Trotz verheißungsvollen Verlaufs der Freien Trainings in Ungarn entwickelte sich Kimi Räikkönens Wochenende durch eine 'kleine' Fehlentscheidung seiner Strategieabteilung spät aber schnell in einen Alptraum. Auf dem Hungaroring, wo überholen aufgrund nur einer langen Gerade und vielen engen Kurven traditionell sehr schwierig ist, geht der Finne als Siebzehnter ohne große Aussichten auf ein gutes Resultat ins Rennen. Nachdem Räikkönens erster Run auf der härteren Medium-Reifenmischung durch Verkehr in der ersten fliegenden Runde und Gripproblemen auf der etwas rutschigen Strecke suboptimal verlief, entschied sich Ferrari zu einem riskanten Pokerspiel: Trotz mehrfacher Nachfrage Räikkönens erhielt er die Anweisung, auf eine weitere Ausfahrt zu verzichten - und verlor so in letzter Sekunde seinen Q2-Platz an Jules Bianchi im Marussia.

"Unser ursprünglicher Plan war es, noch einmal herauszufahren", verriet Räikkönen anschließend in gewohnt ruhiger Art. "Ich hatte ein paar Probleme mit den harten Reifen heute Morgen, gestern Mittag waren mir aber einige gute Runden damit gelungen. Wir waren uns sicher, dass wir auf den harten Reifen Q1 auf jeden Fall überstehen würden, jedoch lief mein erster Run leider nicht wie geplant". Nach dem frühen technisch bedingten Ausscheiden von Lewis Hamiltons Mercedes sowie Pastor Maldonados Lotus schien aus Sicht von Ferrari mit den beiden Marussias und Caterhams trotz der mäßigen Zeit Räikkönens keine ernsthafte Gefahr mehr zu lauern. Auf der stetig besser werdenden Strecke kam es so jedoch zur folgenschweren Fehleinschätzung.

Auch in Silverstone schied Räikkönen nach einem Strategie-Fehler Ferraris bereits in Q1 aus, Foto: Sutton
Auch in Silverstone schied Räikkönen nach einem Strategie-Fehler Ferraris bereits in Q1 aus, Foto: Sutton

Nächstes Kapitel in schmerzhaftem Jahr

"Wir waren das gesamte Wochenende hier auf den weichen Reifen extrem stark, jedoch kann ich das Team verstehen, dass es sie für die späteren Abschnitte schonen wollte. Auch ein zweiter Run auf der härteren Mischung hätte aber sicher gereicht", ist Räikkönen überzeugt. Trotz mehrfacher Nachfrage des Finnen entschied sich Ferrari für die Risikovariante - und verpokerte sich so schmerzhaft. "Die Situation ist jetzt weder gut für mich, noch für das Team. Es ist einfach ein weiterer Fehler in einem bislang sehr schmerzhaften Jahr für uns, und in dieser Situation macht es die Gesamtlage natürlich nicht gerade besser", resümierte der Finne.

Einen Grund, Dampf abzulassen und Schuldzuweisungen anzustellen, sieht Räikkönen jedoch nach wie vor nicht: "Es sind ja schon viele Fehler in diesem Jahr passiert und auch ich habe Fehler gemacht und werde wohl weiter Fehler machen. Aber natürlich müssen wir massiv etwas daran ändern, wie die Dinge derzeit laufen. Als Team in der Formel 1 und vor allem als Ferrari sollte so etwas nicht passieren. Wir sind ja alles keine Anfänger."

Auch Regenrennen keine große Hoffnung

Zwar hätte Räikkönen nach eigenen Angaben die Option gehabt, das Team zu einer weiteren Ausfahrt zu zwingen, jedoch wollte er zum Wohle des Gefüges keine eigenmächtigen Entscheidungen treffen: "Klar hätte ich darauf bestehen können, aber ich habe den Jungs letztlich geglaubt und vertraut, dass es reichen wird. Wir sind immer noch ein Team und müssen uns eigentlich aufeinander verlassen können, und das habe ich getan. Dieses Mal ging es eben nach hinten los." Trotz bis dato guter Zeiten am Wochenende glaubt Räikkönen nicht an ein großes Wunder: "Ich denke nicht, dass hier noch etwas möglich ist, denn es ist einfach sehr schwierig, ohne richtige Überholmöglichkeit von weit hinten etwas zu reißen."

Das Ungarn-Wochenende brachte für Kimi Räikkönen bislang mehr Schatten als Licht, Foto: Sutton
Das Ungarn-Wochenende brachte für Kimi Räikkönen bislang mehr Schatten als Licht, Foto: Sutton

Mit Lewis Hamilton, der nach einem durch ein Ölleck am Mercedes verursachten Brand in Q1 gar noch hinter Räikkönen startet, und ein gutes Resultat trotz überlegenen Autos bereits abgeschrieben hat, ist er einer Meinung: "Selbst wenn du der Schnellste bist, ist das hier in der Regel nur ein kleiner Vorteil. Wir werden natürlich alles versuchen, brauchen einen guten Start und dann sehen wir weiter. Aber große Hoffnungen dürfen wir uns wahrlich nicht machen." Auch Regen am Sonntag sieht Räikkönen nicht als möglichen Joker im Strategiepoker. "Zwischen nass und trocken liegt hier nicht wirklich ein Unterschied. Wir können das Auto ja nicht mehr groß umbauen und auf irgendeine Wetteränderung spekulieren, von daher bringt das nicht viel. Vielleicht bringt der Regen ja ein wenig Chaos und es geht zumindest etwas nach vorne für uns, aber große Hoffnungen mache ich mir nicht. Ich werde trotzdem wie immer alles geben und hoffe auf ein gutes Rennen."