Ein zweiter Platz ist Klagen auf hohem Niveau, doch für die Red-Bull-Piloten gilt 2023 die alte Sportler-Regel ganz besonders: Der Zweite ist der erste Verlierer. Max Verstappen beendete den Aserbaidschan GP in Baku als erster Verlierer. "Das ganze Wochenende war ein bisschen chaotisch, aber das war bei diese Format auch so erwarten", tat er seinen Unmut über das Sprint-Format noch einmal kund.

Nachdem ihm im Sprint eine Kollision mit George Russell jegliche Siegchancen kostete, war es im Grand Prix schlichtweg Pech - oder doch strategisches Unvermögen? Von Platz zwei gestartet übernahm Verstappen die Führung von Charles Leclerc, sobald das DRS freigegeben wurde. Der Weltmeister behielt die Führung bis zu seinem Boxenstopp in Runde zehn.

Weil unmittelbar nach Verstappens Stopp das Safety Car auf die Strecke kam, profitierten all jene Piloten, die noch nicht beim Reifenwechsel waren. Dazu gehörten auch Teamkollege Sergio Perez und Charles Leclerc. Perez lag vor Verstappens Stopp direkt hinter dem Niederländer, Leclerc fuhr drei Sekunden hinter dem Führenden.

Boxenstopp kostet Verstappen zwei Plätze

Durch die Safety-Car-Phase verloren Perez und Leclerc weniger Zeit in der Box und kamen vor Verstappen zurück auf die Strecke. Verstappen fiel durch den falsch getimten Reifenwechsel zwei Positionen zurück.

Pech? Wahrscheinlich, aber Verstappen will die Entscheidung für seinen Boxenstopp noch einmal genauer unter die Lupe nehmen lassen. Denn als Red Bull den Niederländer reinholte, stand Nyck de Vries bereits und blockierte die Strecke. "Ich dachte mir, dass er sich nur verbremst hat, aber man konnte klar sehen, dass er sich ein Rad beschädigt hatte. Da weiß man, dass er nicht zurück an die Box kommen kann, selbst wenn er den Rückwärtsgang reinbekommt", analysiert Verstappen nach dem Rennen.

"Das müssen wir uns ansehen, denn das hat meinem Rennen geschadet", so der Weltmeister. "Ich kann im Auto nicht jedes Detail sehen, aber das Team hat da sicherlich etwas mehr Überblick. Deshalb müssen wir uns anschauen, ob wir etwas anders hätten machen müssen. Ich weiß aber nicht, wann genau der Call kam, mich an die Box zu holen", gesteht Verstappen.

De Vries löste die Gelb-Phase aus, als Verstappen bereits in Kurve 15 war. Das Worldfeed zeigte den havarierten AlphaTauri just in dem Moment, als Verstappen die Order bekam, an die Box zu fahren. Da war der Niederländer bereits auf dem Weg Richtung Start und Ziel. Besonders viel Zeit gab es nicht, um zu reagieren, also den Reifenwechsel doch noch abzublasen.

Platz zwei holte sich Verstappen schnell zurück von Leclerc. Drei Kurven nach dem Restart war zumindest hier die richtige Reihenfolge wiederhergestellt. Doch an Perez biss er sich die Zähne aus. Der Mexikaner konnte seinen Teamkollegen das gesamte Rennen über aus dem DRS-Fenster heraushalten.

"Ich war einmal ziemlich nah dran, aber dabei habe ich meine Reifen etwas hart rangenommen", so Verstappen. "Ich habe es dann sein lassen, um die Reifen nicht komplett zu zerstören." Verstappen ließ zwar nie ganz abreißen, gefährlich konnte er aber bis zum Rennende nie werden.

Verstappen nimmt Platz zwei an: Gut für die Zukunft

Dabei erlebte der Weltmeister in den letzten Runden noch einen zweiten Frühling. "Ich hatte erst Probleme mit der Balance zwischen Kurveneingang und Scheitelpunkt. Das ist hier auf dieser Strecke sehr wichtig. Einmal hatte ich Übersteuern, dann Untersteuern. Ich habe verschiedene Änderungen am Differenzial am Lenkrad vorgenommen und am Ende einen guten Kompromiss gefunden. Die letzten zehn Runden waren viel besser."

Nachdem Verstappen am Samstag mit Platz drei richtig sauer war, akzeptierte er am Sonntag sein Schicksal - und sah sogar Positives: "Man muss anerkennen, wenn der andere einen guten Job gemacht hat. Ich bin zufrieden mit dem zweiten Platz. Manchmal brauchst du solche Wochenenden, um zu verstehen, was es braucht, um das Auto schneller zu machen. Gerade auf Straßenkursen tu ich mich da noch etwas schwer, auch mit den neuen Reifen. Da ist Checo vielleicht noch etwas besser. Traditionelle Strecken überdecken die Probleme etwas. Deshalb war das heute ein guter Tag für die Zukunft."