In ihrer langen Geschichte war die Formel 1 bislang in 37 Ländern zu Gast. Viele Schauplätze sind mittlerweile verblasst, so auch jene des Großen Preises von Portugal, der auf drei verschiedenen Strecken insgesamt 16 Mal stattfand - zum letzten Mal auf den Tag genau vor zwanzig Jahren. Anlässlich dessen blickt Motorsport-Magazin.com auf die wendungsreiche Historie des Rennens zurück.

Anfänge in Porto und Lissabon

Zum ersten Mal großen Motorsport gab es in Portugal am 17. Juni 1951 auf dem Circuito da Boavista in der Hafenstadt Porto zu bestaunen. Es handelte sich dabei um einen 4,7 Kilometer langen temporären Straßenkurs, der über Kopfsteinpflaster und Straßenbahnschienen hinwegführte und den Piloten alles abverlangte. Bis inklusive 1955 fand hier ein jährliches Sportwagenrennen statt, das allerdings nicht zur Formel-1-Weltmeisterschaft zählte.

Stirling Moss gewann 1958 den ersten Portugal GP, Foto: Sutton
Stirling Moss gewann 1958 den ersten Portugal GP, Foto: Sutton

Die Königsklasse gab sich zum ersten Mal 1958 in Porto die Ehre. Stirling Moss gewann auf regennasser Fahrbahn mit seinem Vanwall-Boliden vor Mike Hawthorn auf Ferrari sowie Stuart Nigel Lewis-Evans, einem weiteren Vanwall-Piloten. So aufregend das Rennen auch war, richtig dramatisch wurde es erst nach dem Fallen der Zielflagge.

In Folge eines Protests, da er nach einem Dreher angeblich für einige Meter entgegen der Fahrtrichtung gefahren sei, wurde Hawthorn zunächst disqualifiziert. Moss verteidigte seinen Kollegen jedoch und stellte klar, dass sich der Brite abseits der Strecke befunden hatte, was keinen Regelverstoß darstellte. Somit kam es doch nicht zur Disqualifikation, was am Ende der Saison ausschlaggebend dafür war, dass Hawthorn den Weltmeistertitel gewann - einen Punkt vor Moss.

1959 übersiedelte das Rennen vorrübergehend nach Monsanto Park, einer ausgesprochen anspruchsvollen und durchaus gefährlichen Strecke innerhalb einer bewaldeten Parkanlage im Westen von Portugals Hauptstadt Lissabon. Erneut gewann Stirling Moss, diesmal auf Cooper. Es war ein einmaliger Abstecher nach Monsanto, denn im Folgejahr schlug die Formel 1 ihre Zelte erneut in Porto auf - zum letzten Mal.

Den für lange Zeit letzten Großen Preis von Portugal entschied 1960 Jack Brabham vor Bruce McLaren und Jim Clark für sich, ehe die Formel 1 dem iberischen Land für fast dreißig Jahre den Rücken kehrte. Zwar gab es in den 60er-Jahren weiterhin Sportwagenrennen in der Küstenstadt Cascais, die aber nicht zur Weltmeisterschaft zählten.

Das Comeback in Estoril

Am 21. Oktober 1984 war es endlich wieder soweit: Die Formel 1 feierte ihr Comeback in Portugal. Austragungsort war diesmal das 1972 erbaute 4,3 Kilometer lange Autódromo do Estoril nahe Lissabon. Es handelte sich dabei um das Saisonfinale, das zwar Alain Prost für sich entschied, doch nicht der Franzose, sondern der zweitplatzierte Niki Lauda durfte sich über den Gewinn des Weltmeistertitels freuen - mit einem halben Punkt Vorsprung.

Ayrton Senna gewann 1985 in Portugal seinen ersten Grand Prix, Foto: Sutton
Ayrton Senna gewann 1985 in Portugal seinen ersten Grand Prix, Foto: Sutton

Mit Ausnahme des Jahres 1985, als der junge Ayrton Senna im heftigen April-Regen seinen ersten Sieg feierte, etablierte sich fortan Ende September als Zeitpunkt für den Portugal GP. Aufgrund dieses späten Termins im Kalender und der nahenden Titelentscheidung kam es immer wieder zu denkwürdigen Szenen, die in die Geschichte der Formel 1 eingingen.

So stellte Estoril 1988 den Auftakt zum wohl erbittertsten Duell da, das die Königsklasse je sah. Alain Prost setzte auf der Start- und Zielgeraden dazu an, seinen McLaren-Teamkollegen Ayrton Senna zu überholen, doch der Brasilianer wehrte sich und drückte den Franzosen in Richtung Boxenmauer. Prost blieb jedoch auf dem Gas und setzte sich in der ersten Kurve an Senna vorbei. Der Grundstein zum Sieg und einer Jahre andauernden Feindschaft war gelegt.

Kontrovers ging es auch in der Saison darauf zu. Ferrari-Pilot Nigel Mansell verbremste sich bei der Anfahrt zum Boxenstopp und setzte verbotenerweise einige Meter zurück, um seinen Stellplatz zu erreichen. Als der Brite wieder auf der Strecke war, wurde ihm die schwarze Flagge gezeigt - Disqualifikation! Mansell reagierte allerdings nicht, sondern setzte einen Angriff auf den zu diesem Zeitpunkt führenden Ayrton Senna, im Zuge dessen er den Brasilianer abschoss und aus dem Rennen riss.

Für Senna war der Ausfall gleichbedeutend mit dem Ende seiner Titelträume, da er alle drei ausstehenden Saisonrennen gewinnen hätte müssen, um WM-Leader Prost noch abzufangen. Mansell und Ferrari wurden mit einer Geldstrafe in Höhe von je 50.000 Dollar belegt und Brite darüber hinaus für das nächste Rennen gesperrt.

Ein unliebsames Déjà-Vu gab es für Mansell, der nun in Diensten von Williams stand, zwei Jahre später. Der um den Titel kämpfende Brite blieb 1991 wenige Meter nach seinem Boxenstopp mit einem losen rechten Hinterrad in der Boxengasse liegen. Daraufhin stürmten die Mechaniker herbei, hoben den Wagen mit ihren bloßen Händen an und montierten den fehlenden Reifen erneut.

Dieses Prozedere verstieß naturgemäß gegen alle nur erdenklichen Regeln, sodass Mansell später, nachdem er sich vom 17. bis auf den sechsten Platz nach vorn gekämpft hatte, per schwarzer Flagge disqualifiziert wurde. Diesmal leistete er der Aufforderung folge.

1992 war es Mansell schließlich endlich vergönnt, seinen nach 1986 und 1990 dritten Sieg in Estoril zu feiern. Überschattet wurde das Rennen jedoch von einem spektakulären Unfall zwischen Gerhard Berger und Mansells Teamkollegen Riccardo Patrese.

Patrese fuhr eingangs der Start- und Ziel-Geraden auf Bergers McLaren auf. Der Williams des Italieners stieg steil in die Luft auf und landete unmittelbar neben der Boxenmauer, die er danach weiter entlangschlitterte, wieder auf der Strecke. Wie durch ein Wunder wurde bei diesem Crash niemand verletzt.

In Folge der tödlichen Unfälle von Ayrton Senna und Roland Ratzenberger 1994 in Imola kam es zu Umbauarbeiten in Estoril, im Zuge derer einige Kurven entschärft wurden. Dennoch blieb die Strecke gefährlich, wie Tyrrell-Pilot Ukyo Katayama 1995 am eigenen Leib erfahren musste. Der Wagen des Japaners überschlug sich nach einer Startkollision mehrfach. Aufgrund der erlittenen Verletzungen musste Katayama das nächste Rennen auslassen.

Keine Neuauflage in Sicht

Jacques Villeneuve gewann 1996 den letzten Portugal GP, Foto: Sutton
Jacques Villeneuve gewann 1996 den letzten Portugal GP, Foto: Sutton

Der bis heute letzte Große Preis von Portugal wurde 1996 von Jacques Villeneuve gewonnen. Eigentlich hätte die Formel 1 auch im Folgejahr zum Saisonfinale in Estoril gastieren sollen, doch da zugesagte Renovierungsarbeiten an der Strecke nicht stattfanden, wurde das Rennen von der FIA abgesagt und stattdessen als Großer Preis von Europa im spanischen Jerez de la Frontera ausgetragen. Der Grand Prix ging wegen des Rammstoßes von Michael Schumacher gegen Villeneuve in die Geschichte ein.

Seither ist es relativ ruhig um die Formel 1 in Portugal geworden. Dabei gäbe es mit dem Autódromo Internacional do Algarve in Portimão durchaus eine Rennstrecke, welche die Anforderungen erfüllen würde, wie Besuche von Superbike, WTCC und FIA-GT1-Weltmeisterschaft belegen. Tatsächlich dürfte der portugiesische Markt in Zeiten der Expansion in immer ausgefallenere Regionen für die Königsklasse aber einfach nicht lukrativ genug sein. Es wird somit vermutlich noch länger bei 16 Grands Prix bleiben, die in Portugal absolviert wurden.

Alle Sieger beim Großen Preis von Portugal

Saison Ort Fahrer Team
1958PortoStirling MossVanwall
1959MonsantoStirling MossCooper
1960PortoJack BrabhamCooper
1984EstorilAlain ProstMcLaren
1985EstorilAyrton SennaLotus
1986EstorilNigel MansellWilliams
1987EstorilAlain ProstMcLaren
1988EstorilAlain ProstMcLaren
1989EstorilGerhard BergerFerrari
1990EstorilNigel MansellFerrari
1991EstorilRiccardo PatreseWilliams
1992EstorilNigel MansellWilliams
1993EstorilMichael SchumacherBenetton
1994EstorilDamon HillWilliams
1995EstorilDavid CoulthardWilliams
1996EstorilJacques VilleneuveWilliams