Es ist vorbei: Der Abu Dhabi Grand Prix 2022 war Sebastian Vettels 299. und letzter Formel-1-Grand-Prix. Trotz schlechter Strategie fuhr der vierfache Weltmeister seinen Aston Martin zum Ende noch einmal in die Punkte. Danach hieß es Abschied nehmen. Was Vettel der Formel 1 bedeutete, dass wird nun erst so richtig klar.

Wir haben die Stimmen von Weggefährten und Konkurrenten aus der Formel 1 für euch gesammelt. Sie sehen im Heppenheimer nicht nur einen der erfolgreichsten Grand-Prix-Piloten aller Zeiten, sondern auch einen großartigen Menschen. Die Erinnerungen gehen von sportlicher Fairness, persönlicher Hilfe, und einem Glas Jägermeister bis hin zur Geburt einiger Schafe. Und dann ist da auch noch einer, der gar nicht wahrhaben will, dass Vettel aller Vorrausicht nach kein Formel-1-Rennen mehr bestreiten wird.

Die Stimmen zu Sebastian Vettels Karriereende

Mike Krack (Vettels letzter Formel-1-Teamchef bei Aston Martin):
"Er kam aufgrund seiner ganzen Medienverpflichtungen etwas später [zum Debrief, Anm. d. Red.]. Er arbeitete zuerst alles ab und beschrieb genau, wie sich das Auto verhielt. Dann gab es einige Worte des Dankes und ein Glas - Was trinkt er doch immer? - Jägermeister. Das Zeug riecht nicht gerade gut. Aber ernsthaft: Nicht viele Fahrer hätten sich das noch angetan. Ich weiß nicht, wie er das alles hinbekommen hat. Es gab so viel Ablenkung. Schon in Brasilien war das Thema überall 'Abschied, Abschied, Abschied'. Es wurde einfach immer mehr. Aber jedes Mal, als er im Auto saß, war er voll da. Er war bei über 100%. Das Qualifying war das beste Beispiel. In Q2 hat er sich für seine schnellste Runde um andere Autos herummanövrieren müssen, das war sehr beeindruckend. Wie er diese hochklassige fahrerische Leistung von dem ganzen Abschiedstrubel getrennt hat, war einfach beispielhaft. Ich konnte das nicht von ihm erwarten."

Max Verstappen (zweiter Red-Bull-Weltmeister nach Vettel)
"Er bedeutet eine Menge für Red Bull, weil er durch die Juniorenserien für sie nach oben kam und dann alles im Sport erreicht hat. Er hat bei Red Bul viele Freunde und das geht bis nach ganz oben. Er hatte eine Karriere, von der andere nur träumen können. Natürlich hatte ich heiße Kämpfe mit ihm, besonders am Anfang meiner Karriere. Ich werde für den Rest meines Lebens letztes Jahr in Silverstone niemals vergessen: Da kam ich aus dem Krankenhaus zurück ins Motorhome, um meine Sachen zu packen, und er war da. Er wartete auf mich, um mich zu fragen, ob alles mit mir in Ordnung ist. Er ist eine supernette Person und kümmert sich um die Leute. Das macht er nicht zu seinem eigenen Vorteil, sondern er meint es einfach gut. Ich will mich an ihn gut erinnern können, daher ist es auch sehr schön, dass wir dieses Wochenende unsere Helme tauschen und ich seinen in meiner Sammlung habe. Wir werden ihn vermissen, aber andererseits wünsche ich ihm alles Gute für die Zukunft und Zeit mit seiner Familie. Er ist ein Familienmensch und das ist großartig, er ist ein Vorbild."

Lewis Hamilton (Titelrivale Vettels 2010, 2017 und 2018)
"Wir hatten immer solch großartige Zweikämpfe und ich denke mir ehrlicherweise, dass die meisten Fahrer zurückkommen. Alonso kam zurück und Seb kommt vermutlich auch zurück. Wir sehen, dass auch andere Fahrer zurückkommen. Ich sitze hier also und akzeptiere, dass es sein letztes Rennen ist….aber…er wird zurückkommen! Die Formel 1 hat ihre Wege, dich wieder in ihren Bann zu ziehen. Wir haben das doch auch bei so vielen anderen Fahrern gesehen, oder?"

Daniel Ricciardo (2014 Teamkollege Vettels bei Red Bull):
"Seit der Ankündigung seines Rücktritts wurde ich viel zu ihm befragt und ich kann wirklich nur gutes berichten. Als Person kann ich nur in höchsten Tönen von ihm sprechen, auch weil er für mich persönlich einige Dinge getan hat. Dafür bin ich ihm sehr dankbar, er kümmert sich wirklich um andere, um den Sport aber auch um uns Konkurrenten. Natürlich ist er aber auch in der Lage das zu trennen und uns auf der Strecke als Rivalen zu sehen. Denkt einmal zurück an 2013, als er in der zweiten Saisonhälfte alle Rennen gewann. Es war ein erbarmungsloser Ansatz, er war nicht zufrieden, ehe er nicht das gesamte Feld zerstört hatte. Diese Motivation nicht nur zu gewinnen, sondern dich auch zerstören, das bewundere und respektiere ich auch an ihm."

Christian Horner (Teamchef Red Bull, verantwortlich bei allen vier Titeln Vettels)
"Er ist einfach ein absoluter Profi. Er kam zu uns als junger Mann mit einer Zahnspange und einem komischen Haarschnitt. Und er ist in dieser Zeit als Red-Bull-Junior einfach gewachsen. Er hat eine so liebenswerte Persönlichkeit, er kam mit Pralinen für die Empfangsdame und die Sekretärinnen, und er hat sich einfach bei allen beliebt gemacht. Er konnte so viele verschiedene Akzente nachahmen und imitieren, vom Cockney-Slang bis zu Nigel Mansell. Sein Jean Todt war legendär. Also, einfach ein brillanter, brillanter Charakter. Und ein noch brillanterer Fahrer. Ich meine, was wir zusammen erreicht haben, die vier Weltmeisterschaften in Folge, die Art und Weise, wie er hier 2010 und in Brasilien 2012 ins letzte Rennen gegangen ist - das sind phänomenale Erinnerungen. Natürlich waren die letzten Jahre für ihn schwieriger, aber das sollte nichts von dem schmälern, was er als einer der größten Fahrer in der Formel-1-Geschichte getan und erreicht hat. Und darüber hinaus ist er einfach ein großartiger Mensch. Mit ihm verbinde ich so viele Erinnerungen abseits der Rennstrecke. Er verbrachte viel Zeit mit mir, er kam zu mir nach Hause. Ich lebe auf dem Land auf einem kleinen Bauernhof, und sie lammten, die Lämmer wurden in einem Stall geboren, und er wollte dabei sein und zusehen, und ich erinnere mich, wie der örtliche Bauer mit Sebastian auftauchte und half, ein paar Lämmer herauszuziehen. Und er hatte keine Ahnung, wer er war, wer dieser Typ ist, ein vierfacher Weltmeister, in einem Schafstall. Oder ich erinnere mich, wie er mit ein paar Eseln - wir haben ein paar kleine Esel - spazieren ging, und er ging durch das Dorf, und jemand kam fast von der Straße ab und dachte: "Ist das Sebastian Vettel mit dem Esel aus Shrek?" Also, einfach ein liebenswerter Kerl, und ich denke, wir alle werden ihn in der Formel 1 vermissen."

Fernando Alonso (Titelrivale Vettels 2010 und 2012)
"Es wird seltsam sein, ihn im nächsten Jahr und beim ersten Rennen nicht dabei zu haben. Wir teilen so viele Dinge. In den letzten 15 Jahren haben wir manchmal um Meisterschaften gekämpft, manchmal um den siebten Platz, in Japan sogar bis zur Ziellinie, und trotzdem haben wir natürlich immer jeden einzelnen Kampf genossen und uns gegenseitig so viel Respekt entgegengebracht, wie wir konnten. Also ja, ich denke, meine Karriere wird in gewisser Weise mit Sebastian verbunden sein, weil wir für viele großartige Dinge gekämpft haben. Ich denke, unsere beiden Namen werden sehr miteinander verbunden sein - oder mein Name in Sebastians Karriere und umgekehrt."

Charles Leclerc (Teamkollege von Vettel bei Ferrari):
"Er war unglaublich und hat so viel in diesem Sport erreicht. Eigentlich muss man dazu gar nichts mehr sagen. Als Person war er schon unglaublich nett zu mir, als ich noch in der Formel 2 war. Ich war im Simulator, was keine einfache Arbeit ist, weil sie dich ermüdet. Ich dachte Seb wusste vermutlich nicht einmal, dass ich da war. Später erhielt ich einen Brief von ihm, in dem er mir für die harte Arbeit gedankt hat und das hat mir viel bedeutet. Dann wurden wir Teamkollegen für 2019 und 2020, da hat er mir viel beigebracht, obwohl wir heikle Momente auf der Strecke hatten. Der Respekt neben der Strecke ging nie verloren. Er war immer für mich da, wenn ich schwierige Zeiten durchlebte. Es war anders, als ich es mit anderen Teamkollegen erlebte. In der Formel 1 ist die teaminterne Konkurrenz eine normale Sache, aber er hat sich trotzdem um mich gekümmert und hat immer versucht, mir zu helfen. Er wird definitiv fehlen, aber ich bin auch sicher, dass er seine Zeit neben der Rennstrecke genießen wird und andere Dinge finden wird, die ihn glücklich machen."

Mattia Binotto (Vettels letzter Teamchef bei Ferrari)
"Wir hatten viele unglaubliche Jahre, ich glaube aber, dass es gegen Ende sehr schwierig für mich war, weil ich ihm verkünden musste, dass wir den Vertrag mit ihm nicht verlängern. Das war vielleicht die schwierigste Aufgabe in meiner gesamten Karriere. Denn wenn du eine Person so magst und es auch wirklich magst mit ihr zu arbeiten, ist es schwer zu einem Ende zu kommen und so eine Entscheidung zu verkünden."

Mohammed Ben Sulayem (FIA-Präsident)
"Sebastian Vettels Leistungen werden für immer in die Geschichte unseres Sports eingehen. Heute nehmen wir Abschied von einem Fahrer, der sowohl auf als auch neben der Strecke so viel gegeben hat. Seb, ich verneige mich vor dir!"