Diverse Schichten aus Kohlefaser sorgen für extreme Stabilität, die automatische Tönung des Visiers ermöglicht beste Sicht, die individuelle Anpassung an den Kopf des Fahrers garantiert größtmöglichen Komfort: Die Helme in der Formel 1 stehen nicht nur für Sicherheit und Hightech, sondern beeinflussen auch die aerodynamische Performance der Boliden.

"Die Helme müssen nicht nur auf den Kopf des Fahrers, sondern auch zur Aerodynamik des Autos passen", unterstreicht Dickie Stanford, Teammanager von Williams, vor dem Großen Preis von Frankreich. "Wir testen die Helme unserer Fahrer deshalb vor der Saison im Windkanal und sorgen zusammen mit den Herstellern für eine möglichst optimale Luftanströmung der Airbox und des Heckflügels."

Die Helme sind ein stetiger Begleiter ihrer Träger., Foto: Sutton
Die Helme sind ein stetiger Begleiter ihrer Träger., Foto: Sutton

Die Zeiten, in denen Formel-1-Fahrer ihre Helme von der Stange kauften, sind schon lange vorbei. Heute ist jeder Helm ein Einzelstück, individuell und mit großem Aufwand auf den einzelnen Fahrer zugeschnitten. Bei der Braunschweiger Firma Schubert Engineering, die neben Weltmeister Michael Schumacher auch die BMW-Williams-Piloten Nick Heidfeld und Mark Webber ausrüstet, wird kein Fahrer in einen Standardmaßhelm gezwängt. Jeder Helm wird um den Kopf herum gebaut, und zwar von innen nach außen.

Dazu wird im ersten Schritt der Kopf des Fahrers gescannt, um ein Modell des Kopfes in Originalgröße herstellen zu können. Wenn das Modell steht, geht es weiter wie bei den alten Ägyptern und ihren Mumien: Schicht um Schicht wird der Modell-Kopf mit Hightech-Fasern umwickelt.

Für den Motorradfahrer auf der Straße ist der Luxus eines individuell gefertigten Helms zwar noch Zukunftsmusik ist, dennoch entscheidet auch hier die Passform nicht nur über den Komfort, sondern auch über die Schutzwirkung. "Beim Kauf kommt es entscheidend darauf an, den Sitz des Helms – nicht zu eng und nicht zu weit – genau zu prüfen", sagt Dr. Christoph Lauterwasser vom Allianz Zentrum für Technik (AZT) und empfiehlt, den Helm vor dem Kauf wenn möglich zehn Minuten zur Probe zu tragen.

Zu besonderen Anlässen gibt es auch Diamantschmuck, Foto: Sutton
Zu besonderen Anlässen gibt es auch Diamantschmuck, Foto: Sutton

Besteht ein herkömmlicher Motorradhelm aus drei Schichten, der Polsterung sowie der innern und äußeren Schale, so werden für einen Formel-1-Helm nicht weniger als 17 Schichten verarbeitet. Die einzelnen Bestandteile sind ein gut gehütetes Betriebsgeheimnis, nur die drei Hauptsubstanzen lassen sich die Spezialisten entlocken: Kohlefaser für die Steifigkeit, feuerfestes Aramid sowie Polyäthylen, das auch für schusssichere Westen verwendet wird und den Helm undurchdringlich machen soll. Dazu kommen Aluminium, Magnesium und als Bindemittel Epoxidharz. In der Formel 1 gilt: Was für die Monocoques gut ist, lässt sich auch gut tragen. Die Kohlefaserverbundwerkstoffe (CFK) machen die Helme zu Leichtgewichten von rund 1250 Gramm, die äußerst hart im Nehmen sind. Die Vorteile eines leichten Helms liegen auf der Hand – dadurch werden, vor allem auf Streckenabschnitten mit hoher G-Belastung, Hals- und Nackenmuskeln der Piloten entlastet.

Für einen Helm werden 120 Kohlefasermatten verklebt. Danach geht´s in den Autoklaven, wo die einzelnen Schichten bei konstanten 132 Grad Celsius und unter hohem Druck miteinander verbunden und ausgehärtet werden. Besonders beanspruchte Stellen wie die Unterseite und der Visierausschnitt werden zusätzlich mit Aluminium und Titan verstärkt. Das Innenfutter besteht aus zwei Lagen feuerfestem Nomex. Das Belüftungssystem ist so angelegt, dass pro Sekunde fünf Liter Frischluft ins Helminnere strömen können, wobei ein Filter feinste Partikel von Motoröl, Karbon und Bremsstaub aussortiert. Die Kommunikation mit der Box erfolgt über ein Funkgerät im Kinnbereich. Der Lärm im Innern der Helme konnte mit großem Aufwand für Forschung und Entwicklung auf unter 100 Dezibel gedrückt werden.

Die Helme werden genauso gehütet wie die Teamgeheimnisse., Foto: Sutton
Die Helme werden genauso gehütet wie die Teamgeheimnisse., Foto: Sutton

Unerlässlich für die Sicherheit der Fahrer ist eine gute Sicht auch unter schwierigsten Bedingungen. Dafür sorgt das drei Millimeter dicke Helmvisier. Gefertigt wird es aus feuerfestem Polycarbonat und weist ein für die Augen sehr angenehmes Innenleben auf. In Sekundenbruchteilen verändert sich die Tönung – wie bei manchen Sonnenbrillen, nur sehr viel schneller. Bei der Tunneleinfahrt in Monaco zum Beispiel hellt sich das Visier auf, bei der Ausfahrt dunkelt es sich blitzschnell ab, damit der Fahrer nicht geblendet wird. Dass das Visier beheizt ist, versteht sich, obwohl die Formel 1 im Winter Pause macht, fast von selbst.

Bevor ein Helm von der Fédération Internationale de l´Automobile (FIA) zugelassen wird, muss er unterschiedliche Crashtests heil überstehen. Beim so genannten Penetration Test fällt ein drei Kilogramm schwerer, spitzer Metallgegenstand aus drei Metern Höhe auf den Helm und darf die Hülle nicht durchdringen. Auch der sichere Sitz des Helms wird getestet. Der Kinnriemen darf sich unter der Last eines 38 Kilogramm schweren Gewichts um höchstens 30 Millimeter dehnen. Das Visier wird mit etwa 500 km/h schnellen Projektilen beschossen und die Einschlagstellen dürfen nicht tiefer als 2,5 Millimeter sein. Beim Feuertest schließlich wird der Helm 45 Sekunden lang einer 800 Grad heißen Flamme ausgesetzt, wobei die Temperatur im Helminnern auf höchstens 70 Grad ansteigen darf. Obwohl die Lebensdauer eines Formel-1-Helms fast unendlich ist, überlassen Hersteller und Teams nichts dem Zufall: Für die BMW-WilliamsF1-Piloten nimmt Teammanager Dickie Stanford zu jedem Grand Prix jeweils zwei nagelneue Helme mit.

Wussten Sie schon...

... dass bei der für Formel-1-Helme verwendeten Hochleistungsfaser T 800 ein Faden aus etwa 12.000 Mikrofäden besteht? Diese Fäden sind jeweils 15 Mal dünner als ein menschliches Haar. Die Gesamtlänge aller in einem einzigen Helm verarbeiteten Fäden beträgt rund 16.000 Kilometer.