Eine Ansammlung von Meldungen und Gerüchten - in den letzten Tagen überschlugen sich die Spekulationen um die Zukunft des Honda-Teams. Was im Moment nach einigem Sortieren, Nachfragen an verschiedenen Stellen und Analysieren bleibt, ist eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Team in Melbourne unter einem neuen Namen, mit Mercedes-Motoren und den beiden Fahren Jenson Button und Bruno Senna am Start sein und dann auch die ganze Saison fahren wird. Wie es übrigens Christian Danner, dank seiner Kontakte in solchen Dingen meist sehr gut informiert, Mitte der Woche in einem Hintergrundgespräch mit Motorsport-Magazin.com schon prognostizierte.

Management-Buyout

Bruno Senna gilt als Kandidat Nummer 1 für das zweite Cockpit., Foto: Sutton
Bruno Senna gilt als Kandidat Nummer 1 für das zweite Cockpit., Foto: Sutton

In den letzten Wochen ging es von Anfang an eher darum, ein Management-Buyout über die Bühne zu bringen, als nun mit aller Gewalt in letzter Sekunde einen Käufer von außen zu finden. Daher galt es für Nick Fry und Ross Brawn, Honda davon zu überzeugen, dass es für sie durchaus Sinn machen würde, trotzt Rückzugs noch einmal eine "Anschubfinanzierung" zu leisten. Denn eine Schließung des Werkes hätte mit allen Abfindungen und Sozialplänen auch an die 100 Millionen Euro gekostet, warum dann also nicht einen Teil dafür ausgeben, das Bestehen des Teams für ein weiteres Jahr zu sichern, mit sehr guten Perspektiven für die weitere Zukunft?

Schließlich haben sich die Formel-1-Verantwortlichen mit Max Mosley an der Spitze doch zum Ziel gesetzt, dass es durch weitere massive Kostensparpläne ab 2010 möglich sein soll und muss, ein Team mit 50 bis 60 Millionen Euro Jahresbudget über die Runden zu bringen, bezahlbar aus den Einnahmen aus den kommerziellen Rechten und Sponsorgeldern in, auch in der derzeit kritischen Wirtschaftslage, erzielbarer Höhe. Eine japanische Fraktion stand diesem Vorschlag von Anfang an positiv gegenüber, eine andere musste erst im Laufe der Zeit überzeugt werden, was dann wohl spätestens in der letzten Woche gelang...

Motoren von Mercedes

Die Motorenfrage näherte sich ja schon Mitte Januar einer Lösung - mit den klaren Absichtserklärungen von Norbert Haug und Martin Whitmarsh, bei gegebenen Voraussetzungen einzuspringen. Hinter den Kulissen sickerte ja auch aus Brackley durch, dass sich bereits seit einiger Zeit ein Mercedes-Motor im Honda-Werk befindet, so dass mit der Arbeit begonnen werden konnte, das ja bereits weitgehend fertige Chassis an das neue Triebwerk anzupassen.

Ein Vertrauensvorschuss seitens Mercedes, das vor Klärung aller Einzelheiten zu gestatten, aber anders wäre der enge Zeitplan bis zum Saisonstart in Melbourne auch nicht einzuhalten gewesen. Und schließlich war das Interesse daran, kein Team zu verlieren, auch bei den "Konkurrenten" groß, in der Stunde der Bedrohung entwickelte die Formel 1 eine bis dahin eher ungewöhnliche Solidarität... Dass Mercedes-Sportchef Norbert Haug dabei immer wieder öffentlich betont, man werde den Deal nur machen, wenn auch die finanziellen Garantien stimmen, ist logisch. Schließlich kann man gerade in der gegenwärtigen Situation - Hilfe hin oder her - nicht in den Verdacht geraten, Verlustgeschäfte zu machen.

Geld von Ecclestone und Senna

Bald soll für das Team wieder die Sonne scheinen., Foto: Hartley/Sutton
Bald soll für das Team wieder die Sonne scheinen., Foto: Hartley/Sutton

Auch Bernie Ecclestone sagte jetzt noch einmal, wie bereits häufiger vermutet, relativ deutlich Hilfe zu, ohne sich über genaue Wege auszulassen, auch um nicht eventuell mit EU-Recht in Konflikt zu geraten, aber daran, dass die FOM da Wege finden wird, besteht kaum ein Zweifel, bei Williams funktionierte das letztes Jahr mit einer Vorschusszahlung von 15 Millionen aus dem FOM-Topf ja auch.

Dazu kommt ein Sponsorenpaket aus Brasilien, das Bruno Senna mitbringt, wenn auch eher nicht ganz in der kolportierten Höhe von 20 Millionen Euro. Interessant wird sein, welche Rolle in diesem Paket am Ende Petrobras spielen wird. Der brasilianische Mineralölkonzern hatte ursprünglich in erster Linie an einer Entwicklungspartnerschaft mit dem Hersteller Honda Interesse gehabt, aber natürlich auch an einer Verbindung mit dem Namen Senna. Am Donnerstag Abend veröffentlichte man dann in Brasilien als Antwort auf die vielen Spekulationen eine Erklärung, man habe keinen Vertrag mit dem eventuellen Honda-Nachfolgeteam und hätte auch in seinen eigenen Regeln stehen, kein "Personal Sponsorship" mit einzelnen Fahrern zu betreiben.

Dass Petrobras nur schwierig auf dem Auto auftauchen kann, ist bei der Verbindung zwischen Mercedes und Mobil fast logisch. Dass es aber Wege geben könnte, Geld in ein Paket zu stecken und dann die erworbene Verbindung anders zu nutzen, aber auch. Schon im letzten Jahr gab es einmal bei der Petrobras die Idee, ihrem Premiumsprit den Namen Senna zu geben - von der Familie dann aber verworfen. Aber wer weiß, vielleicht lässt man sich ja neue Möglichkeiten einfallen - etwa eine Verkehrssicherheitskampagne mit Bruno Senna...

Auf bestem Weg nach Melbourne

Zählt man jedenfalls die vorhandenen Summen zusammen, geschätzte knapp 50 Millionen von Honda, das FOM- und das Sponsorgeld, dann kommt man auf 70 bis 80 Millionen geschätzt - nicht viel weniger als das Jahresbudget von Force India, und das bei einem doch schon recht weit entwickelten Auto, an dem ja 2008 schon viel Vorarbeit geleistet worden war.

Damit dürfte es auch kein Problem mehr sein, Mercedes die gewünschten Garantien zu geben und einigermaßen über das Jahr zu kommen. Und wenn alles so klappt, wie man sich das im Moment in Brackley vorstellt, dann würde man es sogar schaffen, mit nicht völlig unerprobtem Auto nach Melbourne zu fahren. Zumindest der letzte Test in Barcelona vom 10.-12. März ist angepeilt...