Ein halbes Jahr ist Mark Webber nun raus aus dem Formel-1-Geschäft, aber bei weitem nicht arbeitslos: Mit Porsche wird er die 24 Stunden von Le Mans diese Woche in Angriff nehmen. Zuvor war der Australier im aktuellen Sportstudio des ZDF zu Gast und nahm dabei auch zu seiner Zeit in der Formel 1 Stellung. "Ich vermisse die Formel 1 nicht", sagte der frühere Red-Bull-Pilot und begründete dies logisch: "Ich habe zum richtigen Zeitpunkt Schluss gemacht. Würde ich die Formel vermissen, hätte ich etwas falsch gemacht. Das Timing war perfekt."

In der Tat wurde ihm der Abschied nicht gerade schwer gemacht: Mit Sebastian Vettel verstand sich der heute 37-Jährige ohnehin nie wirklich gut und für Helmut Marko war er eher ein Stein in seiner eigenen Agenda. Die Ereignisse eskalierten 2013 beim Großen Preis von Malaysia: Webber lag in Führung, das Team gab die Order heraus, die Positionen zu halten. Vettel setzte sich darüber hinweg, da er einen frischen Reifensatz im Qualifying für den Schlussspurt gespart hatte. Die Kontrahenten würdigten sich keines Blickes.

Mit dem Porsche 919 Hybrid warten auf Webber ganz neue Herausforderungen, Foto: Porsche
Mit dem Porsche 919 Hybrid warten auf Webber ganz neue Herausforderungen, Foto: Porsche

Mehr als ein Jahr später kann Webber entspannter über die Vorfälle reden: "Das war damals kein schönes Rennen. Wir haben die ersten beiden Plätze geholt, aber keiner von uns war glücklich - Seb auch nicht." Er stimmte aber versöhnliche Töne an: "Da ist mittlerweile etwas Gras drüber gewachsen. Es waren gute Schlachten, die wir uns geliefert haben. Er ist ein Weltklassefahrer." Auch Vettel zeigte sich eher entgegenkommend: "Wir hatten deutlich weniger Probleme als es nach außen dargestellt wurde. Ich wünsche ihm viel Erfolg für Le Mans."

Eine ganz neue Herausforderung

Dort wird Mark Webber mit dem Porsche 919 Hybrid ein völlig neuartiges Auto steuern. "Ich freue mich auf das Comeback. Porsche hat eine faszinierende Geschichte im Automobilsport. Zwar stehen 16 Siege in Le Mans zu Buche, aber die Rückkehr ist nicht leicht. Es ist ein völlig neues Team, alle arbeiten zum ersten Mal zusammen. Das wird zwischen Audi, Toyota und Porsche ein Riesensport." Die Arbeitsweise ist ganz anders als in der Formel 1: "Man teilt sich das Cockpit mit anderen Fahrern, das ist eine ganz neue Herausforderung. Die Gurte etwa müssen für jeden Fahrer angepasst werden. Zum Glück haben wir mit Timo [Bernhard] einen sehr erfahrenen Mann dabei."

Webber ist bei weitem nicht der einzige ehemalige Formel-1-Fahrer in Le Mans und der zugehörigen Meisterschaft WEC. Kazuki Nakajima, Alexander Wurz, Sebastien Buemi, Gianmaria Bruni, Nick Heidfeld, Anthony Davidson - alle sattelten um. Wie auch diese Fahrer sieht Webber den größten Unterschied zu einem Formel-1-Fahrzeug im Gewicht: "Reglementbedingt ist unser 919 schwerer, hat aber mehr Abtrieb als ein Formel-1-Auto. Er ist ein bisschen langsamer als die Formel 1 wegen des Gewichts, aber der Topspeed ist mit 340 km/h vergleichbar mit der F1. Es ist ein super-modernes Reglement und ein Labor für Porsche, weil so viel Spitzentechnologie darin steckt."

Gegenüber der Formel 1 mache der Langstreckensport einen durchaus gegenüber anderen Fahrern geselliger, sagte Mark Webber, fügte aber auch lachend hinzu: "Vielleicht liegt das auch am Alter. Es wird nicht leichter im Wettkampf, wenn man älter wird." Und solchen Kampfgeist braucht man eben in der Formel 1: "Man ist nicht in der Formel 1, um mit den anderen Fahrern Freundschaften zu schließen." Sein Wettkampfgeist sei aber noch immer da: "Den kann ich jetzt bei Porsche investieren. Sind wir doch mal ehrlich: Für Porsche möchte doch jeder irgendwann einmal fahren."