Wenn Sie auf die ersten beiden Rennen zurückblicken: Wie hat Ihnen der Saisonstart gefallen?

Jackie Stewart: Bahrain war ein fantastisches Rennen. Ich war dort und habe es sehr genossen. Es hätte kaum besser sein können. Die Aufholjagden von Kimi Räikkönen und Nico Rosberg waren klasse. Wir haben Überholmanöver gesehen und es war ein tolles Rennen mit großem Zuschauerinteresse vom Qualifying bis zum Rennen. Im Vergleich dazu war Malaysia ein langweiliges Rennen. Das Qualifying war gut, aber das Rennen selbst war nicht sehr spannend. Es gab nicht so viele Überholmanöver wie erwartet. Ohne den Motorschaden hätte Nico aber ein ernsthafter Anwärter sein können.

Was können wir in diesem Jahr erwarten? Ist Renault schlagbar oder werden sie einen Alleingang zum Titelgewinn schaffen?

Jackie Stewart: Ihr Auto ist sehr fahrbar. Aus Fahrersicht ist es sympathisch und fahrerfreundlich. Es sieht einfach zu fahren aus. Beide Fahrer sind sehr talentiert: Fisichella ist sehr gut und Alonso ist sehr reif. Da das Auto auch noch sehr zuverlässig ist, ist es ein Spitzenklasseteam. Deswegen werden sie schwer zu schlagen sein. Aber McLaren wird auch schnell sein und besonders mit Räikkönen alle Chancen nutzen, die sich ihnen bieten. Auch Montoya kann jedes Rennen gewinnen. Außerdem gehe ich davon aus, dass Button in diesem Jahr ein Rennen gewinnen wird. Das Auto ist gut genug dafür und das Team ist sehr stark. Von Williams werden wir in diesem Jahr Podestplätze sehen; möglicherweise von beiden Fahrern und es ist auch nicht unmöglich für sie ein Rennen zu gewinnen. Bei Ferrari ist Michael immer noch unglaublich. Dahinter gibt es nicht sehr viele, über die man sprechen müsste.

Sehen Sie Ferrari nicht als Titelkandidaten?

Jackie Stewart: Sagen wir es so: Sie werden nicht dominant sein. Das würde mich sehr überraschen.

Wie sehen Sie Michaels Zukunft? Wird er weiter fahren?

Jackie Stewart: Ich hätte ihm gewünscht Ende 2004 zurückzutreten. Das habe ich damals schon gesagt. Aber ich verstehe ihn: Er hat immer noch Spaß daran und liebt den Sport. Es wäre wundervoll, wenn er den Titel noch einmal gewinnen und dann zurücktreten könnte. 2006 stehen die Chancen dafür aber sehr schlecht. Darüber nachzudenken mit etwas aufzuhören ist für Sportler immer schwieriger als damit zu beginnen. Vielleicht hat er das richtige Timing verpasst. Denn man wird immer nach den Ergebnissen beurteilt, die man beim Rücktritt vorweisen kann. Deshalb wäre es für ihn schöner gewesen als sprichwörtlich ungeschlagener Champion abzutreten.

Wenn er in diesem Jahr nicht den Titel holen sollte: Wird er dann ewig weiter machen bis er es geschafft hat?

Jackie Stewart: Er wird es noch einmal versuchen. Aber das ist keine einfache Entscheidung.

Was hat Sie in diesem Jahr bislang am meisten beeindruckt?

Jackie Stewart: Der Einstieg von Nico Rosberg und seine Reife für sein junges Alter. Ich war mit ihm bei einem PR-Event in Malaysia und wie er sich dort im Parlament präsentiert hat, war einfach toll. Er war sehr höflich, er war gut gekleidet, er sprach gut und dabei sprechen wir noch gar nicht über sein Fahrtalent. In Bahrain war er unglaublich und in Malaysia genauso. Er ist für mich die größte Überraschung.

Gibt es auch eine Enttäuschung der bisherigen Saison?

Jackie Stewart: Bislang noch nicht. Etwas enttäuschend ist, dass Rubens bei Honda noch nicht mit dem Auto klar kommt. Ich respektiere Rubens sehr.

Wie schätzen Sie Felipe Massas Leistung ein?

Jackie Stewart: Er ist sehr schnell, macht aber noch ein paar Fehler zu viel. Und in der Formel 1 darf man nicht zu viele Fehler machen. Trotzdem ist er sehr begabt und ich mag seinen Fahrstil.

Was sagen Sie zum Debüt von BMW Sauber?

Jackie Stewart: Das war eine ungewöhnliche Entscheidung. Sie können die Schuld nun auf niemanden mehr schieben und können nur noch sich selbst beschuldigen. Wenn man einen Chassis- oder Motorenpartner hat, gibt es immer einen auf den man sich berufen kann. Selbst Mercedes-Benz kann die Schuld auf McLaren schieben. Deshalb war es meiner Meinung nach nicht die richtige Zeit für BMW diesen Alleingang zu wagen. Die Beziehung mit Williams hat nicht so gut funktioniert, wie sie es sollte, aber das hätte man alles beheben können. Jetzt ist die Entscheidung gefallen und ich wünsche ihnen viel Glück. Es ist sogar sehr gut BMW als Hersteller mit einem eigenen Team in der Rennserie zu haben.

Wie beurteilen Sie ihre Leistung bislang?

Jackie Stewart: Es war okay, aber sie haben mir nicht den Atem geraubt.