Fast ein Jahr habe ich darauf hingearbeitet und jetzt ist es schon vorbei. Eine Woche nach meinem ersten F1-Test für das BMW Sauber F1 Team in Mexiko kann ich auf viele schöne Momente zurückblicken und mit Fug und Recht behaupten, dass ich jetzt langsam alles verarbeitet habe.

Zu Beginn war es, wie sich sicher jeder vorstellen kann, alles sehr beeindruckend. Es ist nur schwer in Worte zu fassen, wie die ganzen Kräfte auf dich im Auto wirken. Trotzdem habe ich mich ziemlich schnell zurechtgefunden und bin bald schnelle und konstante Rundenzeiten gefahren. Am Donnerstagabend habe ich erfahren, dass ich am Samstag noch ein zweites Mal fahren durfte, was natürlich eine schöne Überraschung war.

Nichts Vergleichbares

Am zweiten Tag ist mir alles noch einfacher gefallen, aber auch bei der ersten Ausfahrt am Donnerstag war ich nicht nervös, eher gespannt, was mich erwarten würde. Das erste Mal Bremsen mit den Karbonbremsen war brutal. Es gibt glaube ich nichts Vergleichbares; aber auch die Beschleunigung ist einzigartig. Allein dadurch habe ich schon auf der ersten Runde aus der Box sehr viele Einblicke erhalten. Zunächst war es noch komisch, ein Auto mit so viel Grip und so viel Power zu fahren, aber nach drei, vier Runden hatte ich das drin.

Gleich zweimal durfte Philipp in ein F1-Auto steigen., Foto: BMW
Gleich zweimal durfte Philipp in ein F1-Auto steigen., Foto: BMW

Der größte Unterschied ist nicht unbedingt die Höchstgeschwindigkeit, vielmehr muss man viel schneller denken und reagieren. Die Kurven kommen viel schneller näher und wenn man dann zum Beispiel die Bremsbalance umstellt oder etwas anderes am Lenkrad verändert, muss man das sehr schnell machen - sonst ist die Kurve plötzlich da!

Man muss also genau wissen, wo die Knöpfe sind und wie man sie zu bedienen hat. Nach fünf, sechs Runden hatte ich mich an die Geschwindigkeit des Autos und die schnellen Abläufe gewöhnt. Das komplette Repertoire an Lenkradeinstellungen musste ich auch noch nicht beherrschen. Ich habe im Vorfeld zwar ein Dokument erhalten und dieses gelesen und verstanden, aber ich musste bei meinen Ausfahrten noch nicht alles benutzen. Für den Anfang war es nur wichtig, zu wissen, wo die Knöpfe für den Funk, den Pitlane-Speedlimiter und die Neutralstellung sind.

Nacken gesund, Haare ab

Etwas mehr Vorbereitung war beim Fitnesstraining von Nöten, wobei ich behaupten kann, dass ich physisch überhaupt keine Probleme hatte. Wir haben beim Fitnesstraining einen sehr guten Job gemacht, so dass ich am Samstag problemlos zehn Runden am Stück durchfahren konnte und auch locker noch 10-15 mehr hätte drehen können. Von einem langen Hals war nichts zu sehen, dafür auch nicht mehr von meinen Haaren... In einer Mischung aus spontaner Aktion und Wette haben mir die Mechaniker am Samstag vor der Rausfahrt die Haare geschnitten - vielleicht war ich danach etwas leichter und konnte noch die letzten Tausendstel herausholen.

An die mir unbekannte Strecke habe ich mich schnell gewöhnt, was ich aber erwartet hatte, da ich grundsätzlich neue Strecken schnell verinnerlichen kann. Mir hat der Kurs in Mexiko gefallen. Die Strecke ist ziemlich schnell, speziell im letzten Teil mit zwei schnellen Schikanen, sie hat aber auch zwei harte Bremspunkte. Das hat mir super gefallen. Zum Glück gab es nicht so viele, schlimme Bodenwellen, wie vorher alle erwartet hatten. Es ist eine schöne Strecke, die ich nach sechs, sieben Runden bereits drin hatte.

Dach über dem Kopf

Philipp kam auf Anhieb zurecht., Foto: BMW
Philipp kam auf Anhieb zurecht., Foto: BMW

Als Zugabe kam ich auch noch in den Genuss, einen WTCC-Boliden zu fahren. Es war also wirklich ein sehr lustiges Wochenende mit jeder Menge Fahraction für mich. Das WTCC-Auto hat mir sehr viel spaß gemacht, natürlich hat es nicht so viel Leistung wie der F1, aber der Grip in den Kurven ist auch gut. Für mich war es das erste Mal, dass ich mit einem Dach über dem Kopf gefahren bin. Zunächst war das ungewohnt, auch weil ich relativ weit unten gesessen habe und nicht sehr viel sehen konnte, aber Spaß gemacht hat es trotzdem.

Das lange Warten seit meinem Formel BMW Weltfinal-Sieg im letzten Jahr hat sich also mehr als gelohnt. Nach meinen beiden Tagen mit einem Formel-1-Boliden finde ich es sogar gut, dass BMW den Weltfinalsiegern so viel Zeit gibt, um sich körperlich auf den F1-Test vorzubereiten - denn diese Zeit braucht man, um die Testfahrt ohne Probleme bewältigen zu können.