Pat, das Renault F1 Team plant, bis Weihnachten insgesamt noch an neun Tagen Testfahrten durchzuführen – wenn es das Wetter erlaubt. Welche Ziele verfolgen Sie damit?
Pat Symonds: Es geht vor allem um zwei Dinge. Zum einen möchten wir uns an die Reifen unseres neuen Partners Bridgestone gewöhnen und viel über sie lernen. Da wir auch in der kommenden Saison mit V8-Motoren unterwegs sein werden, können wir gleichzeitig kostengünstig Komponenten des nächstjährigen Chassis ersten Zuverlässigkeitstests unterziehen. Diese Gelegenheit möchten wir bestmöglich nutzen.

Was wissen Sie bereits über die Bridgestone-Reifen?
Pat Symonds: Bridgestone hat uns umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung gestellt, das wir in unsere computergestützten Entwicklungsprogramme haben einfließen lassen. Wir bekamen so eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie wir das Basis-Set-up des Wagens ändern mussten, um das Maximale aus den Reifen herauszuholen. Wir müssen beispielsweise Parameter wie die Gewichtsverteilung oder aerodynamische Charakteristika neu ausrichten, um die beste Lösung zu finden.

Bei den Reifen gibt es noch viel zu erkunden, Foto: Sutton
Bei den Reifen gibt es noch viel zu erkunden, Foto: Sutton

Aber diesen Prozess können Sie doch nur bis zu einem gewissen Grad am Computer durchführen, oder?
Pat Symonds: Das stimmt. Auch die größte Menge mathematischer Daten kann dir nicht die Feinheiten der Reifen und vor allem der Reifenmischungen erklären. Um wirklich zu verstehen, wie sich die Reifen über einen ganzen Turn verhalten, welcher Fahrstil der beste für sie ist und wo ganz allgemein ihre Stärken und Schwächen liegen, müssen wir auf die Strecke. Von daher werden wir den Großteil der neun Testtage auch damit verbringen, diese Charakteristika zu ergründen.

Worauf werden Sie besonderes Augenmerk legen? Die Leistungsfähigkeit der Reifen oder ihr Verhalten über längere Distanzen?
Pat Symonds: Zunächst wird es den Ingenieuren darum gehen, gemeinsam mit den Fahrern ein Basis-Set-up zu ermitteln, mit dem sich gut arbeiten lässt. Dazu werden wir verhältnismäßig kurze Turns fahren. Nach und nach werden wir dann daran arbeiten, wie sich die Pneus über längere Distanzen verhalten. Es wird auf alle Fälle wichtig sein, viele Kilometer abzuspulen.

Den Reifenpartner zu wechseln, bedeutet für ein Formel 1 Team eine enorme Veränderung. Wie wird sich dieser Wechsel über die Wintervorbereitung auswirken?
Pat Symonds: Ich glaube nicht, dass wir den Wechsel zu Bridgestone und seine Folgen unterschätzen werden. Gleichzeitig ist es aber wichtig, der ganzen Angelegenheit auch nicht zuviel Bedeutung zuzumessen. Das letzte Mal, dass wir den Reifenlieferanten wechselten, war vor der Saison 2001. Seitdem haben wir viel über Pneus gelernt. Heute verfügen wir über viel mehr Wissen in diesem Bereich. Aus technischer Sicht stellt ein derartiger Wechsel eine ganz normale Herausforderung dar, wie sie ein Formel 1-Team andauernd bewältigt. Es wird ganz wichtig sein, ein starke Arbeitsbeziehung zu unserem neuen Partner aufzubauen und eine gute Kommunikation zu pflegen. Diese Faktoren sind in jeder Partnerschaft von essenzieller Bedeutung. Daran werden wir hart arbeiten.

Bridgestone hat erklärt, dass die Reifen, die in der kommenden Woche bei den Testfahrten in Barcelona zum Einsatz kommen, mit jenen identisch sind, mit denen Sie beim Saisonauftakt in Melbourne fahren werden. Hilft Ihnen das?
Pat Symonds: Ja, das ist eine sehr große Hilfe. Hätten wir den Partner inmitten eines harten Konkurrenzkampfes zweier Reifenhersteller gewechselt, wäre die Angelegenheit nicht so einfach gelagert gewesen. Die Tatsache, dass wir mit einem Produkt arbeiten können, an dem keine umfangreiche Entwicklungsarbeit vorgenommen wird, wird uns dabei helfen, die Eigenschaften der Reifen zu verstehen. Unser Ziel lautet, uns bis Australien in puncto Reifen auf Augenhöhe mit den Teams zu sein, die bereits seit längerem mit Bridgestone zusammenarbeiten. Das wird zwar nicht einfach, ist aber machbar.

Pat Symonds ist zuversichtlich, Foto: xpb.cc
Pat Symonds ist zuversichtlich, Foto: xpb.cc

Wie leicht wird es Ihrer Meinung nach den Fahrern fallen, sich an den Wechsel zu gewöhnen?
Pat Symonds: Ich habe großes Vertrauen in die Fähigkeit unserer Piloten, sich auf die neue Situation einzustellen. Giancarlo Fisichella ist bereits in der Saison 2004 mit Bridgestone-Reifen gefahren. Als er zu Beginn der Saison 2005 auf Michelin wechselte, bereitete ihm die Anpassung überhaupt keine Probleme. Ich bin sicher, dass ihm das gleiche wieder gelingt. Auch bei Heikki Kovalainen wissen wir, dass er über das Talent und das Verständnis verfügt, den Wechsel ohne Schwierigkeiten zu vollziehen. Ich bin davon überzeugt, dass sich beide Fahrer sehr schnell absolut wohl fühlen werden.

Sie erwähnten die Zuverlässigkeitstests verschiedener Fahrzeugkomponenten für die Saison 2007...
Pat Symonds: Das machen wir jeden Winter. Es ist abhängig davon, welche neuen Teile wir kosteneffizient in dem "alten" Auto einsetzen können. In den vergangenen Jahren wurde diese Möglichkeit allerdings durch die umfangreichen Änderungen in der Triebwerksarchitektur beeinträchtgt. Das Reglement für die kommende Saison beinhaltet aber keine großen Änderungen, sodass wir Barcelona bereits mit dem 2007er Getriebe fahren können, um es bis zum Saisonstart absolut zuverlässig zu machen. Wir haben mit der Einheit bereits mehrere Renndistanzen auf dem Prüfstand absolviert. Wir sind zuversichtlich, dass wir diese Tests problemlos parallel zu unserem geplanten Reifenprogramm absolvieren können.