Selbstkritisch gab sich Ferrari-Teamchef Mattia Binotto nach der Schlappe von Monaco. "Wenn du hier führst und am Ende Vierter wirst, dann hast du etwas falsch gemacht. Wir hatten sicherlich Fehler in unserer Einschätzung und unseren Entscheidungen." Doch was genau ging bei der Scuderia schief, dass Charles Leclerc, der ein fehlerloses Rennen fuhr, von Rang eins auf Rang vier durchgereicht wurde?

Dass Leclercs Monaco-Fluch weitergehen würde, deutete sich schon vor dem Start an. Pole ist im Fürstentum fast schon eine Sieg-Garantie. Ein heftiger Regenschauer nur wenige Minuten vor dem Rennstart ließ die Garantie aber erlöschen.

Der verspätete Rennstart hinter dem Safety Car kam Leclerc wieder entgegen. Bis Runde 15 lief für ihn auch alles nach Plan. Er führte den GP mit fünf Sekunden Vorsprung vor Teamkollege Carlos Sainz an. Drei Sekunden hinter Sainz lag Sergio Perez, zwei weitere Sekunden dahinter Weltmeister Max Verstappen.

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Dann reagierte Red Bull vorne an der Spitze früher auf die abtrocknenden Bedingungen. In Runde 16 wechselte Perez von Regenreifen auf Intermediates. Die Intermediates waren zu diesem Zeitpunkt klar schneller, doch das Problem war der Verkehr. Nicht einmal mit fünf Sekunden Rundenzeitdifferenz war es in Monaco einfach, zu überholen.

Perez fiel durch den Boxenstopp hinter Lando Norris auf Rang fünf zurück. Glück für Perez: Norris, der noch auf Regenreifen fuhr, kam eine Runde später zum Reifenwechsel. So konnte der Mexikaner die überlegene Pace seiner Intermediates ausnutzen. Von Pech will Binotto nichts wissen: "Es war kein Glück oder Pech. Es war eine Fehleinschätzung. Wir hätten das Rennen gewinnen können."

Denn Ferrari reagierte mit Leclerc nicht sofort auf den Perez-Stopp. Erst zwei Runden nach Perez wechselte der Lokalmatador auf Intermediates. Zu spät. Während Leclerc den 3,337 Kilometer kurzen Kurs noch in 1:32er Zeiten umrundete, fuhr Perez schon 1:25er Zeiten. Zwei Runden waren genug, um aus acht Sekunden Rückstand vier Sekunden Vorsprung zu machen.

"Wir hätten eine Runde früher reagieren sollen", gibt Mattia Binotto zu. "Wir haben die Pace der Intermediates unterschätzt. Oder wir hätten gar nicht erst auf Intermediates wechseln dürfen." Diese Taktik verfolgte nämlich Teamkollege Carlos Sainz. Der Spanier wechselte direkt von Regenreifen auf Slicks.

Der direkte Wechsel war die klügste Variante. Die Intermediates waren nur kurzzeitig die beste Wahl. Leclerc wechselte in Runde 21 bereits auf Slicks. Somit fuhr er nur drei Runden lang auf der Zwischenlösung.

Doch warum gewann Sainz den Grand Prix dann nicht? Sein Rennen hatte zwei kleine Fehler. Als er in Runde 21 aus der Box kam, sortierte er sich direkt hinter Nicholas Latifi ein, den es zu überrunden galt. Doch der Williams-Pilot machte nicht sofort Platz. "Zwei Sektoren fuhr ich hinter ihm her. Das hat mich viel Zeit gekostet", ärgerte sich der Spanier.

Gleichzeitig war der Wechsel auf Slicks kein typischer Undercut-Stopp. Während der Intermediate sofort nach dem Wechsel dem Full-Wet überlegen war, brauchte der Slick erst ein wenig, um auf Temperatur zu kommen.

Verkehr und Aufwärm-Probleme führten dazu, dass Sainz Position eins an Perez verlor. Der Mexikaner lag in Runde 20 noch vier Sekunden hinter Sainz. Sein Boxenstopp eine Runde nach dem Ferrari-Piloten brachte ihn unmittelbar vor ihm wieder auf die Strecke.

Damit wäre geklärt, wie Perez den Monaco GP gewann und Sainz erneut knapp an seinem ersten Formel-1-Sieg scheiterte. Wie aber verlor Charles Leclerc noch eine Position gegen Max Verstappen? Schließlich machte der Weltmeister in der ersten Boxenstopp-Runde den gleichen Fehler wie Leclerc. Beide kamen erst in Runde 18 zum Stopp.

Ferrari holte in Runde 21 beide Piloten gleichzeitig. Dabei musste sich Leclerc kurz hinter Sainz beim Reifenwechsel anstellen. Seine Boxendurchfahrtszeit war deshalb dreieinhalb Sekunden länger. Auch Red Bull praktizierte eine Runde später einen Doppel-Stopp. Verstappen verlor dabei aber 'nur' zweieinhalb Sekunden.

Gleichzeitig profitierte der Niederländer vom eine Runde späteren Job. Auch Leclerc hatte Probleme, die harten Reifen sofort auf Temperatur zu bekommen. Gleichzeitig hatte der Monegasse vor dem zweiten Stopp schon etwas von seinem Vorsprung auf Verstappen eingebüßt. All das war genug, auch noch Platz drei zu verlieren.

Immerhin eine Sache machte Ferrari aber dennoch richtig. Nach der Rennunterbrechung durch den Schumacher-Crash fuhren Leclerc und Sainz auf denselben harten Reifen weiter, auf denen sie zuvor unterwegs waren. Bei einer Rot-Unterbrechung dürfen die Reifen gewechselt werden. Red Bull ging auf frische Mediums.

Fast wäre es deshalb am Ende noch einmal spannend geworden. Die Medium-Pneus zeigten gegen Rennende starkes Graining. Leclerc und Sainz waren deutlich schneller, konnten aber in Monaco schlicht nicht überholen.