Porsche bestreitet mit Andre Lotterer und Pascal Wehrlein seine dritte Saison in der Formel E - und hält ab dem kommenden Jahr als letzter verbliebener Autobauer aus Deutschland die Fahne hoch. Audi und BMW hatten sich bereits zum Ende der vergangenen Saison aus der Elektro-Rennserie verabschiedet, nach 2022 zieht auch der amtierende Weltmeister Mercedes den Stecker. Die Startlizenz der Silberpfeile übernimmt McLaren, neben Maserati und dem deutschen Privatteam Abt Sportsline einem der drei Neueinsteiger für die Saison 9.

Im Gegensatz zu den anderen deutschen Herstellern hat sich Porsche zur Zukunft der Formel E unter dem neuen Gen3-Rennauto bekannt. Aber: Die Vereinbarung umfasst aktuell nur die ersten beiden Saisons des vierjährigen Gen3-Zyklus. Sollte Porsche ab 2026 tatsächlich in die Formel 1 einsteigen, dürfte zumindest werksseitig Feierabend sein in der Formel E. Immerhin statten die Zuffenhausener ab 2023 mit US-Rennstall Andretti (aktuell mit BMW-Antrieb) erstmals ein Kundenteam aus.

Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach, Foto: Porsche AG
Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach, Foto: Porsche AG

"Wenn es wirklich dazu kommt, dass man einen Einstieg in die Formel 1 entscheidet - in welcher Konstellation auch immer - dann sprechen wir über das Jahr 2026, wenn das neue Reglement greift. Deshalb herrscht momentan überhaupt kein Entscheidungsbedarf bezüglich der Bestandsprojekte", versichert Porsche-Motorsportchef Thomas Laudenbach gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Wie Laudenbach derzeit die Formel E sieht und welche Verbesserungen er sich den von Machern wünscht, lest ihr hier. Das große Exklusiv-Interview mit dem Porsche-Motorsportchef zum LMDh-Einstieg, dem neuen GT3-Porsche, F1-Plänen und Co. gibt es in der aktuellen Print-Ausgabe von Motorsport-Magazin.com.

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Stimmt es, dass sich Porsche in der Formel E nur für die beiden kommenden Saisons des vier Jahre umfassenden Gen3-Zyklus mit dem neuen Auto bekannt hat?
Thomas Laudenbach: Ja, das ist korrekt. Dazu muss man wissen: Porsche hat sich beim Einstieg für fünf Jahre zur Formel E bekannt. Dass diese Dauer nicht ganz parallel zu den Fahrzeuggenerationen verläuft, ist nun einmal so. Wir hatten vor Kurzem den Rollout mit unserem Gen3-Auto. Zu gegebener Zeit werden wir mit dem Vorstand besprechen, ob es weitergeht. Dafür ist es jetzt noch zu früh. Momentan herrscht, um ehrlich zu sein, etwas Land unter beim Formel-E-Team. Die Entwicklung des Gen3-Autos läuft auf Hochtouren, und gleichzeitig bestreiten wir die laufende Saison. Das ist ein sehr anspruchsvolles Parallelprogramm und man kann nicht mal eben die Kapazitäten verdoppeln. Darauf konzentrieren wir uns jetzt und gleichzeitig darauf, mit der Formel E und der FIA diese Serie weiterzuentwickeln.

Porsche war früh dran mit dem Gen3-Rollout. Wie schwierig war das angesichts aktuell herrschender Materialknappheit und Lieferproblemen?
Thomas Laudenbach: Wir würden uns natürlich mehr Material wünschen, und es hat die Sache anspruchsvoller gemacht. Die Situation ist aber für alle gleich. Ich hoffe nur, dass bei den Tests keine Unfälle oder Ähnliches passiert, sodass wir die Arbeit unterbrechen müssen. Die Ersatzteile-Situation ist angespannt. Ich hoffe und bin sicher, dass man sich unter den Herstellern bei diesbezüglichen Notständen während der Testfahrten helfen würde. Da müssen wir miteinander durch!

Foto: Porsche AG
Foto: Porsche AG

Das Interesse an der Formel E ist knapp acht Jahre nach dem ersten Rennen überschaubar, speziell bei Motorsport-Fans. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Thomas Laudenbach: Wir würden uns auch eine steilere Entwicklung wünschen, das ist kein Geheimnis. Dass sich drei deutsche Hersteller zurückgezogen haben beziehungsweise zurückziehen werden, hilft nicht. Ich drücke es ganz vorsichtig aus: Schauen wir mal, wie es da weitergeht. Denn klar ist, dass der Motorsport relevant bleiben muss. Und wir sehen, dass E-Fahrzeuge auf öffentlichen Straßen immer präsenter werden. Wir haben uns durch die anderen Hersteller nicht beeinflussen lassen. Wir sind committet und ziehen das auch durch. Zu glauben, dass der Motorsport langfristig ohne E-Rennserien bestehen kann, wenn wir gleichzeitig auf der Straße hohe E-Anteile haben, ist für mich nicht kompatibel. Es mag sein, dass man noch einmal nachsteuern muss, aber das ist so bei neuen Dingen.

Wir haben den Eindruck, dass die Formel E, inzwischen eine FIA-Weltmeisterschaft, den Fokus in den vergangenen Jahren mehr auf Themen wie Nachhaltigkeit oder Diversität gelegt hat als auf den Rennsport selbst. Würden Sie dem zustimmen?
Thomas Laudenbach: Wenn wir über eine FIA-Weltmeisterschaft reden, muss natürlich der Motorsport ein Kernpunkt sein. Man muss das sehr differenziert betrachten. Man hat versucht, verschiedene Elemente reinzubringen, die der konventionelle Motorsport nicht hat. Das finde ich grundsätzlich gut und richtig. Auch im konventionellen Motorsport wird man in Zukunft neue Elemente brauchen. Vielleicht hat man den Schwerpunkt in der Formel E zu stark darauf gelegt. Gleichzeitig ist das extrem anspruchsvoller Motorsport. Schauen Sie sich nur das Fahrerniveau an. Ich möchte jetzt nicht konkret über Gehälter sprechen, an den mittleren Fahrergehältern kann man in Rennserien aber schon immer ein bisschen erkennen, wie hoch das Niveau ist. Da sage ich ganz klar: Das ist in der Formel E richtig gut."

"Das ist richtiger Motorsport, für den Zuschauer aber vielleicht noch nicht ausreichend zu erkennen. Dass wir diesen Sport dem Zuschauer vielleicht noch ein bisschen besser rüberbringen müssen - spektakulärer - das glaube ich schon. Da sollte man etwas tun. Das ist eines der Kernthemen, über die wir mit der Formel E sprechen. Das Thema ist aber nicht trivial und ich möchte hier auch eine Lanze brechen. Es gibt nach den bekannten Diskussionen aus der vergangenen Saison ein neues Qualifyingformat, und das finde ich sehr gut. Dazu zählt auch die Darstellung der Qualifying-Duelle. Es wurden bereits Dinge entschieden, die in eine wirklich gute Richtung gehen. Bei einer so jungen Rennserie dürfen wir nicht erwarten, dass der Schuss aus der Hüfte sofort sitzt. Belohnt werden oftmals die, die auch ein bisschen durchhalten.