Kimi Räikkönen sagte unlängst in einem Interview, dass Sebastian Vettel sein Freund in der Formel 1 sei. David Coulthard ist aber skeptisch, ob diese gute Beziehung auch noch Bestand hat, wenn die beiden - aller Voraussicht nach - bei Ferrari als Teamkollegen mit, aber auch gegeneinander kämpfen. "Es wird interessant, ob sie auch Freunde bleiben, denn es immer schwierig, wenn man ihn als Teamkollegen hat", sagte der Schotte auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Aktuell wird bei Mercedes deutlich, wie eine einst gute Freundschaft sich verändern kann, wenn Teamkollegen um den WM-Titel kämpfen. Für Coulthard absolut logisch. "Natürlich respektiert man ihn und kann eine gute Beziehung haben, aber am Ende ist sein Erfolg dein Scheitern und dein Erfolg sein Scheitern", erklärte er Motorsport-Magazin.com zum Kampf gegen den Teamkollegen. "Es setzt einen anderen Druck auf die Beziehung."

Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen verbringen auch abseits der Strecke Zeit miteinander, Foto: Sutton
Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen verbringen auch abseits der Strecke Zeit miteinander, Foto: Sutton

Wechselzeitpunkt richtig

Für Vettel wäre es keine neue Situation, ein angespanntes Verhältnis zu seinem Teamkollegen zu haben. Bis 2013 kämpfte er gemeinsam mit Mark Webber bei Red Bull und spätestens nach "Multi 21" war das Tischtuch zwischen den beiden endgültig zerschnitten. Mit Daniel Ricciardo hat Vettel in diesem Jahr zwar einen Teamkollegen, zu dem er ein gutes Verhältnis pflegt, dennoch kommt für Coulthard der Abschied von Red Bull zur richtigen Zeit.

"Das Timing war richtig. Die Möglichkeit kam schnell. Hätte Fernando auf seinen Vertrag bestanden, wäre Sebastian nicht zu Ferrari gegangen, aber als sich die Möglichkeit bot, konnte er sie nicht ausschlagen", sagte Coulthard. Schon seit Jahren wurde Vettel von vielen Seiten vorgeworfen, dass vier Titel mit nur einem Team keinen herausragenden Fahrer ausmachen würden. Erst ein Wechsel und der neuerliche Erfolg würden ihn für immer in die Geschichtsbücher eingehen lassen. Für Coulthard hat der Wechsel zu Ferrari allerdings zwei Gründe. "Es war eine Mischung aus der Frustration in diesem Jahr und der Möglichkeit zu gehen", analysierte der Schotte.

Die Wege von Sebastian Vettel und seinem aktuellen Renningenieur Guillaume Rocquelin hätten sich nach der Saison ohnehin getrennt, Foto: Red Bull
Die Wege von Sebastian Vettel und seinem aktuellen Renningenieur Guillaume Rocquelin hätten sich nach der Saison ohnehin getrennt, Foto: Red Bull

Bekannter Ingenieur für Vettel

Mit seinem Wechsel zu Ferrari betritt Vettel allerdings komplettes Neuland - mit einer Ausnahme. "Ich habe gehört, dass Sebastians Ingenieur von Toro Rosso zu Ferrari gehen wird, das macht es für ihn vielleicht etwas einfacher", erklärte Coulthard gegenüber Motorsport-Magazin.com. Für den ehemaligen McLaren- und Red-Bull-Piloten war es stets enorm wichtig, bekannte Gesichter in einem neuen Team zu haben. Er selbst nahm seinen Ingenieur David Brown von Williams zu McLaren mit, da ihm das Team noch fremd war.

"Für mich ist ein Schlüssel, wenn man sich einem neuen Team anschließt, Leute um einen zu haben, die einen bereits aus der Vergangenheit kennen", überlegte der Schotte. "Es ist angenehmer, wenn man Leute kennt, mit denen man schon gearbeitet hat, es nimmt ein bisschen die Spannung wie am ersten Schultag oder dem ersten Tag im neuen Job." Zu Beginn wisse ein Fahrer nicht, wer die guten oder die schlechten Kerle in einem Team seien und eine Vertrauensperson würde in diesem Zusammenhang sehr hilfreich sein.

Vettel und die Probleme mit der Hybrid-Formel

Diese Hilfe wird Vettel auch im kommenden Jahr dringend brauchen. Coulthard hatte bisher nicht den Eindruck, dass sich der vierfache Weltmeister mit den neuen Hybrid-Systemen der Königsklasse besonderes wohlfühlen würde. Große Verbesserungen erkennt Coulthard für Vettel aber auch nach dem Wechsel von Red Bull zu Ferrari nicht. "Es sieht aktuell nicht so aus, als wäre das Ferrari-Hybridsystem besser als das Renault-Hybrid-System."

Ein klar besseres System hat der Schotte am Wochenende erlebt: Mercedes. "Ich konnte an diesem Wochenende mit dem Mercedes-Motor fahren und es ist unglaublich, zu was die moderne F1 imstande ist. Wenn man auf das Gaspedal steigt, hat man sofort 160 zusätzliche PS", war der ehemalige McLaren-Pilot hellauf begeistert. Dieser Test hätte ihm die Augen geöffnet. Als Fahrer müsse man sehr früh schalten, um das Drehmoment zu kontrollieren. "Es ist eher eine Drehmomentlimitierung als eine Drehzahllimitierung", erkannte der Schotte.

Das Gefühl, einen Mercedes-Motor zu fahren, wird Vettel bei Ferrari allerdings erneut nicht erleben. Dennoch möchte Coulthard den vierfachen Weltmeister keinesfalls abschreiben und stellt sich gegen alle Kritiker. "Er hätte nicht so viele Rennen ohne ein herausragendes Talent gewonnen."