himmelblauen immer wieder Probleme. Und da es bekanntermaßen in Katar nachts auch ziemlich kühl werden kann, müssen Bautista und Suzuki nun beweisen, dass sie die GSV-R eben bei allen Bedingungen zum Laufen bekommen.

Ducati-Armada

Dass Rossi Motorradfahren kann, steht außer Frage und es ist nur eine Frage der Zeit, ehe er wieder an der Spitze mitmischt. Aber was wird aus Nicky Hayden, Hector Barbera, Randy de Puniet und Loris Capirossi? Alle vier hatten bislang Mühe, sich mit der Desmosedici GP11 zurechtzufinden und auf Tempo zu kommen. Vielleicht verlassen sie sich auch etwas zu sehr auf die Entwicklungskünste Rossis, doch der hat schon betont, dass die DNA der Ducati nicht geändert werden soll, sondern dass er sich anpassen will. Der Katar-Test wird also für Hayden, Barbera, de Puniet und Capirossi die letzte Gelegenheit vor dem Saisonstart, auch an ihrem Fahrstil zu arbeiten.

Kommt endlich wieder auf eine Strecke, die er kennt: Cal Crutchlow., Foto: Milagro
Kommt endlich wieder auf eine Strecke, die er kennt: Cal Crutchlow., Foto: Milagro

Rookies

Der Brite Cal Crutchlow hat in Katar einen Vorteil, den er in Sepang nicht hatte: Er kennt die Strecke. 2009, in seinem WM-Jahr in der Supersport-Klasse, holte er dort damals den dritten Rang hinter Eugene Laverty und Andrew Pitt. Und mit seinen Fortschritten, die er zuletzt machen konnte, liegt er auf jeden Fall voll im Plan. Mit der Zeit wird der Tech 3-Yamaha-Pilot immer schneller werden, der Anschluss zum Feld der Etablierten ist bereits gelungen.

Karel Abraham aus der Tschechischen Republik sitzt ebenfalls auf einer Ducati, doch als Rookie hat er sicher noch Zeit, um auf Tempo zu kommen. Dabei schnitt der Moto2-Valencia-Sieger aus dem letzten Jahr bei den Tests schon viel besser ab, als er selbst erwartet hatte. Auch er kennt die Strecke von Katar und er wird sich gewiss weiter steigern.

Den großen Schritt nach vorn muss Toni Elias bringen. Der amtierende Moto2-Champion, der in die MotoGP-Klasse zurückgekehrt ist, kam bislang noch nie so richtig auf Touren und hat sichtbar Probleme sich auf der Honda zurechtzufinden. Doch am Motorrad kann es nicht liegen, wenn man bedenkt, dass alle anderen Markenkollegen die Top Ten dominieren.