1. Warum war Alonso so dominant?

Den Grundstein zu seinem zweiten Sieg in Shanghai legte Fernando Alonso bereits zu Rennbeginn. Dank eines hervorragenden Starts ließ der Ferrari-Star den von P2 gestarteten Kimi Räikkönen hinter sich und überholte damit den einzigen Fahrer, der ihm in Sachen Racepace hätte gefährlich werden können - Lewis Hamilton und Sebastian Vettel waren dazu nicht in der Lage. Und damit nicht genug: Wenig später schnappte er sich auch Noch Pole-Mann Lewis Hamilton und übernahm schon früh im Rennen die Führung. Aber nicht nur der Spanier präsentierte sich ab dem Erlöschen der Startampel hellwach, auch am Kommandostand der Scuderia wurde einwandfreie Arbeit geleistet. Mit der Entscheidung, Alonso auf weichen Reifen losfahren zu lassen, lag das Traditionsteam aus Maranello goldrichtig.

Und auch im weiteren Rennen funktionierte die Strategie perfekt. Alonso kam immer zum richtigen Zeitpunkt an die Box und war in der Lage, das Rennen von der Spitze zu kontrollieren. Das tat der zweimalige Weltmeister mit Bravour. Fahrfehler sind bei Alonso ohnehin eine Rarität und in China zeigte er sich als echter Überholkünstler. Nach Räikkönen und Hamilton kochte er im weiteren Verlauf des Rennens auch noch Jenson Button, Sergio Perez, Nico Hülkenberg und Vettel ohne ersichtliche Probleme ab und fuhr einem souveränen Sieg entgegen. Dass Räikkönen zwei Drittel des Rennens mit einem beschädigten Auto bewältigen musste, spielte ihm natürlich auch in die Karten.

Drei sind eins zu wenig..., Foto: Sutton
Drei sind eins zu wenig..., Foto: Sutton

2. Warum verlor Webber sein Rad?

Es war nicht das Wochenende von Mark Webber. Nach dem Kontakt mit Jean-Eric Vergne steuerte er die Box an, wo er eine neue Nase und neue Reifen bekam. Als er losfuhr und in die erste Kurve einbog, machte sich sein rechtes Hinterrad selbständig und rollte über die Strecke. "Die Jungs an der Box dachten, das Rad wäre okay, aber ich habe es dann auf der Outlap verloren", berichtete er.

Für die Stewards war es "unsafe release" seitens Red Bulls, weshalb das Team 5.000 Euro Strafe zahlen muss. Christian Horner wartet mit seiner Erklärung noch ab. "Der Mechaniker hinten rechts hatte genug Zeit für den Reifenwechsel und hat mir bestätigt, dass alles problemfrei ablief. Bis wir das Auto und sämtliche Teile nicht zurück und verstanden haben, was passiert ist, ist es schwer, irgendetwas darüber zu sagen."

3. Wechselte Vettel zu spät auf die weichen Reifen?

Runde 52: Sebastian Vettel kommt an die Box, lässt die weichen Reifen aufziehen und bläst zur großen Aufholjagd. Zuerst kassiert er Felipe Massa, dann ist Jenson Button an der Reihe. Die F1-Welt fragt sich: Schnappt sich der Weltmeister auch noch Lewis Hamilton und Platz drei auf dem Podium? Hamilton hat rund 12 Sekunden Vorsprung, Vettel holt mehr als 3 Sekunden pro Runde auf - am Ende kommt er 0,2 Sekunden hinter dem Silberpfeil ins Ziel. Die große Frage: Hätte Vettel Hamilton überholt, wenn er früher auf die Soft-Reifen gewechselt wäre?

Vettels Antwort bei Motorsport-Magazin.com: "Im Nachhinein betrachtet wäre das vielleicht schon gegangen. Aber selbst auf den fünf Runden, die ich hatte, verlor ich viel vom Reifen. Darüber kann man streiten, vielleicht hätte es dann doch fürs Podium gereicht - vielleicht auch nicht." Auf der letzten Runde verbremste sich Vettel zudem leicht, als er einen Überrundeten überholen wollte. Hamilton bekam so wieder etwas Luft zum Atmen, doch zu einem Überholmanöver hätte es wohl trotzdem nicht mehr gereicht. Das Rennen hat gezeigt: 5 Runden auf den weichen Reifen waren möglich, danach ging es rapide bergab. Vettel konnte selbst auf seinem frischen Soft-Satz nicht voll pushen. Heißt: Es hätte höchstwahrscheinlich keinen Vorteil gebracht, eine Runde früher auf die weichen Pirellis zu wechseln.

4. Warum kollidierten Webber und Vergne?

Das bis dato positiv verlaufende Rennen von Mark Webber fand in Runde 15 ein jähes Ende, als er in Kurve sechs den Toro Rosso von Jean-Eric Vergne abschoss. "Ich habe mich durchs Feld gekämpft und zu Jean-Eric aufgeschlossen", schilderte Webber die Geschehnisse. "Ich hatte einigermaßen großen Abstand, aber er wusste, dass ich da war." Der Australier hatte erwartet, dass ihn Vergne kampflos passieren lässt, doch das geschah nicht.

"Er war sehr weit außen, es sah so aus, als ob er mich innen durchfahren lässt, aber als wir am Scheitelpunkt der Kurve waren, ist er nach innen gezogen. Er hatte das Recht, das zu tun, aber wäre er außen geblieben, hätten wir beide den Vorfall überlebt." Vergne sah das anders: "Ich weiß nicht, was er versuchen wollte. Er war viel schneller und hätte mich auf der nächsten Geraden sowieso überholt." Auch für die Stewards war Webber der Schuldige, in Bahrain muss er deshalb drei Plätze in der Startaufstellung zurück.

5. Warum gerieten Sutil und di Resta aneinander?

Jeder Rennfahrer hat das Ziel, zunächst seinen Teamkollegen zu besiegen, weshalb unter Stallgefährten oftmals mit besonders harten Bandagen gekämpft wird. In Shanghai gerieten die Force-India-Piloten Adrian Sutil und Paul di Resta in der Startphase aneinander, was dem Schotten keineswegs schmeckte, denn er war sich sicher, dass ohne den Zwischenfall ein besseres Ergebnis als der achte Rang für ihn herausgesprungen wäre.

Zwischen die Force-India-Piloten passte kein Blatt Papier mehr., Foto: Sutton
Zwischen die Force-India-Piloten passte kein Blatt Papier mehr., Foto: Sutton

"Ich kämpfte mit Nico Hülkenberg, als es zu einer Berührung mit Adrian in der Haarnadelkurve kam. Ich kam auf das Gras hinaus und verlor drei oder vier Plätze. Von dort aus konnte ich nicht mehr angreifen, weil ich im Verkehr feststeckte und auf meine Reifen aufpassen musste", schilderte er die heikle Szene der ersten Runde. Sutil konnte hingegen kaum zur Aufklärung beitragen. "Es gibt da nicht viel zu sagen", meinte der Deutsche. "Ich habe nur einen Schlag am Hinterreifen gespürt und dann Paul im Spiegel gesehen. Ich weiß nicht, was er probiert hat. Ich habe nicht gesehen, dass da noch einer war."

6. Warum fiel Rosberg vorzeitig aus?

In der 21. Runde war bereits Feierabend für Nico Rosberg. Der hintere Stabilisator an seinem Auto brach, eine Weiterfahrt war nicht mehr möglich. Nach seinem zweiten Reifenwechsel in Runde 19 bog er nur einen Umlauf später erneut in die Box ab - etwas stimmte nicht. "Wenn der Stabi kaputt ist, dann zieht es dir den Vorderreifen hoch", so Rosberg. Zweiter Ausfall im dritten Rennen. Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner zum silbernen Ärgernis: "So etwas darf in der Formel 1 nicht passieren. Bei jedem Top-Team, das um die WM fährt, darf das nicht passieren. Die technischen Probleme müssen sie einfach lösen." Mercedes hatte im Rennen arge Balance-Probleme, laut Teamaussage spielten die veränderten Streckenbedingungen eine große Rolle.

7. Warum bauten die Mercedes-Hinterreifen so stark ab?

Die Bedingungen im Rennen waren nicht unbedingt nach dem Geschmack der Silberpfeil-Piloten. Wegen der etwas kühleren Temperaturen lief der F1 W04 nicht mehr ganz so einwandfrei wie im Qualifying, das Hamilton und Rosberg auf den Plätzen eins und vier beendet hatten. "Unser Auto hatte heute leider nicht ganz die erwartete Balance. Die Streckenbedingungen entwickelten sich für uns in die falsche Richtung und spielten vielleicht ein oder zwei anderen Teams eher in die Karten", erklärte Teamchef Ross Brawn.

Die Folge: Beide Fahrer hatten mit unerwartet hohem Reifenverschleiß an den Hinterreifen zu kämpfen. Auffällig war das vor allem bei Hamilton, dessen Pneus zum Ende der Stints im Vergleich mit der Konkurrenz jeweils rapide abbauten. Aber zumindest beim Briten gelang Mercedes Schadensbegrenzung. Der Pole-Setter rettete Platz drei vor dem furios aufkommenden Vettel. "Bei Lewis haben wir das Beste aus dem Auto herausgeholt", lobte Brawn. "Um die Lebensdauer der Reifen voll auszuschöpfen, mussten wir versuchen, die Stints so ausgeglichen wie möglich zu halten."

Der China GP endete für Gutierrez im Trümmerhaufen., Foto: Sutton
Der China GP endete für Gutierrez im Trümmerhaufen., Foto: Sutton

8. Was war zwischen Sutil und Gutierrez los?

Nur fünf Runden nach dem teaminternen Konflikt hatte Adrian Sutil erneut Feindkontakt - mit verheerendem Ausgang. Beim Anbremsen von Kurve 14 verlor Sauber-Rookie Esteban Gutierrez seinen Boliden und krachte in Sutils Heck, wodurch sein Heckflügel und der Auspuff schwer beschädigt wurden. Sutil lief umgehend die Box an, doch es stellte sich rasch heraus, dass der Schaden zu groß war, um das Rennen wieder aufzunehmen.

"Ich denke, er hat sich verbremst. Als ich eingebogen bin, gab es einen Schlag und mein Flügel war krumm", kommentierte Sutil den Unfall. Gutierrez musste das Rennen ebenfalls beenden und wurde von den Stewards mit einer Rückreihung um fünf Startplätze beim nächsten Grand Prix in Bahrain bestraft. Der Mexikaner zeigte sich gegenüber Motorsport-Magazin.com reumütig: "Das war mein Fehler. Ich habe DRS benutzt und die Distanz falsch eingeschätzt. Ich habe Adrian bei den Stewards nicht getroffen, aber ich muss mich bei ihm entschuldigen."

9. Warum war Massa so viel schlechter als Alonso?

Fernando Alonso heißt der strahlende Sieger in China. Aber warum fährt Teamkollege Felipe Massa nur auf Rang sechs, obwohl die beiden in den ersten Runden gemeinsam an der Spitze lagen? Dafür ist ein Faktor ausschlaggebend, der sich in zwei Aspekte teilt: Die Reifen. Zunächst war Felipe Massa derjenige, der aus der Spitzengruppe den längsten ersten Stint auf den weichen Reifen fuhr. Als Ferrari ihn endlich an die Box geholt hatte, flutschten neben Sebastian Vettel auch Lewis Hamilton und Kimi Räikkönen durch. Zwischenergebnis: Rang zwölf.

Während sich die anderen Fahrer nach und nach aber Boxenstopp-bereinigt wieder ganz nach vorne kämpften, blieb Massa hinten. Dafür waren die Medium-Reifen verantwortlich. Seit dem Freien Training bemerkte der Brasilianer Probleme auf den Primes. Sein Fahrstil passte in Verbindung mit den Reifen nicht zum Shanghai International Circuit. Egal was der Ferrari-Pilot auch in Sachen Reifenschonen unternahm, die Walzen begannen immer mehr zu grainen. Als dann noch einige Piloten kurz vor Ende des Rennens auf die weichen Reifen wechselten, wurde Massa zur leichten Beute.

10. Wer war an der Berührung zwischen Räikkönen und Perez Schuld?

Kimi Räikkönen kam mit einem etwas umgestalteten Lotus-Boliden mit integrierter Fußkühlung im Parc fermé in China an. Neben Schäden am Frontflügel klaffte nämlich ein Loch in der Schnauze seines Arbeitsgeräts. Dies sind die Spuren einer Auseinandersetzung mit McLaren-Pilot Sergio Perez. "Ich bin besser aus Kurve drei herausgekommen und dachte, dass er mir genug Platz lassen würde, aber er hat mich von der Strecke gedrängt", berichtete Räikkönen, der versuchte, den Mexikaner außen herum zu überholen. Als ihm die Strecke ausging, begann er auf den Kerbs und dem Gras zu rutschen und konnte eine Kollision mit Perez' Heck nicht vermeiden.

Es ist schwer auszumachen, welcher der beiden Piloten an der Kollision Schuld trägt. Die Rennleitung erklärte nach einer Untersuchung nur: 'no further action'. Motorsport-Magazin.com-Experte Christian Danner erläutert, warum die Situation so knifflig ist. "Die Perez-Kimi-Geschichte war grenzwertig. Und zwar deswegen, weil es zwei Punkte gibt, die man betrachten muss: Erstens hat Kimi außen herum überholt, das ist immer ein bisschen blöd. Es gibt aber die Regel, dass wenn man mit einem 'significant part of the car' vor dem Hinterreifen ist, man den anderen nicht von der Strecke drängen darf, wenn es geradeaus geht", erläuterte er. "Ging es da geradeaus? Eher nicht. Deswegen kann ich da kein Urteil fällen."

11. Wie viel Zeit verlor Hülkenberg in der Boxengasse?

Der erste Boxenstopp von Sauber-Pilot Nico Hülkenberg verlief mit einer Gesamtdauer von 22.838 Sekunden alles andere als optimal, wodurch er die Spitzenposition an Sebastian Vettel verlor. Auch als er zum zweiten Mal seine Crew besuchte, verbrachte Hülkenberg mit 20.327 Sekunden recht viel Zeit in der Boxengasse. Zudem hatte er das Problem, dass Felipe Massa gleichzeitig stoppte und sich, obwohl Hülkenberg in der Pitlane noch vorne war, im Beschleunigungsduell ab der weißen Linie durchsetzte. Möglich ist, dass der Deutsche nicht bewusst zurücksteckte, sondern der Speed Limiter klemmte und er deshalb nicht sofort beschleunigen konnte.

"Ich glaube nicht, dass die beiden Situationen, die ich in der Boxengasse hatte, über Sieg oder Niederlage entschieden hätten", bemerkte der Deutsche nach dem Rennen. In der Tat stellt sich beim Vergleich mit Rennsieger Fernando Alonso heraus, dass er beim ersten Stopp zwar mehr als drei Sekunden einbüßte, die Sauber-Mannschaft jedoch beim zweiten und dritten Reifenwechsel schneller agierte als die Crew der Scuderia. Dadurch verlor Hülkenberg in der Addition "nur" 1.87 Sekunden auf den Rennsieger. Jedoch sollte dieses Resultat Anspruch für Sauber sein, nicht nur an der Performance auf der Strecke, sondern auch in der Box zu arbeiten. Der schnellste Boxenstopp des Tages gelang der Red-Bull-Crew bei Vettels erstem Stopp. Er verweilte nur 19.323 Sekunden in der Boxengasse.