Eddie Irvine erblickte am 10. November 1965 als Edmund Irvine im irischen Newtownards - 12 Meilen östlich von Belfast gelegen - zum ersten Mal das Licht dieser F1Welt. Getreu seinem Lebensmotto "Genießen! Denn man ist länger tot als lebendig!", ist Irvine seither als lässiger Typ, der immer einen Spruch auf den Lippen hat, bekannt.

Seinen Namensvetter und Ex-Fahrer beschrieb Irvines Ex-Teamchef Eddie Jordan einmal als intelligenten, wenn auch nicht ganz so disziplinierten Piloten: "Seine guten Eigenschaften sind seine natürliche Fähigkeit und seine Intelligenz. Doch sein Gehirn arbeitet mit einer derartigen Aktivität, dass er die Konzentration verliert und zu anderen Dingen abschweift. Im Rennen ist das problematisch, aber ich glaube, es ist das Zeichen einer hyperintelligenten Person, die vielleicht nicht die Disziplin aufbringt wie ein Drittklässler. Das ist meine einzige Kritik - ich glaube nicht, es langweilt ihn, aber er lässt sich auch im Rennen leicht ablenken. Ich glaube aber, dass, je mehr er heranreift, seine Rennen solider werden."

Lange wilde Party

Mit gerade einmal 17 Jahren sammelte Irvine 1983 erste Rennerfahrungen in der irischen und britischen Formel Ford 1600. 1987 gewann er bereits den "British Formula Ford Championship" und den "Formula Ford Festival"-Titel. Ein Jahr später stieg er mit dem "West Surrey Racing Team" in die britische Formel 3 ein und wurde dort auf Anhieb 5. in der Gesamtwertung. 1990 beendete Irvine seine 2. Formel 3000 Meisterschaft mit dem 3. Platz und siegte dabei für Eddie Jordan auf dem Hockenheimring.

Die danach folgenden drei Jahre in der japanischen Formel 3000 beschreibt Irvine selbst als eine lange wilde Party, die ab und zu von ein paar Rennen unterbrochen wurde. Hier fuhr er unter anderem auch mit seinem späteren Ferrari-Teamkollegen und Schumacher-Ersatz Mika Salo oder auch Heinz-Harald Frentzen zusammen. Nachdem er in den ersten beiden Anläufen im Land der aufgehenden Sonne keine große Rolle bei der Titelvergabe spielte, scheiterte er 1993 nur denkbar knapp am Japaner Kazuyoshi Hoshino, welcher - nach einem annullierten Lauf - mit ihm punktgleich war und nur aufgrund der höheren Anzahl an Siegen den Titel für sich verbuchen konnte.

Der junge Irvine im Jahr 1993, Foto: Sutton
Der junge Irvine im Jahr 1993, Foto: Sutton

Ausflug nach Le Mans

Zwischendurch erzielte Irvine 1992 beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans die schnellste Rennrunde, bevor ihn sein Werks-Toyota aufgrund von technischen Problemen hängen ließ und letztlich nur der vierte Platz für ihn dabei heraussprang. Auch mit Jacques Villeneuve und Roland Ratzenberger bestritt Irvine mehrere Langstreckenrennen. Mit dem Kanadier war er, zusammen mit Tom Kristensen, beim JSPC Mine 1992 unterwegs, während er mit Ratzy, wie Irvine den tödlich verunglückten Österreicher immer nannte, bei insgesamt vier Rennen das Cockpit teilte. Dritter im Bunde war hierbei durchgängig Eje Elgh.

Letztmals nahm Irvine 1994 bei den 24-Stunden von Le Mans, an der Seite seines Freundes Jeff Krosnoff - dessen Tod bei einem C.A.R.T.-Rennen 1996 ihn, genau wie das unerwartete Ableben seines Freundes und Mentors James Hunt, arg mitnahm - und Mauro Martini teil. Das illustre Trio lag dabei lange in Führung, bekam dann aber technische Probleme mit dem Toyota und fiel auf Platz 4 zurück. Irvine konnte aber im letzten Teil des Rennens einiges an Zeit gutmachen und so wurden sie schließlich wenigstens noch 2., waren aber dennoch ziemlich enttäuscht, nicht den Sieg davon getragen zu haben.

Legendäre Ohrfeige

1993 beendete er bei seinem Formel 1-Debüt für Jordan - auf der ihm aus F3000-Zeiten gut bekannten Strecke - in Suzuka seinen ersten F1-Grand Prix als 6. und war damit der erste Pilot seit Jean Alesi, der sofort bei seinem Einstand in die Punkteränge fuhr. Allerdings erregte damals eine Ohrfeige, welche er sich von Ayrton Senna nach Rennende einfing - weil er sich von diesem "zurückrundete" - beinahe mehr Aufsehen, als die tolle Platzierung. In seinem 2. F1-Jahr musste Irvine nach dem Rennen in Brasilien aufgrund eines Unfalls für 3 Rennen eine Zwangspause einlegen und belegte am Ende Platz 14 und konnte dabei ganze 6 WM-Punkte auf seinem Konto verbuchen. In seiner letzten Jordan-Saison wurde er 1995 12. in der Fahrer-WM und landete beim GP von Kanada in Montreal zum ersten Mal auf dem Podium.

Foto: Sutton
Foto: Sutton

Danach sollte alles anders werden. 1996 gab er überraschend seinen Wechsel zur traditionsreichen Scuderia Ferrari bekannt, wo er Teamkollege und letztlich "Manndecker" für den vom Benetton-Team gekommenen Doppelweltmeister Michael Schumacher wurde. Diesen konnte er aber vollkommen überraschend, gleich beim ersten gemeinsamen Qualifying für die Truppe aus Maranello, hinter sich lassen. Seine erste Saison in Ferrari-Rot beendete er mit 11 WM-Zählern auf seinem Konto. Wo er diese allerdings, nach dieser absoluten Seuchensaison, genau her hatte, dürfte ihm selbst genauso schleierhaft gewesen sein, wie die 3 Rennsiege, die sein Teamkollege mit dem gleichen, von diesem als Traktor titulierten F310 einfuhr.

Hase auf dem Gewissen

Irvines Exemplar dieser Gattung von Ferrari fuhr in jener Saison jedenfalls nicht sehr häufig und wenn, dann nicht sehr lange... Nach einem überraschenden 3. Rang beim Auftakt in Melbourne folgte eine unglaubliche Ausfallserie bei der er sage und schreibe neunmal hintereinander die Zielflagge nicht sah. Insgesamt kam er nur fünfmal ins Ziel, als Ausgleich dafür stoppte ihn auch sein Getriebe genau fünfmal, und dass nach allerspätestens 30 Runden - ein Wert, der selbst das 2000er Jordangetriebe alt beziehungsweise "zuverlässig" aussehen lässt.

Als besonderes Erlebnis rannte "Killer-Eddie" - auf dem ehemaligen Flugplatzkurs in Silverstone - auch noch ein Hase vor den (blut)roten Ferrari... Dies lässt die Aussage seines späteren Jaguar-Teamkollegen Johnny Herbert - der schon die ein oder andere "Begegnung" mit Eddie auf den F1-Pisten dieser Welt hatte - in vollkommen neuem Licht erstrahlen: "Selbst einen Kilometer hinter dir ist er immer noch eine Gefahr!"

Vom Wasserträger zur Nummer 1A

In Irvines zweitem Jahr bei der Truppe aus Maranello erreichte er mit guten 24 Punkten den 7. Platz in der Fahrerwertung. 1997 war auch das Jahr, in dem er zum ersten Mal wirklich den Adjutanten für die Nummer 1 im Team spielte - und auch spielen konnte - , weswegen er einen fast sicheren Sieg - auf "seiner" Strecke in Suzuka - "herschenkte" und damit Schumachers WM-Chancen im Kampf mit Jacques Villeneuve bis zuletzt offen hielt... 1998 stand Irvine, der von Ferrari erneut als Schumachers Helfers-Helfer eingesetzt wurde, ganze achtmal auf dem Treppchen, davon dreimal auf Platz 2, aber der große Sprung ganz nach oben blieb ihm in diesem Jahr noch verwehrt. Dafür wurde er mit nur 9 Punkten Rückstand auf David Coulthard Vierter im Gesamtklassement.

Irvine 1998 in Hockenheim, Foto: Sutton
Irvine 1998 in Hockenheim, Foto: Sutton

Völlig überraschend sicherte sich Irvine dann im darauf folgenden Jahr 1999, nach einem Ausfall der Nummer 1A, gleich beim Saisonauftakt im australischen Melbourne seinen 1. Grand Prix-Sieg, dem in diesem Jahr - nach Michael Schumachers Beinbruch in Silverstone - noch 3 weitere folgen sollten. Nachdem der verletzte Ferrari-Titelanwärter mit Mika Salo durch einen "alten Bekannten" aus japanischen F3000-Zeiten ersetzt wurde, beförderten Jean Todt & Co. Irvine zur Nummer 1A und versuchten - letzten Endes vergebens - mit ihm der Scuderia den langersehnten Fahrertitel zu bescheren. Selbst die Hilfe Michael Schumachers - als er unter umgekehrten Vorzeichen - bei seiner Rückkehr beim Malaysia-GP Irvine den "Rücken freihielt", reichten nicht mehr aus, um Mika Häkkinens 2. WM-Titel zu verhindern... Für Ferrari reichte es 1999 damit "nur" für den Konstrukteurs-Titel und für Irvine war es an der Zeit für einen Wechsel zu Jaguar.

Lahme Katze

Bei den Raubkatzen wurde er Teamkollege von Johnny Herbert und musste die komplette Saison über mit einem "unterbemittelten grünen Katzenfahrzeug" kämpfen. Letztlich fuhr er damit vier WM-Punkte ein und wurde in der Endabrechnung Dreizehnter. Auch 2001 ging Irvine wieder mit einem grünen Jaguar auf Punktejagd. Aber trotz der Anstrengungen des Teams unter der neuen Leitung von Ex-Weltmeister Niki Lauda konnte Irvine nur wenn entsprechende Zuverlässigkeit seines Arbeitsgefährtes und Probleme bei den 'großen Drei' vorausgesetzt waren, einige Male auf sich aufmerksam machen. Den Saisonhöhepunkt stellte hierbei sicherlich sein dritter Rang beim Großen Preis von Monte Carlo dar, bei dem er hinter seinem Ex-Teamkollegen Michael Schumacher und seinem Ferrari-Nachfolger Rubens Barrichello über die Ziellinie kam. Ein weiteres Highlight konnte der Nordire für sich noch einmal kurz vor Saisonende mit seinem vierten Rang auf dem Indianapolis Motor Speedway verzeichnen. Doch dazwischen lag ein tiefes Tal mit einer fast schon an seine 1996er Seuchensaison in Rot erinnernden Ausfallserie...

Niki und Eddie im Jahr 2001, Foto: Sutton
Niki und Eddie im Jahr 2001, Foto: Sutton

Von den 17 Rennen konnte Irvine nur ganze sechs auch beenden und strandete dementsprechend bei den anderen elf WM-Läufen entweder nach einer Kollision respektive einem Fahrfehler oder einem technischen Defekt an seinem grünen Dienstfahrzeug am Streckenrand. Den größten Schock hinterließ beim Jaguar-Mann dabei sein Zusammenstoß mit Luciano Burtis Prost beim Großen Preis von Belgien auf der Ardennen-Achterbahn in Spa-Francorchamps. Nach einem nicht geglückten Überholmanöver flogen dort beide Piloten von der Strecke ab und während Irvine nach seinem heftigen Einschlag in die Reifenstapel seinem R2 unverletzt entsteigen konnte, musste das Rennen für die Bergung - an welcher sich Irvine auch selbst beteiligte - seines, letztlich Gott sei Dank nicht schwer verletzten Kollegen im AP04 abgebrochen werden.

Was man alles falsch machen kann...

Das einschneidendste Erlebnis bei seinen vielen technischen Defekten dürfte ihn - wie der Podiumsbesuch von Monaco - ebenfalls an seine alte Ferrari-Zeit erinnert haben. Damals ließen ihn die Roten aus Maranello ohne genügend Räder in der Boxengasse stehen, diesmal erlebte Irvine das Saisonende beim Japan Grand Prix frühzeitig, da die Jaguar-Tankanlagen einen Stromausfall zu verzeichnen hatten...

Aber Eddie wäre nicht Eddie, wenn er nicht auch an den missglückten 'grünen Jahren' etwas Gutes sehen würde: "Ich hatte eine gute Ausbildung und das Glück, dass ich in jeder Stufe meiner Karriere eine Menge gelernt habe. In Japan betraf das die Reifen, bei Ferrari die Aerodynamik und hier habe ich gelernt, was man falsch machen kann..."

Doch nach einer weiteren Saison, in welcher Eddie Irvine weitere 17 Rennwochenenden lang erleben musste, was man alles falsch machen kann und in welcher er sein grünes Arbeitsgerät mehr als nur ein Mal heftigst kritisierte, war seine Zeit bei den Grünen aus Milton Keynes endgültig abgelaufen. Dabei konnte er jedoch im Jahr 2002 immerhin die beste Saisonplatzierung und alle Punkte seines Teams rund um den österreichischen Ex-Weltmeister Niki Lauda einfahren, weswegen Irvine mit acht WM-Zählern sowie einem starken dritten Rang beim Italien Grand Prix als Neunter der WM-Wertung von der aktiven F1-Welt Abschied nehmen durfte...