Toll gekämpft, alles richtig gemacht, von Startplatz zwölf auf Rang fünf nach vorne gefahren und trotzdem den erhofften Meistertitel endgültig verloren - Bruno Senna war nach der Entscheidung in Monza schon etwas enttäuscht, obwohl er sich absolut nichts vorzuwerfen hatte. "Ich habe getan, was ich konnte, mehr war einfach nicht drin, gerade unter diesen Bedingungen. Am Anfang war es sehr schwierig, die Sicht war gleich null. Nach der zweiten Lesmo stand die Gischt zwischen den Bäumen. Es war schon richtig, hinter dem Safetycar zu starten, sonst wäre wahrscheinlich am Anfang noch deutlich mehr passiert. Bei dem Crash in der ersten Runde vor mir konnte ich gar nicht richtig erkennen, wer da beteiligt war. Ich habe nur gesehen, dass mehrere Autos geflogen sind..."

Der Brasilianer konnte dann einige weitere Plätze gutmachen, vor dem Boxenstopp auf inzwischen abtrocknender Strecke war er Sechster: "Ich glaube, wir haben zum genau richtigen Zeitpunkt gewechselt, ziemlich früh, und als ich dann meine Reifen schon auf Temperatur hatte, konnte ich ganz gut attackieren." So kam er dann auch mit einiger Mühe an Roldan Rodriguez vorbei, "obwohl ich nie ein gutes Gefühl habe, wenn ich den überholen muss, weil man nie weiß, was er macht. Und nachdem mich vorher schon Valsecchi beinahe mal abgeschossen hätte, war ich lieber etwas vorsichtiger."

Der nächste wäre Grosjean gewesen, "ich war dann im Trockenen etwas schneller als er, aber es hat halt nicht mehr ganz geklappt. Ich konnte nicht riskieren, ohne Punkte zu bleiben, wenn di Grassi vorne gewinnt und zehn Punkte macht. Deshalb habe ich nach dem ersten Versuch nicht mehr angegriffen. Ich hätte zwar locker 1:35er-Runden und damit wahrscheinlich auch die schnellste Runde fahren können, wenn ich vorbeigekommen wäre, aber ich wollte kein zu großes Risiko eingehen. Außerdem waren am Ende auch noch teilweise gelbe Flaggen draußen. Ich war so aggressiv, wie ich sein konnte, ohne dabei eine Dummheit zu machen, auch wenn ich natürlich gern noch die Pünktchen geholt hätte, um die Entscheidung bis morgen offen zu halten."

Das Gefühl der Machtlosigkeit machte sich bei Senna und seinem iSport-Team breit, Foto: GP2 Series
Das Gefühl der Machtlosigkeit machte sich bei Senna und seinem iSport-Team breit, Foto: GP2 Series

Für den Sonntag hofft er auf einen Sieg zum Abschluss - und damit auf ein versöhnliches Saisonende, nach all den Widrigkeiten des Jahres: "Es ist schon sehr viel, was uns bei iSport in diesem Jahr an komischen Dingen passiert ist. Das Meisterschaftsergebnis spiegelt deshalb aus unserer nicht ganz die wahren Kräfteverhältnisse wider, aber das ist halt im Rennsport manchmal so. Trotzdem, ein gewisses Gefühl der Leere hinterlässt es halt erstmal schon, wenn man letztlich durch Dinge verliert, die außerhalb der eigenen Kontrolle liegen."

Ein Gefühl, dass auch Teamchef Paul Jackson teilte. "Bruno hat das ganze Jahr über einen sehr guten Job gemacht, und auch heute. Von Platz zwölf auf fünf - mehr konnte man wirklich nicht erwarten. Aber wir haben den Titel nicht heute verloren, sondern durch die vielen anderen Ereignisse und das ist halt enttäuschend. Es ist schwer zu akzeptieren, wenn man machtlos ist. Wir hatten wirklich so ziemlich alles, was man sich vorstellen kann oder auch nicht: Den Hund, Kupplungs- und Getriebeprobleme, Strafen... Aber ich glaube nicht, dass das für Bruno negative Auswirkungen hat. Die Leute, auf die es ankommt, haben sein Potenzial gesehen. Er hat auch heute wieder einen sehr professionellen Job gemacht, das Auto unter schwierigen Bedingungen weit nach vorne und ins Ziel gebracht. Das ist das, was Formel-1-Teammanager sehen wollen."