Am Samstag, beim kleinen WM-Finale um den dritten Platz, da halten sich seine Sympathien für Deutschland wahrscheinlich in Grenzen - denn da muss Tiago Monteiro natürlich seinen portugiesischen Landsleuten die Daumen drücken. Aber ansonsten ist der Midland-Pilot durchaus ein Freund der Deutschen, vor allem was seine beiden Teamkollegen, die Midland-Testpiloten Markus Winkelhock und Adrian Sutil, angeht. Denn er weiß ganz genau: Wenn die beiden an einem Grand-Prix-Freitag im dritten Midland sitzen, dann ist das für das Team deutlich produktiver als wenn Giorgio Mondini diesen Job übernimmt. Laut sagen will er es nicht, dazu ist er zu diplomatisch - aber anzumerken ist ihm schon: Er findet es schade, dass das Team Chancen opfern muss, weil Mondini eben der ist, der das Geld bringt...

Insofern freut sich Tiago schon besonders auf die beiden nächsten Rennen - in Magny Cours wird Sutil fahren, in Hockenheim dann Winkelhock. Besonders Adrian Sutil hat ihn bei seinem ersten Einsatz auf dem Nürburgring beeindruckt: "Sehr präzise in seinen Aussagen, sehr gleichmäßig, sehr souverän, keine Fehler - er hat da einen tollen Job gemacht. Ich glaube, wenn er ein bisschen Glück hat und zu weiteren Einsätzen kommt, dann hat er durchaus Chancen, in der Formel 1 richtig weit nach vorne zu kommen." Dass Sutil nebenher in Japan Formel 3 fährt, hält er für wichtig - nicht nur wegen der Kontakte zu Toyota: "Nur so behält er auch die Rennpraxis - das bisschen, was er bei uns zum Fahren kommt, ist einfach zu wenig. Und man braucht einfach Erfahrung, um weiter zu kommen."

Spätstarter aus dem Hotelgewerbe

Der Mann mit den T-Shirts kommt..., Foto: Sutton
Der Mann mit den T-Shirts kommt..., Foto: Sutton

Kein Wunder, dass gerade Monteiro und Sutil so gut miteinander klarkommen - sie haben einiges gemeinsam. Beide sind zum Beispiel Spätstarter im Motorsport - wobei Monteiro noch länger brauchte, um seine wahre Berufung zu finden. Er war schon 20, als er seinen Vater nach Paul Ricard begleitete, der dort einen Porsche testete. Dort drehte er dann auch mal ein paar Runden, überzeugte selbst die anwesenden Profis - und im Jahr darauf, 1997, fuhr er seine erste Meisterschaft im französischen Porsche Supercup. Der Beginn einer Karriere, die ihn bis in die Formel 1 brachte, "woran ich damals, als ich anfing, nie gedacht hätte. Ich habe nie geglaubt, dass man im Rennsport noch so weit kommen kann, wenn man so spät anfängt."

Früher hatte Monteiro auch nie daran gedacht, als Rennprofi Karriere zu machen. Er hat ein abgeschlossenes Studium an einer Hotelfachschule, kann sich in fünf Sprachen fließend unterhalten - wenn es sein muss, auch mehr oder weniger gleichzeitig, von der einen in die andere wechselnd. Als aus Jordan Midland wurde, fing er an, ein bisschen Russisch zu lernen, jetzt, angesichts der Verkaufsgerüchte, überlegt er schon, ob er nicht schon mal mit Holländisch anfangen soll - Teamkollege Christian Albers könnte dabei sicherlich helfen...

Es fehlen nur noch ein paar Zehntel

Monteiro glaubt an eine bessere Zukunft des Teams, sollte der Verkauf über die Bühne gehen - und daran, dass er selbst auch dann durchaus eine Zukunft im Team haben würde. Dass das Potenzial vorhanden ist, den Anschluss an das Mittelfeld zu finden, davon ist er überzeugt. "Die Motivation und die Fähigkeiten im Team sind da. Wir haben uns definitiv verbessert, seit Barcelona hat das Auto einen richtigen Schritt nach vorn gemacht. Wir kommen immer näher heran, sind derzeit im Durchschnitt 1,8 Sekunden hinter der Pole Position, also definitiv schneller. Wenn wir diese Zuverlässigkeit halten und immer schneller werden können, dann wäre das perfekt. Um so richtig mit einigen Jungs etwas weiter vorn kämpfen zu können, fehlen uns noch zwischen drei und fünf Zehntelsekunden. Aber wir sollten bald dort angelangt sein."

Dass es in Indianapolis, wo die Chancen eigentlich so gut standen, nicht klappte, weiter nach vorne zu fahren, ärgerte ihn schon gewaltig, vor allem, weil er sich ja unschuldig von Takuma Sato von der Strecke befördert sah. Dennoch wird ihm Indianapolis natürlich immer im Gedächtnis bleiben - durch 2005, seinen Podiumsplatz im Reifenskandalrennen. Dass er natürlich von den Umständen profitierte, ist ihm klar - aber deswegen konnte er den Erfolg trotzdem genießen: "Es war für meine Karriere eine tolle Gelegenheit - eine verrückte Gelegenheit. Und ich habe sie genutzt. Das ist etwas, was nur einmal im Leben passiert und es war wohl eines der verrücktesten Formel-1-Rennen. Ich bin letztlich froh, ein Teil davon gewesen sein."

Tiago hatte Grund zur Freude..., Foto: Sutton
Tiago hatte Grund zur Freude..., Foto: Sutton

Dass damals Schumacher und Barrichello beinahe kollidiert wären und er so um ein Haar sogar gewonnen hätte, erfuhr er erst später: "Aber in gewisser Weise war es besser, dass es so gekommen ist, wie es dann gekommen ist. Ich hätte das Rennen gewonnen, aber ich hätte auch mit Narain Karthikeyan und einem Minardi-Fahrer auf dem Podest gestanden, und das hätte nicht so beeindruckend ausgesehen. In ein paar Jahren werden sich die Leute nicht mehr an die Umstände erinnern, sie werden nur das Bild sehen, wie zwei Ferrari-Fahrer neben mir stehen..."

Ein Schlückchen in Ehren...

Natürlich träumt er trotzdem davon, so etwas auch noch einmal unter "normalen" Umständen zu erreichen. Wobei auffällt, dass er im Gegensatz zu vielen anderen Piloten auch noch ein Leben neben dem Rennsport zu haben scheint, sich für die "normale Welt" interessiert, auch nicht alles der Karriere unterordnet. Kein spezieller Diät-Wunsch beim Media-Dinner vor einem Rennwochenende, sogar ein Schlückchen Wein darf sein. "Wenn man ordentlich trainiert und allgemein vernünftig und in Maßen isst, dann ist das alles kein solches Drama..." Wobei das mit dem Wein seine besondere Bewandtnis hat: "Mein Vater ist ein großer Weinkenner und -Liebhaber - und an einem Abend vor einem F3-Qualifying saßen wir mal zusammen, ich war frustriert, weil den ganzen Tag im Training nichts vernünftig funktioniert hatte. Da habe ich mich ausnahmsweise überreden lassen, mal ein Glas von einem besonders guten Roten zu probieren. Am nächsten Tag holte ich die Pole-Position." Worauf der Papa ihn am Samstagabend überzeugte, das Ritual doch zu wiederholen: "Und am Sonntag habe ich dann das Rennen gewonnen." Seitdem ist das kleine Schlückchen zum Abendessen erlaubt.

Ob er deswegen später einmal unter die Weinbauern gehen wird, wie das ja seine Kollegen Jarno Trulli oder Jean Alesi bereits praktizieren, weiß er noch nicht. Aber einen "Zweitberuf" hat er sich auch schon zugelegt: "Anscheinend braucht man das heute, da sieht man mal, wie schlecht es uns Formel-1-Piloten geht", nimmt er sich selbst auf die Schippe. "Der eine hat seinen Wein, David sein Hotel, Jacques die Musik - und ich bin der T-Shirt-Produzent." 100 Stück mit einem jeweiligen Spezial-Design bringt er zu jedem Rennen mit, die er dann verteilt - vor allem an besondere Gäste und Sponsoren. Aber wenn Adrian Sutil und Markus Winkelhock bei den nächsten Rennen schön lieb fragen, dann bekommen sie sicher auch eines, als Dank für ihre gute Testarbeit...