Es gibt viele definitive Zeichen, dass der Saisonbeginn in der Formel 1 kurz vor der Tür steht. In Europa kündigt sich schön langsam der Frühling an, in Australien kommt der Herbst, in den Boxengassen tummeln sich neben Mechanikern auch noch schöne Frauen und die Fahrer dürfen Donnerstags bei einer Pressekonferenz aufmarschieren, wo sich wichtige und unwichtige Fragen mehr oder weniger die Waage halten. In Melbourne waren zum Auftakt Alex Wurz, Anthony Davidson, Robert Kubica, Felipe Massa und Fernando Alonso angetreten, um sich darauf Antworten einfallen zu lassen.

Die Hauptkonzentration galt dabei zunächst einmal den Debütanten beziehungsweise Rückkehrern. Der Fahrer mit der meisten Erfahrung im Raum bekam den Vortritt und durfte als Erster loslegen und Alex Wurz war mit seiner Rückkehr als Einsatzfahrer zumindest während der Pressekonferenz nicht ganz glücklich, weil er in der hinteren Reihe sitzen musste und seinen zweiten Formel 1-Frühling eher in der ersten Reihe beginnen wollte.

Alex Wurz ist schon aufgeregt, Foto: Sutton
Alex Wurz ist schon aufgeregt, Foto: Sutton

Der Grund dafür war aber ganz einfach der, dass er aufgrund seiner Körpergröße konferenztechnisch für die zweite Reihe perfekt geeignet ist. "Na wenn das der Grund ist, dann freut es mich, hier zu sein", sagte der Williams-Pilot mit einem Schmunzeln. Da es jetzt wieder losgehe, sei die Erinnerung an seine Jahre als Testfahrer irgendwie ausgelöscht, meinte Wurz und "ich bin hier, um anzugreifen, so wie Anthony neben mir. Mehr kann ich nicht sagen. Ich bin ziemlich aufgeregt."

Ein bisschen mehr hatte er dann schon zu erzählen. Beispielsweise über seine siebenten Plätze, die er in Australien geholt hat. "Aber das war mit dem alten Punktesystem, wo der Siebte der erste Verlierer war. Außerdem ist das lange her und seitdem habe ich mich weiterentwickelt", sagte er. Zu dieser Weiterentwicklung gehörte viel Testarbeit, bei der er sich aber auf Long- und Short-Runs mit Weltmeistern, Rennsiegern und zukünftigen Talenten vergleichen konnte.

Danach gefragt, wie zufrieden er mit den Tests vor seiner Comeback-Saison ist, meinte der Österreicher: "Um ehrlich zu sein, ich bin immer recht streng mit mir und dem Team, also ist man nach den Wintertests nie zufrieden und das kann kein einziger von uns hier sein, weil man immer irgendein Problem hat. Aber dafür sind die Wintertests da - man geht an die Grenzen, versucht das Limit zu erreichen und den Fahrstil an die neuen Reifen anzupassen." Und die neuen Reifen haben auch ihm einiges an Arbeit beschert. "Ja, das ist etwas ganz Neues. Man kann keine Ideen oder Setups aus der Vergangenheit mitnehmen. Es ist ein wirklich anderer Reifen. Man muss bei Null anfangen, also hat nach meiner Meinung keines der ehemaligen Bridgestone Teams einen Vorteil."

Aber egal wie man Vorteile und Nachteile momentan einschätzt. Wurz sprach vielen aus der Seele als er die bekannte Rennsport-Weisheit von sich gab, die hier auf Deutsch wiedergegeben wird: "Morgen hört die Scheiße auf und die karierte Flagge fällt." Das Problem an der Aussage erkannte Anthony Davidson als Erster, der meinte: "Sie fällt nicht morgen." Auch egal, denn Davidson kann es genauso wenig erwarten wie sein Konkurrent.

Robert Kubica ist zuversichtlich, Foto: Sutton
Robert Kubica ist zuversichtlich, Foto: Sutton

"Es ist großartig, hier zu sein und zu wissen, dass man am Samstag nicht weggehen muss. Man muss mich wahrscheinlich davon abhalten, dass ich aus Routine meine Koffer packe", sagte Davidson. Problematisch am Debüt des Briten als Vollzeit-Einsatzfahrer ist nur, dass er sein endgültiges Einsatzauto erst an diesem Wochenende zum ersten Mal fahren wird. "Für einen Fahrer ist das nicht die beste Situation, aber solange ich das gleiche Auto bekomme wie mein Teamkollege, bin ich zufrieden", sagte er. Großes Ziel des Super Aguir-Piloten ist es, das Rennen am Sonntag zu beenden

Nach den Ergebnissen der Wintertests wird Robert Kubica andere Ziele verfolgen, vor allem weil man trotz einiger Probleme mit der Standfestigkeit in Bahrain die Renndistanzen gut hinter sich gebracht hat. "Das Team ist zuversichtlich und ich bin es auch", meinte der Pole. Er musste aber zugeben, dass nicht alles eitel Wonne ist: "Wir sind weniger gefahren, als wir sollten und oft wurden die Ausfahrten durch Probleme unterbrochen und deswegen war es nicht einfach, sich an die neuen Reifen anzupassen, am Setup zu Arbeiten und den Fahrstil anzupassen, der in meinem Fall sehr anders sein muss." Mit der Anpassung beim Fahrstil meinte er, dass er weicher fahren muss und die Hinterachse viel loser ist. Der Einlenkwinkel wird ungefähr dreimal geringer sein als im Vorjahr.

Auch bei Felipe Massa hat sich einiges geändert. Anstatt als Nummer zwei bei Ferrari in die Saison zu starten, ist er nun gleichberechtigt mit Kimi Räikkönen und auch in der Mannschaft hat sich einiges getan. "Es war eine große Änderung für uns ohne Michael, ohne Ross, ohne Martinelli, aber wenn man es andersherum betrachtet, jeder, der im Team arbeitet ist sehr wichtig, so wie im vergangenen Jahr. Die Leute, die das Auto im Vorjahr gebaut haben, sind die gleichen wie in diesem Jahr. Die Leute, die mehr Verantwortung übernommen haben, waren schon im letzten Jahr von Bedeutung", sagte Massa.

In einem Punkt schloss sich der Brasilianer der Meinung von Alex Wurz an. Wirklich wichtig wird alles erst jetzt. "Ich denke, es ist normal, dass die Leute hohe Erwartungen haben, wenn man auf die Zeiten und alles schaut. Aber Testen ist Testen und Rennen sind Rennen und jetzt ist die Zeit, wenn es wirklich zählt, also hoffentlich können wir in der gleichen Richtung weitermachen, vor allem jetzt, beim ersten Rennen."

Er sieht sich nicht als Favorit, Foto: Sutton
Er sieht sich nicht als Favorit, Foto: Sutton

Für Fernando Alonso zählt es vor allem ab dem ersten Rennen, denn nach seinem Wechsel zu McLaren ist die Herausforderung Titelverteidigung eine völlig neue. Vergleiche zu Renault will er jedenfalls keine ziehen: "Es ist schwierig und auch nicht fair, die Teams zu vergleichen. Schließlich und endlich sind alle Teams gleich: sie sind sehr gut, sehr professionell, sie geben ihr Bestes, die Leute sind sehr auf das Ziel fokussiert, um Erfolg zu haben und die dominante Position in der Formel 1 zurückzugewinnen."

Dem Spanier kommt der Auftakt in Melbourne sehr entgegen, da er hier in der Vergangenheit immer gute Resultate holen konnte. "2005 bin ich, glaube ich, als 16. gestartet und wurde Dritter. Voriges Jahr habe ich gewonnen. Aber dieses Jahr kommen wir hierher und es wird eine sehr interessante Meisterschaft, die in den ersten Rennen sehr offen sein wird", erklärte der Weltmeister. Zwar musste auch er gestehen, dass Ferrari im Winter stark ausgesehen hatte, doch er hielt es mit der Meinung seiner Kollegen, als er sagte: "Wie Felipe vorher schon betont hat, ich denke, die Rennen sind sehr, sehr anders."

Wie anders vor Beginn des eigentlichen Rennwochenendes das Gefühl bereits ist, zeigte sich, als Massa gefragt wurde, wie er dazu steht, dass er für viele Leute als Favorit gilt. "Ich fühle mich nicht als Favorit und ich werde das nie tun. Ich denke, man muss Tag für Tag seine Arbeit machen, viele Dinge in der Formel 1 ändern sich sehr schnell und das Wichtigste ist, dass man weiter hart arbeitet, mit den Füßen auf dem Boden bleibt und schließlich sind es von jetzt an 17 Rennen und alles was gesagt wird passiert, man muss das berücksichtigen und weitermachen - das ist für mich am wichtigsten."

Nachdem dies alles klargestellt war, mussten die fünf Fahrer noch eine unausweichliche Frage beantworten, die eigentlich vorher schon als Tagesordnungspunkt hätte festgelegt werden müssen: was bedeutet es für sie, dass Michael Schumacher nicht mehr dabei ist? Alex Wurz meinte, dass es große Fußstapfen auszufüllen gilt. Er sagte aber auch, dass es nicht wirklich einen großen Rückgang am Interesse geben werde, außer vielleicht in Deutschland. "Wir haben so viele großartige Talente, die kommen - wie Fernando, der ihn in den letzten beiden Jahren aus eigener Kraft geschlagen hat. Das Fahrer-Niveau ist sehr hoch und aus sportlicher Sicht macht das die Dinge wahrscheinlich interessanter, also gibt es ein Plus und ein Minus", meinte Wurz.

Fernando Alonso hält nichts von Teamvergleichen, Foto: Sutton
Fernando Alonso hält nichts von Teamvergleichen, Foto: Sutton

Robert Kubica sagte, dass man nun vielleicht annehmen könnte, dass es einfacher würde, zu gewinnen. Es seien aber immer noch 21 andere Fahrer hier, die man schlagen müsse. Anthony Davidson wollte aufgrund der lediglich zwei Rennen, die er zusammen mit Schumacher bestritten hat, überhaupt keine Meinung dazu abgeben, außer dass es für ihn deswegen keinen großen Unterschied gibt.

Felipe Massa, der den siebenfachen Weltmeister als Teamkollegen und Lehrmeister erleben durfte, wird Schumacher vermissen und seiner Meinung nach werden das viele tun. Doch er glaubt daran, dass sich das auch bald ändern kann. "So lange die Meisterschaft aber interessanter und attraktiver wird und der Wettbewerb zunimmt, denke ich, dass sich die Leute an eine Formel 1 ohne Michael gewöhnen werden", sagte er.

Fernando Alonso beurteilte das Ganze recht simpel: "Ich denke, ich werde ihn nicht vermissen." Auch eine klare Ansage, bevor die Scheiße dann endgültig vorbei ist.