Das türkische Schüler unter anderem in deutschen Klassenzimmern anzutreffen sind, ist nichts neues. Deutsche Lernende sind hingegen in der Türkei verhältnismäßig seltener zu finden. Dieses Wochenende war das aber ganz anders. Zwar fand bislang kein türkischer Rennfahrer den Weg in die Formel 1, doch die deutschen Piloten absolvierten in Istanbul ein Auslandssemester im Schnelldurchlauf.

Nico Rosberg hat gelernt, wie man Probleme aus den Weg schafft..., Foto: Sutton
Nico Rosberg hat gelernt, wie man Probleme aus den Weg schafft..., Foto: Sutton

Der Auslandsaufenthalt am Bosporus scheint den Piloten gut getan zu haben. Nicht nur neue Eindrücke und Bilder von originalen türkischen Kebabständen, sondern auch wichtige Erfahrungen und den ein oder anderen Lernfortschritt können die Deutschen mit nach Hause nehmen. Doch auf die Rückkehr in die Heimat freut man sich trotzdem schon. "Das muss man so sehen. Wir müssen jetzt alles daran setzen, wieder zurückzukommen", sagte etwa Sebastian Vettel.

Nachsitzen muss nach diesem Wochenende keiner der deutschen Piloten. Adrian Sutil zum Beispiel konnte aus seinen Fehlern der vergangenen Rennen lernen. Es waren vor allem die Anfangsphasen in den einzelnen Rennen die Adrian Sutil etwas Schwierigkeiten bereiteten. Es galt also beim Auslandsaufenthalt in der Türkei vor allem an zwei Schwerpunkten zu arbeiten, die da wären, die erste Runde zu überleben und sich gegen den Teamkollegen durchzusetzen. Beides gelang Sutil mehr oder weniger.

Zu Beginn galt es, sich auf beide Aufgaben zu konzentrieren. Ein Problem am Start war Giancarlo Fisichella. "Ich wurde es einfach nicht los", so Sutil. Während der Force India Pilot in die erste Kurve eingebogen war, durfte er aus nächster Nähe beobachten, wie sich das "Problem" von selbst erledigt hatte. Teamkollege Giancarlo Fisichella machte ohne Erlaubnis des türkischen Verteidigungsministeriums den Luftraum über Istanbul unsicher während Kazuki Nakajima als Startrampe zweckentfremdet wurde, um an Höhe zu gewinnen. "Am Ende fuhr ich gegen Vettel und konnte ihn hinter mir halten, was mir wenigstens einen Platz brachte", so Sutil.

Dass Sebastian Vettel während des Rennverlaufs ausgerechnet auf seinen Landsmann im Force India traf hatte eine gewisse Ironie. Sutil war es, der zuletzt dafür sorgte, dass Vettel gar nicht erst die Chance erhielt, sein Rennen zu beenden. Doch der Heppenheimer schaffte es während seines Auslandsaufenthalts zum ersten Mal in dieser Saison ins Ziel und konnte damit vor den Augen des türkischen Publikums zeigen, was er gelernt hat. Doch ein "Sehr gut" wird Vettel nicht mit nach Hause nehmen dürfen. Denn während Fisichella sich als Pilot versuchte, fröhnte Vettel allen Anschein nach der Seefahrt. Der Toro Rosso steuerte gleich vier Mal seinen Heimathafen in der Boxengasse an. "Das war nicht planmäßig. Ich weiß nicht wieso. Der Start war gut, die erste Kurve auch. Ich habe mich mit niemandem berührt. Wir hatten aber einen platten Reifen. Hinten links war der Reifen zerstört und ich musste das erste Mal an die Box", so Vettel.

Während "german Seb", wie Vettel von seinem Team genannt wird, nicht nur seinen Heimat- sondern letzten Endes auch seinen Zielhafen angesteuert hat, trieb es Nico Rosberg noch ein Stück weiter. Der Deutsche, der in Monaco aufwuchs und nun auch lebt, legte an einem, zum wohlhabenden Fürstentum passenden, Ankerplatz an, nämlich einem, der seinem Team Geld in die Kassen spült. Der achte Platz brachte dem jungen Deutschen einen der begehrten WM-Zähler ein. "Ich hatte einen sehr guten Start. Dann hat Nick mich nicht gesehen und mich am Ausgang vorn Kurve eins hinaus gedrängt. Da musste ich komplett weg von der Strecke und kam zurück und war am rotieren", so Rosberg über den Angriff eines Piraten. Während er sein Schlachtschiff sicher durch den Verkehr lotste, schien auch noch die Funkverbindung dem Schüler des Erfolgs an eben diesem hindern zu wollen. "Das Team war sich nicht sicher. Sie haben mir erst einmal gar nix gesagt."

Heidfeld entdeckt sein Schauspieltalent. Entweder als vollbärtiger Pirat oder aber als Fussballer., Foto: Sutton
Heidfeld entdeckt sein Schauspieltalent. Entweder als vollbärtiger Pirat oder aber als Fussballer., Foto: Sutton

Der vermeintliche Pirat, der Nico Rosberg fast zum Verhängnis wurde, war Nick Heidfeld. Ihn noch als Schüler zu titulieren wäre wohl fehl am Platz. Doch auch er schloss sich dem Auslandssemester im Bosporus an und legte dabei die beste Figur aller Deutschen an den Tag. Zwar ist Heidfeld nicht in Monaco wohnhaft, doch bringt er seinem Team, von seinem Raubzug auf hoher See drei WM-Zähler mehr als Nico Rosberg dem Seinen. Mit einem fünften Platz erwies sich Heidfeld als Auslands-Klassenbester. Das hat auch seine Schattenseiten. "Außer zu Anfang war ich ziemlich allein in diesem Rennen und habe später sogar Motordrehzahl zurückgenommen."