Drei Stopps, zwei Stopps, unterschiedliche Herangehensweisen - in Sachen Strategie gehörte der Große Preis von Bahrain zu den bislang abwechslungsreichsten Rennen des Jahres. Innerhalb der Wechselintervalle gab es große Unterschiede bei den Teams: Die einen Fahrer kamen besser mit den Medium-Reifen zurecht, andere eher mit der harten Mischung. Da sich der Performance-Unterschied der beiden Mischungen diesmal eher in Grenzen hielt, konnten die Teams stark variieren. Sebastian Vettel wusste schon, warum er sich im Qualifying einen Satz der harten Reifen aufgespart hatte: Im Rennen startete er von Platz zwei auf den Mediums und wechselte im Verlauf des Rennens dreimal hintereinander auf die harten Reifen.

Schon vor dem Rennen hatte er gesagt, dass Red Bull besser mit der härteren Mischung zurecht käme. Gleiches galt für Mark Webber, der bei seinen drei Reifenwechsel ebenfalls ausschließlich auf Hart setzte. "Bitte nicht falsch verstehen, aber es war ein relativ entspanntes Rennen", sagte Vettel nach seinem zweiten Saisonerfolg. "Die Reifen hielten genauso lange wie wir es vorausgesagt hatten. Böse Überraschungen gab es nicht." Bahrain war eines der wenigen Rennen, in denen die Reifen eine eher untergeordnete Rolle spielten respektive die Fahrer sich anschließend kaum über deren Verhalten beschwerten.

Vettel konnte in den letzten Runden sogar noch einmal aufdrehen und sich die schnellste Rennrunde sichern. Dieses Bestreben stieß in der Vergangenheit nicht immer auf Wohlwollen aus Reihen des Teams, doch diesmal ärgerte sich niemand über Vettels Gasfuß - zu gut ging der RB9-Bolide auf dem Sakhir Circuit mit den Reifen um. "Ich habe nichts Dummes gemacht", meinte Vettel. "Aber wenn du so einen Vorsprung hast, macht es die letzten Runden schon etwas einfacher." Der Sicherheitsabstand zu Verfolger Kimi Räikkönen war stets groß genug und da der Lotus-Pilot nur zwei Boxenstopps einlegte, musste Vettel nicht befürchten, in der Schlussphase großen Druck zu bekommen.

Wieder einmal erwies sich das Team um den schnellen Finnen als äußerst umgänglich mit den Reifen. Räikkönen und Paul di Resta waren die einzigen beiden Piloten, die es mit einer Zwei-Stopp-Strategie durchs Rennen schafften. Mit deutlichem Ertrag: Räikkönen fuhr von Startplatz acht auf Platz zwei, Di Resta überraschte mit P4. Schon nach den Trainings am Freitag hatte Lotus auf eine Zwei-Stopp-Strategie hingearbeitet und setzte diese am Sonntag konsequent um. Räikkönen legte seinen ersten Stopp als Letzter in Runde 16 ein und wechselte anschließend zweimal auf die harten Reifen. Seinen letzten Stint fuhr er über 23 Runden. Vettel nutzte seinen dritten Reifensatz 17 Runden lang.

"Der Lotus ist ein perfektes Auto für diese Bedingungen", zog Niki Lauda seine Kappe. Natürlich komme es auch auf das Können des Fahrers an: "Es ist schwierig, die Reifen auf der richtigen Temperatur zu halten. Du brauchst den Kopf und den Hintern, der genau sagt, wie weit du sie belasten kannst. Wenn du nur fünf Grad über dem Limit - das du nur schwer erkennen kannst - hinauskommst, dann fallen die Reifen zusammen."

Dass es nicht nur auf das richtige Auto ankommt, machte Lauda daran fest, dass Vettel keinerlei Probleme mit den Reifen hatte, Teamkollege Webber hingegen schon. "Und bei Mercedes war Rosberg an der Grenze, Hamilton weniger", so Lauda weiter. "Diese Temperaturgrenze ist so kritisch, dass sie der Fahrer nicht messen kann. Wenn er sie einmal während einer Runde überschreitet, ist der Reifen direkt kaputt." Vettel und Räikkönen seien in Bahrain gar nicht erst an besagte Grenze gekommen und konnten so ihre Pace kontrollieren. Ein großer Vorteil des amtierenden Weltmeisters war zudem, dass er ab der zweiten Runde völlig frei fahren konnte - Verkehr war nie in Sicht.

Wie entscheidend dieser Umstand war, machte Vettel deutlich: "Es war sehr wichtig, beim Start an Nico Rosberg vorbeizukommen. Im vergangenen Rennen haben wir gesehen, dass der Reifenverschleiß stark ansteigt, wenn du im Verkehr steckst. Ich liebe es, 'clean air' vor mir zu haben und pushte deshalb voll am Anfang." Räikkönen gab dahinter seinerseits Gas, konnte die Pace des Red Bulls an diesem Tag jedoch nicht mitgehen. Ein Grund dafür war auch die Strategie, die er gewählt hatte. Vettel dazu: "Wir haben schon gesehen, dass der Lotus mit den Reifen scheinbar relativ schonend umgeht und trotzdem schnell ist. So spart man sich die 20 Sekunden für den Boxenstopp und nimmt dafür vielleicht ein bisschen Nachteil beim Speed in Kauf - trotzdem waren sie weit vorne dabei."