Hiobsbotschaft für Porsche : Werksfahrer Antonio Felix da Costa, der das Samstagsrennen der Formel E in Misano auf der Strecke für sich entschieden hat, wurde rund fünf Stunden nach dem Ende des Rennens disqualifiziert. Nissan-Werksfahrer Oliver Rowland erbt den Sieg und gewinnt zum ersten Mal seit dem Berlin ePrix 2020 ein Rennen in der Elektro-WM. Grundlage dafür ist laut den Stewards eine Feder am Strompedal von Felix da Costas 99X, die sich nicht im Einklang mit dem Reglement befunden habe.

Am späten Samstagabend ließ Porsche mitteilen, dass der deutsche Autobauer die Absicht erklärt habe, gegen die Entscheidung der FIA Berufung einzulegen und weitere Schritte zu evaluieren. Porsche hat nun 96 Stunden Zeit, auch schriftlich Berufung einzulegen, sodass der Fall vor dem Berufungsgericht verhandelt wird. Bis dahin sind das Rennergebnis und die Meisterschaftsstände vorläufig.

Sieger Antonio Felix da Costa (TAG Heuer Porsche Formula E Team) feiert im Pool
Am Samstag feierte Felix da Costa seinen Sieg noch ausgelassen, Foto: LAT Images

Porsche: Feder seit 2023 im Einsatz

Kurios mutet an, dass die fragliche Feder laut Porsche bereits seit dem Beginn der Saison 2023 im Einsatz gewesen sei. Bei dieser handelt es sich um ein Einheitsbauteil des Herstellers Spark Racing Technology. Vertreter von Spark bestätigten gegenüber den Rennkommissaren, dass die fragliche Feder zwar auf der Teileliste für die Gen2-Autos (2018/19-2022) angeführt gewesen sei, jedoch nicht auf jener für die Gen3-Autos, die seit 2023 im Einsatz sind.

Porsches Team-Manager James Lindesay gab in der Anhörung der Stewards zu, dass sich das versiegelte Teil nicht auf der Spark-Liste befand. Zugleich merkte er jedoch an, dass normalerweise Änderungen im Spark-Katalog hervorgehoben werden, sodass jeder die Änderungen sehen könne.

Stewards: Disqualifikation auch ohne Performance-Vorteil

Dem widersprachen hingegen die Spark-Abgesandten Jeremy Boudot und Pierre Prunin, die verlautbaren ließen, dass die Entfernung von Teilen aus dem Spark-Katalog weder hervorgehoben, noch annulliert werde.

Die Stewards kamen schlussendlich zu dem Fazit, dass Felix da Costa disqualifiziert werden müsse, denn: "Es ist die Verantwortung des Teilnehmers, sicherzustellen, dass das Auto den Regularien entspricht, selbst wenn es keinen Performance-Vorteil nach sich zieht."

Bittere Disqualifikation: Das sagt Felix da Costa

Eine Reaktion von Antonio Felix da Costa selbst ließ nicht lange auf sich warten. Unter der Verlautbarung der Formel E auf der Plattform Instagram, zeigte sich der Formel-E-Champion von 2020 frustriert: "Die Gaspedalfeder war ein ursprüngliches Teil von Spark, welches das ganze letzte Jahr benutzt und aus dem Regelwerk entfernt wurde, ohne die Teams davon in Kenntnis zu setzen."

Der Portugiese vermutete deshalb noch weitere Sünder im Formel-E-Feld: "Wie viele Autos sind da draußen, die mit dieser Feder unterwegs sind?" Auf X, vormals Twitter, legte Felix da Costa nach: "Es ist traurig für den Sport und die Fans, zu versuchen, das zu erklären und zu verstehen." Zugleich schob er jedoch hinterher: "Regeln sind Regeln…"

Felix da Costa bei Porsche unter Druck

Besonders bitter ist die Entscheidung für Felix da Costa gerade deshalb, weil der Misano-Sieg für ihn nach einem schwierigen Saisonstart einen Befreiungsschlag dargestellt hätte. Felix da Costa war an den ersten drei Rennwochenenden punktlos geblieben, während Teamkollege Pascal Wehrlein den Saisonauftakt gewann und auf der zweiten Position in der Fahrer-WM lag. Wie The Race zuerst berichtete, absolvierte Porsche in der rund eineinhalb Monate langen Rennpause zwischen dem zweiten Rennen in Saudi-Arabien (27. Januar) und dem Sao Paulo ePrix (16. März) einen Test mit Abt-Cupra-Pilot Nico Müller auf der Rennstrecke im spanischen Almeria.

Besonders pikant, da Müller nicht nur für ein konkurrierendes Team in der Formel-E-Saison 2024 unterwegs ist, sondern zugleich mit der Power eines konkurrierenden Herstellers fährt (Mahindra). Zwar stabilisierten sich in Sao Paulo (Platz sechs) und Tokio (P4) die Leistungen Felix da Costas, dennoch stand der 32-Jährige in Misano unter Druck.

Nico Müller startet in der Formel E für das Team Abt-Cupra
Abt-Cupra-Pilot Nico Müller gilt als Nachfolgekandidat Felix da Costas bei Porsche, Foto: LAT Images

Auswirkungen auf Rennergebnis und Meisterschaft

Auch in der Team-Weltmeisterschaft kommt die vorläufige Disqualifikation Porsche teuer zu stehen. Statt mit nur drei Punkten Rückstand auf das Jaguar-Werksteam auf Platz zwei in der Meisterschaft zu stehen, belegen die Zuffenhausener nur Rang vier mit 30 Zählern Rückstand auf die Meisterschaftsführenden.

Formel E: Team-Tabelle nach 6/16 Saisonrennen (vorläufig)

Pos.TeamPunkte
1Jaguar113
2Andretti-Porsche94
3Nissan90
4Porsche83
5DS Penske69

Profiteur Oliver Rowland baut durch den geerbten Sieg seinen Vorsprung in der Fahrer-WM auf neun Punkte gegenüber dem amtierenden Weltmeister Jake Dennis (Andretti-Porsche) aus, der den Misano ePrix I auf Platz zwei beendet. Rowland beendet damit nicht nur eine persönliche Durststrecke: Auch für das Nissan-Werksteam ist es der erste Triumph seit dem Berlin ePrix 2020.

Maximilian Günther erbt den letzten Podestplatz. Der Allgäuer, der als einziger Fahrer im Feld bei jedem ePrix 2024 punktete, zieht dadurch in der Meisterschaft an Porsche-Werksfahrer Pascal Wehrlein vorbei und belegt Rang drei. Die vorläufigen Top-10 des ersten Misano-Rennens komplettieren nach der Felix-da-Costa-Disqualifikation Dan Ticktum (bestes Ergebnis seiner FE-Karriere), Mitch Evans, Jean-Eric Vergne sowie Norman Nato, Stoffel Vandoorne, Sacha Fenestraz und Lucas Di Grassi. Abt-Cupra-Pilot Di Grassi sammelt damit seinen ersten Punkt in der Saison 2024.

Top-5 der Formel E 2024 nach 6/16 Saisonrennen (vorläufig)

Pos.FahrerTeamPunkte
1Oliver RowlandNissan80
2Jake DennisAndretti-Porsche71
3Maximilian GüntherMaserati-DS63
4Pascal WehrleinPorsche63
5Nick CassidyJaguar61