1. S wie Startaufstellung in Barcelona

Charles Leclerc ist im Qualifying der Formel 1 2022 eine Macht, das zeigt auch die Startaufstellung zum Spanien GP heute (Formel 1 in Barcelona im TV: Der Zeitplan). Den Fehltritt, oder genauer gesagt den Dreher zu Beginn des Showdowns im Qualifying, bügelte er mit einer sensationellen Pole-Runde bei ablaufender Uhr wieder aus. Allerdings ist das Ergebnis zumindest nach Zeiten etwas missverständlich: Leclerc hatte nur 0,323 Sekunden Vorsprung auf Max Verstappen, weil dieser im entscheidenden Finale sein DRS nicht öffnen konnte.

Für das Rennen heute sind die beiden WM-Kontrahenten definitiv wieder auf Augenhöhe zu sehen. Neu in der Startaufstellung sind zwei silbern glänzende Mitspieler. Hinter Carlos Sainz auf Rang drei taucht mit George Russell der erste Mercedes auf, er konnte den zweiten Red Bull von Sergio Perez schlagen. Auch Lewis Hamilton ist nicht weit weg, und Mercedes in Summe der Spitze nähergekommen.

Das Mittelfeld ist eng wie eh und je, angeführt von Valtteri Bottas, gefolgt von Kevin Magnussen, Daniel Ricciardo, und Mick Schumacher, er erstmals in seiner Karriere das dritte Qualifying-Segment erreicht hat und auf Punkte hofft. Zwei Große stehen weit hinten: Sebastian Vettel konnte trotz Aston-Martin-Upgrades und Kontroverse kaum etwas ausrichten und startet nur von Platz 16, und Fernando Alonso muss aufgrund von Verkehr im Qualifying nur von Platz 17 losfahren.

2. S wie Start in Barcelona

Der Start ist für die Formel 1 in Barcelona heute, wie immer, ein kritischer Moment. Erst einmal, weil es kein einfacher ist. 579 Meter sind es bis zur ersten Kurve. Lange genug, um sich für einen Angriff vorzubereiten, doch die erste Schikane ist tückisch. Es ist möglich, sich in Kurve eins außen zu platzieren und sich so in Kurve zwei innen durchzusetzen. Das Risiko dabei ist, dass der Innenmann keinen Platz lässt und einen rausdrückt.

Die erste Kurve in Barcelona ist eine Herausforderung, Foto: LAT Images
Die erste Kurve in Barcelona ist eine Herausforderung, Foto: LAT Images

Dazu lädt die Kombination nämlich richtiggehend ein, denn sie ist eigentlich relativ schnell, und wer zu viel Platz lässt, verschenkt viel Speed und macht sich für später verwundbar. So gehen viele Fahrer gerne aggressiv zu Werke. Wer in der ersten Kurve raus muss, dem droht ein ungesunder Ausritt über hohe Wurst-Kerbs, und der muss auch noch einen Poller umfahren, um keine Strafe zu erhalten. Wer in der zweiten Kurve raus muss, auf den wartet ein Kiesbett.

3. S wie Stau in Barcelona

Was den Start heute aber noch kritischer macht, ist ein anderer Schlüsselfaktor. Barcelona ist bekannt dafür, dass man, besonders in der Formel 1, nur sehr schwer überholen kann. Da lassen sich viele in der ersten Runde gleich einmal zu viel Risiko verleiten. Wohl wissend, dass es für das eigene Rennen ein Desaster wäre, wenn man zu weit hinten aus der ersten Runde zurückkommt und sich ein Stau zu bilden beginnt.

Es braucht nämlich einen großen Pace-Vorteil von mehreren Zehnteln, um in Barcelona zu überholen. Das wird sich auch mit den neuen Formel-1-Regeln von 2022 nicht ändern, fürchten zumindest die Fahrer. "Hinterherfahren war in den letzten paar Tagen hier tatsächlich schwieriger als zuletzt", sagt Ferrari-Pilot Carlos Sainz. "Ich glaube, es ist die Hitze, und die Reifen leiden da ziemlich. Jede Runde, in der du hinterherfährst, ist eine Runde, wo du die Reifen überhitzt und weniger Grip hast."

4. S wie Sommerhitze in Barcelona

Diese Hitzewelle in Barcelona wird heute nicht verschwinden, so lautet die Prognose. Der Spanien-GP blieb bisweilen staubtrocken und wurde überwiegend bei jenseits der 30 Grad Lufttemperatur ausgetragen. Die Regenwahrscheinlichkeit tendiert gegen Null, der Asphalt heizt sich am Nachmittag daher mangels Wolken auf an die 50 Grad auf.

Trotz härtester Reifenwahl rechnen alle daher mit einem enormen Reifenverschleiß. Am Freitag beklagten die Fahrer, dass die weicheren Reifenmischungen ihnen nach wenigen Runden regelrecht zerfallen würden. Und wenn sich erst einmal ein Stau auf der Strecke bildet, dann kann das beim Reifen schnell eine Negativ-Spirale direkt in die Überhitzungs-Hölle auslösen.

5. S wie Strategie in Barcelona

Umso wichtiger wird heute die Strategie. Die Hitze und der Reifenverschleiß verleiten einige im Fahrerlager dazu, gar von drei Stopps zu sprechen. Zu diesen gehörte Red Bull. Drei Stopps öffnen dann interessante Optionen: Zum Beispiel könnte man von vornherein auf drei Stopps setzen. Das erlaubt einen Start auf Soft - und das würde eine bessere Start-Performance bieten.

Die Fans in Barcelona spannen Schirme bislang nur zum Sonnenschutz auf, Foto: LAT Images
Die Fans in Barcelona spannen Schirme bislang nur zum Sonnenschutz auf, Foto: LAT Images

Auf einer Strecke, wo der Start so wichtig ist, ist das eine Überlegung wert. So sehr, dass Charles Leclerc im Qualifying sogar noch einen Satz Soft-Reifen sparte, um sich für diese Strategie-Option in Stellung zu bringen. Pirelli empfiehlt einen Start auf Medium, danach ist laut dem Reifenhersteller alles offen. Alle drei Mischungen könnten zum Einsatz kommen.

Lewis Hamilton zeigte im Vorjahr, wie groß der Vorteil sein kann, wenn die Reifen in die Knie gehen. Da spricht man nicht mehr von Zehnteln, sondern von Sekunden pro Runde. Mit einem zusätzlichen Stopp fuhr er über 20 Sekunden Rückstand auf Max Verstappen wieder zu und überholte ihn auf der Strecke für den Sieg.

6. S wie Setup in Barcelona

Im Angesicht des womöglich enormen Reifenverschleißes wird das Setup der Autos heute in Barcelona eine Schlüsselrolle spielen. Warum es besonders hervorgehoben werden sollte? Weil seit Freitag ungewöhnlich viel Bewegung und Unsicherheit bei dem Thema drin ist. Ferrari sah im Renntrimm in den ersten Trainings sehr schwach aus, und legte daher in der Mittagshitze des 3. Trainings eine Extraschicht ein, um Setup-Änderungen zu testen.

Die sahen deutlich besser aus. Trotz Verbesserungen holte Leclerc später die Pole. Während Red Bull für Samstag etwas umbaute, da man Qualifying-Performance vermisste. "Ich glaube, dass unsere Verbesserungen für die schnelle Runde unseren Longruns nicht wehtun", ist Verstappen danach zuversichtlich, der erst im Qualifying am Limit wirklich mit der Balance zufrieden war. "Normal ist das auch besser für den Longrun." Und in den letzten Rennen war Red Bull auch beim Reifenverschleiß durchwegs besser aussortiert.

Doch dass Ferrari über Nacht nachgelegt hat, streut Zweifel bei Red Bull. "Der Leclerc-Longrun war deutlich besser als gestern, da spitzt sich der Dreikampf zu", prognostiziert Motorsport-Chef Dr. Helmut Marko. Dreikampf? Ja, denn Mercedes scheint seinerseits das Setup des schwierigen W13 in Barcelona erstmals richtig gut getroffen zu haben, auch dank eines neuen Unterbodens. Anders als etwa zuletzt in Miami brachen George Russell und Lewis Hamilton nicht im Qualifying ein, sondern unterstrichen eine solide Performance des Autos.

7. S wie Sieger in Barcelona

Und plötzlich schiebt sich die Formel 1 an der Spitze heute in Barcelona zusammen. Leclerc und Verstappen sind sicher ganz oben auf der Liste der potentiellen Sieger, doch sie sind in Spanien nicht alleine. Carlos Sainz und George Russell hoffen dahinter auf ihre ersten F1-Siege, und zwar sind sie vielleicht nicht ganz so schnell wie die beiden in der ersten Reihe, doch ein Hitzerennen mit vielen Strategien kann selbst auf einem überholfeindlichen Kurs wie Barcelona Überraschungen herbeirufen.

So muss man auch Sergio Perez und Lewis Hamilton aus der dritten Reihe in die Gleichung mit aufnehmen. Auch ein Safety Car ist bei weitem nicht ausgeschlossen, denn hier gibt es noch Kiesbetten. Aggressive Strategien könnten bei eventuellen Überraschungen mit den Reifen auch überraschende Erfolge einfahren. Schnelles Denken wird für den Sieg heute genauso nötig sein wie schnelles Fahren.