In sechs Tagen entscheidet sich, ob Renault und Fernando Alonso ihre Weltmeistertitel verteidigen können. Für Flavio Briatore gibt es dieser Tage garantiert viel zu tun. Das Team befindet sich auf der Reise nach Brasilien, die Strategien müssen festgelegt werden und die Fahrer auf das Saisonfinale eingestimmt werden. Flavio hätte also bestimmt Besseres zu tun, als sich auf einer Pressekonferenz den Fragen der Presse zu stellen. Aber was macht man nicht alles, wenn damit ein Dreijahres-Vertrag mit einem neuen Hauptsponsor verbunden ist; in diesem Fall der niederländischen ING-Gruppe.

Besonders spannungsgeladen war die Präsentation des Sponsorings nicht - immerhin wussten alle, die sich in Amsterdam eingefunden hatten, was da gleich verkündet werden würde; immerhin stand es ja schon in den Einladungen. Deshalb war es wenig überraschend, dass Mr Briatore eher gelangweilt den Worten seines RenaultF1-Präsidenten Alain Dassas und des ING-Vizepräsidenten Cees Maas lauschte - wenn er denn überhaupt lauschte. Sein Blick entschwand eher in eine gänzlich andere Richtung; weder hin zum jeweiligen Redner noch hin zur Kamera. Nach einer kleinen Anlaufphase, in der er wie immer in seiner fast schon als 'Code-Sprache' zu bezeichnenden Art einen kurzen Abriss über die Wichtigkeit des neuen Hauptsponsors gab, wurde Flavio jedoch warm.

Die Fragen hatten ING hinter sich gelassen und drehten sich um das, was derzeit alle bewegt: den Titelkampf. Wird Renault in Brasilien mit angezogener Handbremse fahren? Wird die Strategie darauf ausgerichtet sein, den notwendigen 8. Platz für Fernando Alonso zu sichern? "Wir wollen gewinnen", sagte Flavio klipp und klar - wobei angesichts seiner typischen Aussprache wohl eher 'klar' verwendet werden sollte. "Wenn man nur einen Punkt holen will, verliert man das Spiel. Wir kämpfen um Zehntelsekunden, da muss man sich auf sein Rennen konzentrieren. Wir müssen erst die Zielflagge sehen, dann haben wir eine gute Chance." Sein Credo für das Finalwochenende ist deutlich: "Let's have fun, let's fight."

Das Rennwochenende in Suzuka hat ihn und das Team positiv gestimmt. Es scheint ihm sogar so gut gefallen zu haben, dass er mehrmals Japan statt Brasilien sagte. Seine Begründung für den Briatore'schen Versprecher war einfach: "Ich mag Japan." Also noch einmal von vorn: "Wir reisen mit einer anderen Stimmung nach Brasilien [alternativ: Japan] als nach Japan. Renault war in dieser Saison sehr stark, es gab einige Probleme mit der FIA, aber die WM ist spannend. Jetzt ist es wichtig nach Brasilien [im Original: Japan] zu fliegen und zu gewinnen. Wir wollen beide Titel holen." Hoffentlich kommen auch alle Fahrer, Mechaniker und Autos im richtigen Land an...

Denn Gefahren gibt es im Motorsport viele. Hat Flavio Angst, dass in Interlagos nun vielleicht Alonsos Motor explodieren könnte? "Uns ist das schon in Monza geschehen", erinnerte er. "Unser Motor ist sehr gut, aber in der F1 ist alles am Limit. Ferrari und Renault haben einen fantastischen Fight; beide Fahrer haben einen tollen Kampf und es wird ein tolles Rennen. Jedenfalls wäre das gut für den Sport."

Weniger gut für den Sport wäre eine Kollision zwischen den beiden Titelanwärtern. Eine Wiederholung der strittigen Szenen von 1994 und 1997 wäre dem nicht förderlich. "Ich hoffe nicht", sagte Briatore. Andererseits betonte er auch: "Alles ist möglich, das haben wir gestern bei Valentino Rossi gesehen." Beim vorletzten MotoGP-Rennen des Jahres kletterte Rossi am Sonntag an die WM-Spitze - nachdem der bisherige WM-Leader Nicky Hayden von seinem Teamkollegen Dani Pedrosa abgeschossen worden war. Ein solches Szenario wünschen sich Alonso und Fisichella natürlich nicht.

Aber auch von Schumacher erwartet Briatore keine unfairen Aktionen. "Michael ist ein professioneller Rennfahrer. Jeder Unfall würde die WM für ihn beenden. Er muss gewinnen. Ich glaube an den Sport und die Leute im Titelkampf. Ich habe keine Angst. Michael will die F1 sauber verlassen; ich kenne ihn sehr gut, es ist gut für die Presse darüber zu spekulieren, aber es wird ein normales und faires Rennen zwischen Michael und Fernando, zwischen Renault und Ferrari." Wir freuen uns darauf oder wie Flavio sagte: "Let's have fun, let's fight."