Man muss nicht unbedingt Hellseher sein, um einen glasklaren Favoriten für den Rennsieg am Sonntag auszumachen. Der Mercedes-Bolide war in allen Trainings das mit Abstand schnellste Auto - nicht nur auf eine Runde, sondern auch in allen Longruns, in denen beide Mercedes-Fahrer am Freitagnachmittag auf Soft-Reifen als einzige im Feld konstant unter 1:30 und damit deutlich schneller als alle anderen fahren konnten.

Nico Rosbergs Q3-Rundenzeit war beeindruckend und um fast fünf Zehntel schneller als jene des Zweitplatzierten Sebastian Vettel. An Rosberg wird am Sonntag kein Weg vorbeiführen, wenn sein Auto hält. Vor allem, da Hauptkonkurrent Lewis Hamiton, der einzige Fahrer, der an diesem Wochenende in einer Session vor Rosberg landen konnte, aus der Boxengasse starten wird.

Rosbergs Vorsprung auf ersten Verfolger
FP1+0.424 auf Kimi Räikkönen
FP2+0.391 auf Sebastian Vettel
FP3+0.360 auf Sebastian Vettel
Quali+0.486 auf Sebastian Vettel

Red Bull gegen Williams?

Spannender als zuletzt könnte aber das Duell um die Plätze hinter Rosberg werden. Bei Williams hatte man vor dem Wochenende die Befürchtung, dass man aufgrund des in Budapest nicht so eklatanten Motor-Vorteils ins Mittelfeld abrutschen könnte. "Das wird sicherlich unser schwierigstes Rennen", hatte Teamchefin Claire Williams schon in Hockenheim gemeint. So sehr wie befürchtet ist Williams aber nicht zurückgefallen.

Zwar war Bottas' Longrun am Freitag unter dem Niveau von Vettel, aber immer noch über jenem eines Fernando Alonso oder Daniel Ricciardo. Und im Qualifying bewies der Finne, dass der Williams auf dem Hungaroring sehr wohl funktionieren kann. Vettel und Bottas waren auch die beiden Piloten, die am Freitag die Grenzen der Pirelli-Softs am stärksten ausreizten. Vettel fuhr 24 Runden, Bottas 23 - ohne dass man bei den Rundenzeiten einen massiven Abfall bemerken hätte können.

Auch die Startaufstellung deutet auf einen Kampf zwischen Red Bull und Williams hin: Vettel geht als Zweiter ins Rennen, unmittelbar dahinter starten Bottas und Ricciardo, Felipe Massa geht hinter Ferraris Fernando Alonso als Sechster ins Rennen. Eine Prognose, wer hier am Ende die Nase vorne hat, lässt sich unmöglich abgeben. Vettels Chance auf einen zweiten Platz - es wäre sein bestes Saisonergebnis - waren in dieser Saison allerdings noch nie größer als sie morgen sein werden.

Was ist für Hamilton noch drin?

Ein Start aus der Boxengasse - und das auch noch auf dem engen Hungaroring, der für seine geringe Anzahl an Überholmöglichkeiten bekannt ist. Für Lewis Hamilton hätte das Qualifying nicht schlimmer verlaufen können. Doch was ist für Hamilton noch drin? Fakt ist: Der Mercedes ist deutlich schneller als die Autos in den hinteren Reihen. Umso mehr schmerzt aber jede Runde, in der Hamilton hinter einem langsameren Auto festhängt.

Hamiltons Mercedes brannte aus, Foto: Sutton
Hamiltons Mercedes brannte aus, Foto: Sutton

Hoffnung geben Hamilton aber zwei Beispiele aus der näheren Vergangenheit: Sebastien Buemi kletterte 2011 im Toro Rosso aus der letzten Reihe um 15 Plätze nach oben und beendete das Rennen als Achter, ein Jahr zuvor hatte sich Kamui Kobayashi im BMW-Sauber ebenfalls aus der letzten Startreihe um 14 Ränge verbessert und damit als Neunter abgeschlossen.

Ein Podium und damit Big Points scheinen bei einem bloßen Blick in die Statistik aber ausgeschlossen. Mit Ausnahme des Chaosrennens 2006 schaffte es in den letzten zehn Jahren nur ein einziger Pilot mit einem Startplatz außerhalb der ersten drei Reihen aufs Podium: Timo Glock 2009 im Toyota von P7 auf Rang zwei. Der Hungaroring liegt Hamilton zweifelsfrei, denn er hat hier bereits viermal gewonnen. Allerdings stand er dabei dreimal auf Pole Position und einmal auf P4.

Knackpunkt Strategie

Allzu viele taktische Spielerei bietet das Rennen diesmal nicht. Der Medium-Reifen ist laut Pirelli um 1.6 Sekunden langsamer. Rosberg sagte nach dem Training sogar, dass es bei ihm bis zu zwei Sekunden waren. Entsprechend sieht auch die von Pirelli errechnete Optimal-Strategie aus, die drei Stopps und einen nur sechs Runden andauernden Schlussstint auf dem Medium vorsieht. Einzige Alternativvariante wäre ein auf zwei Stopps aufgebautes Rennen, wobei hier rund 17 Runden mit dem Medium-Reifen absolviert werden müssten - zumindest nach den Berechnungen von Pirelli. Wolff hat jedenfalls angekündigt, bei Hamilton auf eine ausgefallene Strategie zu setzen.