Nach 36 Jahren ist Schluss: Ron Dennis wird als Chef von McLaren abgesetzt, nachdem er sich mit Anteilseignern überworfen hatte. Damit endet eine der bedeutendsten Karrieren in der Geschichte der Formel 1, die gespickt war mit unglaublichen Erfolgen und tragischen Rückschlägen. Motorsport-Magazin.com blickt zurück auf die Karriere des streitbaren, aber einzigartigen Ron Dennis.

Vertragsbruch von Prost

Der Beginn der ersten Saison 1981 steht unter keinem guten Zeichen. Prost nimmt einen Testunfall zum Anlass und verabschiedet sich trotz eines gültigen Vertrags zu Renault. So muss man auf den Iren John Watson, der kein hohes Ansehen im Team hat, und auf den erst 21-jährigen Italiener Andrea de Cesaris zurückgreifen. Doch ausgerechnet Watson fährt eine ausgezeichnete Saison und gewinnt auf dem McLaren MP 4/1 das Rennen in Großbritannien. In der WM-Wertung erreicht er mit 27 Punkten den sechsten Platz.

Ron Dennis und John Watson, Foto: Sutton
Ron Dennis und John Watson, Foto: Sutton

Zähe Verhandlungen mit Lauda

Ende 1981 kann Dennis einen sensationellen Coup vermelden. Es gelingt ihm, Niki Lauda zu einem Comeback zu überreden. Der zweifache Weltmeister braucht Geld für seine Fluglinie "Lauda Air" und sieht bei McLaren eine neue sportliche Herausforderung.

"Es waren wohl die zähesten Verhandlungen meines Lebens", stellt Dennis später fest. Hauptsponsor Philipp Morris bleibt skeptisch. "Sie hatten kein Vertrauen in mich. Ich habe ihnen gesagt, dass sie die ersten Rennen abwarten sollen. Nach fünf Rennen wollten sie bereits meinen Vertrag verlängern", erinnert sich Lauda. Ihm und Watson gelingen in dieser Saison jeweils zwei Rennsiege, der Ire wird hinter Keke Rosberg Vizeweltmeister. Mayer verkauft seine Anteile an Dennis und scheidet damit endgültig aus dem Team.

Porsche und der erste Titel

Dennis reaktivierte Niki Lauda und holte gemeinsam mit ihm einen Titel., Foto: Sutton
Dennis reaktivierte Niki Lauda und holte gemeinsam mit ihm einen Titel., Foto: Sutton

Die Saison 1983 verläuft alles andere als zufriedenstellend. Vor allem im Qualifying finden sich Lauda und Watson zumeist am Ende des Feldes wieder. In Monaco verpassen beide Fahrer die Qualifikation, dennoch gelingt Watson mit einem Sieg in Long Beach (vom 22. Startplatz) ein Achtungserfolg. Dennis reagiert, mit Porsche wechselt man für die kommende Saison von Ford zu einem neuen Motorlieferanten. Zudem kommt Vizeweltmeister Prost zurück zu McLaren, Watson muss das Team verlassen.

Die Veränderungen gehen auf, der von John Barnard konstruierte MP 4/2 ist der überlegene Wagen im Feld. Lauda feiert fünf Saisonsiege und seinen dritten WM-Titel, einen halben Punkt vor Teamkollege Prost. Dennis verkauft mit Ende der Saison einen großen Anteil des Teams an den saudi-arabischen Geschäftsmann Mansour Ojjeh und dessen Unternehmen Techniques d'Avant Garde (TAG).

Harter Rückschlag für Dennis

Auch in den kommenden zwei Jahren ist McLaren nicht zu schlagen. Prost wird 1985 und 1986, trotz harter Konkurrenz durch die beiden Williams-Piloten Nigel Mansell und Nelson Piquet zwei Mal en suite Weltmeister. Für die Saison 1987 muss Dennis einen harten Rückschlag hinnehmen. Barnard kann dem Ruf aus Maranello nicht widerstehen und wechselt zu Ferrari. Daraufhin lässt Dennis alle Schlösser in der Firmenzentrale in Woking auswechseln. Die Saison verläuft enttäuschend, Prost muss sich mit dem vierten WM-Rang zufrieden geben.

Eine beeindruckende Serie

Bereits die kommende Saison sollte eine historische für McLaren werden. Im letzten Jahr der Turbo-Ära gewinnen Prost und sein neuer Teamkollege Ayrton Senna auf dem MP 4/4 mit Honda-Motor (Konstrukteure Gordon Murray und Steve Nichols) 15 der 16 Saisonrennen und fahren gemeinsam 199 Punkte ein. Der Brasilianer wird zum ersten Mal Weltmeister und feiert bis zu seinem Ausstieg 1993 zwei weitere Titel.

Ayrton Senna und Dennis in der Fürstenloge, Foto: Sutton
Ayrton Senna und Dennis in der Fürstenloge, Foto: Sutton

Nach dem dramatischen Finale 1989 in Suzuka, in dem Prost nach Disqualifikation Sennas Weltmeister wird, wechselt der Franzose zu Ferrari. In dieser Zeit betätigt sich Dennis des Öfteren als Lollipop-Mann bei Reifenwechseln. Mit dem Ausstieg Hondas Ende der Saison 1992 beginnen für Dennis und sein Team schwierige Zeiten.

Mit den Silberpfeilen zum Erfolg

Das silberne Zeitalter hat begonnen: Ron Dennis und Norbert Haug 1997, Foto: Sutton
Das silberne Zeitalter hat begonnen: Ron Dennis und Norbert Haug 1997, Foto: Sutton

Nach zwei erfolglosen Jahren trifft Dennis Ende 1994 abermals weitreichende Entscheidungen. Mercedes wird als neuer Motorenpartner gewonnen, der langjährige Werbepartner Philipp Morris verabschiedet sich in Richtung Ferrari. Daraufhin erscheinen die McLaren-Boliden in silberner Lackierung, um an die alten Erfolgsjahre der Silberpfeile zu erinnern. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten gelingt David Coulthard in Melbourne 1997 der erste Sieg für das deutsch-englische Team. Der Finne Mika Häkkinen holt sich 1998 und 1999 den WM-Titel und wird 2000 hinter Michael Schumacher Zweiter. 2003 und 2005 ist man mit dessen Nachfolger Kimi Räikkönen knapp am Titel dran und muss sich schlussendlich abermals Schumacher und Fernando Alonso geschlagen geben.

Spionageaffäre und letzter Titel

2008 jubelt McLaren zum vorerst letzten Mal, Foto: Sutton
2008 jubelt McLaren zum vorerst letzten Mal, Foto: Sutton

Die Spionageaffäre zwischen McLaren und Ferrari überschattet die Saison 2007. Illegale technische Informationen werden zwischen den beiden Teams ausgetauscht. Dennis erstattet Selbstanzeige und bestreitet die Verwendung dieser Dateien. Sein Team wird dennoch zu einer Zahlung von 100 Millionen Dollar verurteilt. Ein herber Rückschlag für Dennis, dessen letztes Jahr als Teamchef bei McLaren mit dem Gewinn des Titels durch seinen "Ziehsohn" Lewis Hamilton einen versöhnlichen Ausklang findet.

Am 1. März 2009 legt er das Amt als Teamchef offiziell nieder und übergibt Martin Whitmarsh die Leitung. Dennis konzentriert sich in weiterer Folge auf andere Aufgaben innerhalb der McLaren Gruppe, unter anderem den erfolgreichen Aufbau einer Sportwagenmarke.

In den Formel-1-Paddock kehrt er schon nach einigen Jahren zurück, seit 16. Januar 2014 - exakt fünf Jahre nach seinem Rücktritt - hat er wieder alle Macht in McLaren Technology Centre. Dennis übernimmt neben seiner Rolle als Vorsitzender der McLaren Gruppe auch wieder den Posten des Geschäftsführers und möchte das Team nach einer Seuchensaison zurück an die Spitze der Formel 1 führen. Der Plan scheitert, McLaren fährt auch im zweiten Jahr der Hybrid-Ära abgeschlagen hinterher. Negativer Höhepunkt der Saison 2016: CEO Ron Dennis wird von seinem Amt enthoben. Nach 36 gemeinsamen Jahren trennen sich die Wege.