Unsanfte Ankunft auf dem Boden der Tatsachen: Da sah Toro Rosso in den freien Trainings schon wie eine echte Silverstone-Offenbarung aus, doch das Qualifying zog die Jungbullen wieder auf Erdgeschoss-Niveau zurück. Nach dem dritten Platz von Verstappen im ersten freien Training und den hervorragenden Plätzen fünf und sechs im dritten freien Training ging es im Qualifying nach unten in der Zeitenliste: Max Verstappen schaffte es mit einem stark übersteuernden STR10 nicht ins Q3, Carlos Sainz Jr. schaffte den Einzug ins letzte Segment, kam aber nicht über Platz acht in 1:33.649 Minuten hinaus - 13 Tausendstel hinter Bullenanführer Daniil Kvyat.

Der Spanier sah keinen Absturz und war mit sich und der Welt im Reinen: "Ich bin wirklich glücklich, ich genieße diese Strecke!", sprudelte der 20-Jährige, der seine Leistung positiv einschätzte. "Wir haben alles gegeben und ich glaube nicht, dass wir mehr aus dem Auto hätten herausholen können. Wir haben das ganze Wochenende stark ausgesehen und ich bin immer optimistisch gewesen. Ich bin glücklich mit Platz acht." ‚Nicht so schnell, Carlos‘, sagt hingegen der Technische Direktor James Key: "Leider hat sich Carlos auf seiner letzten Runde in Q3 nicht ausreichend gesteigert. Wir denken, dass es für ihn möglich gewesen wäre, auf einer besseren Position zu landen."

Etwas Verwirrung also im Camp von Toro Rosso, das erwartete Lob für Sainz wird kleiner ausfallen als der Spanier es sich vorstellen dürfte. "Morgen erwarten wir ein schwieriges Rennen mit vielen Kämpfen", prognostiziert Sainz. "Ziel ist, auf der Position anzukommen, von der wir starten, oder noch weiter vorn, um mehr Punkte zu ergattern." Key glaubt, dass das möglich ist: "Unsere Pace mit viel Sprit war gut am Freitag, deshalb sollten wir einfach morgen unser Bestes geben und um Punkte kämpfen."

Verstappens Drift ins Mittelfeld

Das ist natürlich auch das Ziel von Max Verstappen, der ein bitteres Qualifying erlebte. Der Niederländer fing sich bereits seine sechste Qualifying-Niederlage ein. Grund dafür war ein mysteriöses Balance-Problem: "Ich weiß nicht, was heute passiert ist", rang der 17-Jährige mit seiner Fassung. "Wir waren das ganze Wochenende so konkurrenzfähig und dann, als ich ins Q1 gegangen bin, habe ich Übersteuern bekommen und war überhaupt nicht mehr glücklich mit der Balance."

Max Oversteer: Urplötzlich stellten sich bei Verstappen Balanceprobleme ein, Foto: Sutton
Max Oversteer: Urplötzlich stellten sich bei Verstappen Balanceprobleme ein, Foto: Sutton

Sein leichtfüßiges Heck erlaubte es Verstappen nicht, in den schnellen Kurven ans Limit zu gehen; Ergebnis: Aus in Q2 mit einer Zeit von 1:34.502 Minuten. Das reichte nur für den 13. Platz. "Es ist richtig enttäuschend, weil ich mich massiv auf das Qualifying gefreut hatte. Aber das Auto hat sich nicht so verhalten wie ich es wollte und so konnte ich mich nicht verbessern." Key konnte zunächst keinen Fehler ausmachen: "Wir müssen uns das heute Abend anschauen, denn auf den Echtzeit-Daten war nichts zu sehen."

Der von Helmut Marko als Wunderkind angepriesene Verstappen erklärte im Detail: "Ich habe vom Beginn des Qualifyings an gemerkt, dass etwas nicht stimmt. In den ersten beiden Kurven hatte ich so viel Übersteuern und Wheelspin, dass ich mir den ganzen Reifensatz ruiniert habe. Es ist so seltsam, ich habe überhaupt keine Erklärung dafür. Ich hatte einfach viel Übersteuern und viele Traktionsprobleme - vor allem gegenüber FP3." Ein erster Verdacht fiel auf den neuen Unterboden, der nach dem dritten Training eingebaut wurde, weil der alte durch einen Ausritt leicht beschädigt war.

Die große Chance, Red Bull bei deren Heimspiel vorzuführen, ist zumindest am Samstag ausgelassen worden. "Das war echt ein enttäuschendes Qualifying", fasst James Key zusammen. "Ich denke, wir haben in jeder Sitzung hier eine gute Performance gezeigt und die Fahrer waren glücklich mit ihren Autos. Und dann hatten wir im Qualifying leider eine etwas holprige Session." Während er und Sainz auf den Rennspeed hoffen, mahnt Verstappen an: "Hoffentlich können wir etwas bis morgen tun." Angesichts der guten Longrun-Performance wäre es zu schade, mit den Balance-Problemen Punkte zu verschenken.