Es war eigentlich zu erwarten: Sobald der Motor nicht mehr die ganze große Rolle spielt, ist Red Bull wieder bei der Musik. Das war auch schon in Monaco so. Dort wurde Daniil Kvyat Vierter, Daniel Ricciardo Fünfter. Am Freitag in Ungarn bestätigten die beiden Red-Bull-Fahrer diesen Eindruck und sprengten sogar das Mercedes-Duo an der Spitze.

Doch wie sieht es im Longrun aus? Kann Red Bull auch hier mit Mercedes mithalten? Oder müssen sich die Bullen eher Sorgen machen, dass Ferrari und Williams von hinten kommen? Wegen des Motorschadens von Daniel Ricciardo fällt die Longrun-Analyse leider aus zweierlei Gründen etwas schwerer: Zum einen konnte der Australier natürlich keinen Longrun fahren, zum anderen wurde die Session - einmal mehr - zum ungünstigsten Zeitpunkt unterbrochen.

Ricciardo-Motorschaden erschwert Longrun-Analyse

Die Unterbrechung verfälscht das Bild. Manche Piloten nutzten die Pause, um gleich auf die andere Reifenmischung zu wechseln, andere gingen später wieder auf den gleichen Reifen raus. Allerdings bekamen die Pneus dadurch eine Verschnaufpause und kühlten ab. Nicht ideal für Vergleiche.

Hinzu kommt, dass es aufgrund der Streckenlänger viel Verkehr gibt. Heißt, viele Rundenzeiten müssen wegen Überholmanöver rausgestrichen werden. Trotz allen Einschränkungen lässt sich sagen: Red Bull ist ganz vorne bei der Musik dabei.

Ricciardos Longrun war bis zum Motorschaden sensationell. Und auch Kvyats Dauerlauf war stark. Der Russe startete seinen Run mit vier Runden alten Soft-Reifen. 13 Runden lang - inklusive Rot-Unterbrechung - fuhr Kvyat mit den Pneus auf Zeit. Im Schnitt benötigte er 1:29,0 Minuten für einen Umlauf.

Hamilton begann seinen Run auf sieben Runden alten Softs. Der Mercedes-Pilot blieb - mit Unterbrechung - zehn Runden auf der Strecke und kam auf einen Rundenschnitt von 1:29,3 Minuten. Dr. Helmut Marko erklärt sich das so: "Wir haben heute neue Teile gebracht, die sich positiv ausgewirkt haben. Wir scheinen Ferrari und Williams im Griff zu haben. Bei Mercedes ist es schwer zu sagen, wie weit sie am Limit sind. Wir sind mit viel Benzin gefahren und der Reifenverschleiß war gut."

Mercedes kann Samstag und Sonntag im Vergleich zu Freitag immer überproportional zulegen. Deshalb haben die Silberpfeile wohl auch in Ungarn noch einige Reserven - auch bei den Longruns. Doch Red Bull ist so stark wie noch nie in dieser Saison.

Interessant ist auch ein Blick auf die Sektorenzeiten. Im zweiten Sektor fährt Kvyat absolute Bestzeit. Knapp anderthalb Zehntel schneller als Lewis Hamilton. Im Mittelsektor gibt es keine einzige Gerade. Hier reiht sich Kurve an Kurve.

Sektorbestzeiten FP2

PlatzSektor 1ZeitSektor 2ZeitSektor 3Zeit
1Hamilton29,731Kvyat30,367Hamilton23,673
2Ricciardo29,779Hamilton30,502Ricciardo23,967
3Kvyat29,857Rosberg30,655Rosberg23,980
4Räikkönen29,889Ricciardo30,696Kvyat24,046
5Rosberg29,915Räikkönen31,050Räikkönen24,140

Auch Ferrari sah beim Longrun übrigens stark aus. Kimi Räikkönen fuhr ihm Schnitt 1:29,2 Minuten. Dabei hatten die Reifen des Finnen zu Beginn des Runs bereits zehn Runden abgespult. Allerdings dauerte der Run dann nur acht Runden lang.

Williams kann nicht überzeugen

Williams hingegen konnte wenig überzeugen. Wie schon in Monaco hat der FW37 mit der langsamen Charakteristik zu kämpfen. Valtteri Bottas kommt im Longrun nur auf 1:29,8 Minuten. Klar, Williams ist am Freitag immer konservativ unterwegs, doch im Longrun kompensiert sich das meist etwas.

Toro Rosso war einmal mehr stark am Freitag, Foto: Sutton
Toro Rosso war einmal mehr stark am Freitag, Foto: Sutton

Williams muss möglicherweise Toro Rosso fürchten. Sainz legte einen beeindruckenden Longrun hin. 19 Runden am Stück fuhr der Spanier mit den weichen Reifen. Im Schnitt benötigte er 1:29,6 Minuten für eine Umrundung. Allerdings gilt bei Toro Rosso das Gegenteil von Williams: Das Red Bull Juniorteam ist am Freitag oftmals stärker als am Sonntag. Gute Longruns zeigte das Team auch schon in Silverstone.

Interessant könnte am Sonntag die Strategie werden. Zwischen Medium und Soft liegen zwischen 1,8 und 2,0 Sekunden. Pirelli erwartet am Sonntag zwei Stopps. Die harten Reifen dürften dann nur sehr kurz zum Einsatz kommen. Allerdings sollen die Temperaturen am Sonntag niedriger sein. Möglicherweise geht sich auch eine Einstopp-Strategie aus. Dann kommt es darauf an, wer wie gut mit den Medium-Reifen umgeht.

Die Einstopp-Strategie könnte außerdem interessant sein, weil Überholen so gut wie unmöglich ist. So können im Rennen noch einige Verschiebungen erwartet werden. Wirklich relevante Longruns mit den Mediums gab es nicht. Das erste Training musste zweimal unterbrochen werden, im zweiten Training fehlte die Zeit wegen der Ricciardo-Unterbrechung. Dann konzentrieren sich die Teams lieber auf die Arbeit mit dem weichen Reifen.

Ungarn-Spezialisten schlagen wieder zu

Bemerkenswert: Die Ungarn-Spezialisten haben wieder zugeschlagen. Bei Mercedes und Ferrari gibt es teamintern eine klare Tendenz. Lewis Hamilton könnte sich mit seinem fünften Erfolg auf dem Hungaroring zum alleinigen Rekordsieger machen, Kimi Räikkönen könnte sein achtes Ungarn-Podium holen.

Hamilton und Räikkönen kennen das Ungarn-Podium bestens, Foto: Sutton
Hamilton und Räikkönen kennen das Ungarn-Podium bestens, Foto: Sutton

Bei ihren Teamkollegen sieht die Statistik jeweils anders aus: Nico Rosberg stand in Budapest noch nie auf dem Podium, Sebastian Vettel 'nur' dreimal - gewonnen hat der Ferrari-Pilot dort noch nie.

Am Freitag spiegelte sich die Statistik wieder. Sowohl auf eine schnelle Runde, als auch bei den Longruns - deutlich. Wobei Vettel nach seinen Problemen und Drehern gar keinen Longrun auf Soft fahren konnte. Rosberg hingegen brachte einen längeren Run auf Softs zusammen, der allerdings war weder besonders schnell, noch besonders konstant.