Bob, wie bewerten Sie die Performance des neuen Renault R29 jetzt, nach Abschluss der zweiten Testsession?
Bob Bell: Es ist noch zu früh, um sich ein abschließendes Urteil bilden zu können, aber wir sind mehr und mehr zufrieden mit dem neuen Auto. Der Test in Portimão im Januar verlief natürlich sehr enttäuschend, weil wir nur einen trockenen Tag erlebten. Und obwohl der R29 dort sehr zuverlässig lief, konnten wir uns kein Bild über sein Potenzial machen. Es blieben viele Fragen offen. Zugegeben, bei diesem ersten Test sahen wir alles andere als gut aus, aber damit hatten wir gerechnet, weil wir mit einer Interims-Aerodynamik ausrückten und vor allem viel fahren wollten. Das Ziel an der Algarve lautete, die Zuverlässigkeit zu testen und das KER-System ans Laufen zu bekommen. Wir hatten also gar nicht mit schnellen Zeiten gerechnet, auch deshalb, weil wir für die neue Fahrzeuggeneration noch keinerlei Erfahrungswerte in der Abstimmung haben. Seitdem haben wir viele Dinge verbessert und in Jerez gute Fortschritte erzielt. Insgesamt bin ich mit dem, was wir bisher gezeigt haben, zufrieden.

Fernando Alonso möchte mit dem R29 nach ganz vorne vorstoßen., Foto: Moy/Sutton
Fernando Alonso möchte mit dem R29 nach ganz vorne vorstoßen., Foto: Moy/Sutton

Was halten die Piloten vom neuen R29? Welches Feedback gaben sie in Jerez?
Bob Bell: Beide äußerten sich sehr positiv. Die größte Überraschung für sie war wohl das KERS. Wir hatten Probleme mit dem System erwartet und nicht geglaubt, dass sich Fernando und Nelson so schnell daran gewöhnen würden - doch beide schafften die Umstellung problemlos. Was das Verhalten des Autos betrifft, so half uns die regenfreie Woche in Jerez, ein besseres Set-up auszutüfteln. Außerdem haben wir neue Entwicklungsteile ausprobiert. Sowohl Fernando als auch Nelson zeigten sich mit der Fahrzeugbalance sehr zufrieden.

Der Renault R29 war nicht gerade an der Spitze der Zeitenliste zu finden. Gibt es grundlegende Probleme mit dem Auto?
Bob Bell: Entscheidend ist, wo wir im Vergleich mit anderen Teams stehen. Und das ist im Moment sehr schwierig zu beurteilen, weil alle mit unterschiedlichen Zielsetzungen, Karosserieversionen und Spritmengen fahren. Ich glaube, die Lage wird erst bei den abschließenden Wintertests klarer, aber derzeit würde ich die Zeiten nicht überbewerten. Nach den Erfahrungen in Jerez kann ich aber ausschließen, dass unser Auto ein fundamentales Problem hat. Es ist gut ausbalanciert und reagiert sensibel auf Abstimmungsänderungen. Uns fehlt noch ein bisschen Grip, doch das geht allen Teams so und wird sich bald verbessern, da wir weitere neue Teile einsetzen und unsere Entwicklung bis zum ersten Grand Prix fortsetzen werden. Ich bin überzeugt, dass wir auf dem richtigen Kurs sind, um in Melbourne eine überzeugende Leistung zu zeigen.

Besonders um die neuen Frontflügel gab es große Diskussionen. Glauben Sie, mit Ihrer Lösung am Renault R29 auf dem richtigen Weg zu sein?
Bob Bell: Hundertprozentig sicher kannst du dir nie sein, und der Tag hat nicht genug Stunden, um jede denkbare Design-Variante zu testen. Wegen der vielen Regeländerungen hat jedes Team für sich hinter verschlossenen Türen entwickelt, deshalb sehen wir so viele unterschiedliche Ansätze, wie es Teams gibt. Wir können nur sagen, dass wir unser Bestes gegeben haben und akzeptieren, dass alle Autos zu Saisonbeginn unterschiedlich aussehen werden. Bislang habe ich noch bei keinem unserer Gegnern ein Auto gesehen, dessen Aerodynamik mich sonderlich beunruhigt hat oder mich auf den Gedanken bringen könnte, wir wären auf dem Holzweg.

Noch fährt der neue Renault wie er aussieht., Foto: Moy/Sutton
Noch fährt der neue Renault wie er aussieht., Foto: Moy/Sutton

Renault fuhr bislang weniger Testkilometer als die meisten Wettbewerber. Sind Sie besorgt, dass Ihr Team im Entwicklungsrennen zurückfällt?
Bob Bell: Ich glaube nicht. Kommen wir noch mal auf KERS zu sprechen: Das Team hat absolut bemerkenswerte Arbeit geleistet, denn wir haben das System ausschließlich auf Prüfständen entwickelt, ins Auto eingebaut und gesehen, dass es zuverlässig funktioniert. Alle Teams leiden darunter, dass für die übliche Fahrzeugentwicklung und die Tests der Zuverlässigkeit weniger Tage zur Verfügung stehen. Ich glaube daher nicht, dass wir gegenüber irgendeinem Gegner im Rückstand liegen. Wir haben vielleicht weniger Kilometer abgespult, aber in Jerez legten wir einen tollen Schlussspurt hin: Donnerstag und Freitag klappte je eine Renndistanz ohne Zwischenfälle - wir brauchen uns in diesem Stadium der Saison also keine großen Sorgen zu machen.

Das Team hat seinen Testfahrplan geändert und wird nun in der Woche vor dem Saisonstart in Melbourne noch einmal fahren, statt gleich kommende Woche. Wie kam es zu dieser Entscheidung?
Bob Bell: Ursprünglich hatten wir einen Test in der nächsten Woche in Barcelona angesetzt, doch als wir mit dem Wintertestprogramm begannen, stellten wir fest, dass es besser wäre, ihn auf Mitte März zu verschieben. Das mag logistisch etwas komplizierter sein, weil das Auto bereits in der Woche darauf in Melbourne ankommen muss. Doch wir gewinnen Entwicklungszeit und können bis kurz vor dem ersten Rennen noch neue Teile testen. Wir hatten diesen Plan schon lange in der Hinterhand, und ich finde es richtig, dass wir nun so entschieden haben.