Mark Webber muss sich vorgekommen sein wie in einem schlechten Film. Titel: "Big trouble in little China". Von Donnerstag bis Sonntagnachmittag kassierte der Red-Bull-Pilot einen Rückschlag nach dem anderen - in jeder Couleur und aus jeder Richtung. Ein Wochenende zum Vergessen. Motorsport-Magazin.com fasst Webbers Horror-Trip in Shanghai zusammen.

Teamorder-Watschn: Am Donnerstag teilte Sebastian Vettel ordentlich aus. Thema natürlich: der Teamorder-Eklat in Malaysia. Vettel schonungslos: "In Anbetracht der Ereignisse der letzten Jahre glaube ich nicht, dass Mark es verdient hätte, dass ich den zweiten Platz behalte und ihn das Rennen gewinnen lasse." Damit machte der Weltmeister deutlich, was er von seinem Teamkollegen hält. Webber zur Vettels Verbal-Klatsche: "Das ist, was er denkt. Das ist seine Meinung über das, was in Malaysia passiert ist." Kein harmonischer Start ins Rennwochenende.

Qualifying-Debakel I: Tatort Qualifying, zweite Runde. Die Zeitenjagd läuft, nur einer steht plötzlich: Webber. Der Australier stellte seinen RB9-Boliden am Notausgang ab. Benzinproblem. Weiterfahrt beendet, nur Startplatz 14 beim China Grand Prix. "Es ist eine beschissene Position, aber gut... nun müssen wir sehen, wie es im Rennen läuft", sagte Webber nach dem vorzeitigen Aus. Wenn er da schon gewusst hätte, wie es weitergeht...

Abgeschleppt: Webbers Aus im Qualifying, Foto: Sutton
Abgeschleppt: Webbers Aus im Qualifying, Foto: Sutton

Qualifying-Debakel II: Startplatz 14 ist schon schlecht, Startplatz 22 noch schlechter. Nach dem Qualifying stellte sich heraus, dass Webber nicht mehr genügend Sprit für die FIA-Benzinprobe an Bord hatte. 1 Liter hätte es sein müssen - 0,15 Liter waren es nur. "Unglücklicherweise wurde die geforderte Spritmenge in Q2 vom Tankschlauch nicht korrekt und vollständig ins Auto weitergeleitet", lieferte Christian Horner die traurige Erklärung. Red Bull und das Benzinproblem: 2012 erwischte es Vettel in Abu Dhabi, diesmal Webber. Während Vettel allerdings auf P3 vorpreschte, sollte es bei Webber nicht so rund laufen... Red Bull ließ ihn aus der Boxengasse starten und veränderte sein Auto in Richtung höherem Topspeed, um das Feld von hinten aufzurollen.

Der Vergne-Knall: Webber startete aus der Box und nach dem Reifenwechsel nach Runde 1 ordentlich ins Rennen und setzte sich mit dem überlegenen Red Bull gegen einige Konkurrenten durch. Dann kam die Runde 16 und mit ihr Jean-Eric Vergne. Webber kollidierte mit dem Toro-Rosso-Youngster auf dem Weg in Kurve 6 und knallte dem STR-Boliden in die Flanke. "Das war sehr enttäuschend", sagte Webber. "Er hatte das Recht, das zu tun, aber wäre er außen geblieben, hätten wir beide den Vorfall überlebt." Webber überlebte zwar und konnte zunächst weiterfahren, doch das Unheil nahm seinen Lauf...

Rad ab: Webbers Aus im Rennen, Foto: Sutton
Rad ab: Webbers Aus im Rennen, Foto: Sutton

Rad ab: Der Vergne-Crash war schlecht, aber noch kein Weltuntergang. Das Team teilte Webber mit, langsam in Richtung Box zu fahren. Er tat wie befohlen und schlich in Richtung Boxengasse, wo er sowieso geplant hatte, ein paar Runden später frische Reifen abzuholen. Vier neue Reifen und obendrauf ein neuer Frontflügel wurden bei Webber angeschraubt, um die zweite Aufholjagd zu starten. Die endete jedoch schon auf der Outlap, als sich plötzlich sein rechter Hinterreifen verabschiedete. Glücklicherweise konnten die nachfolgenden Piloten den umherkullernden Reifen umschiffen, darunter auch Vettel. Für den dreibeinigen Webber war das Rennen nun endgültig beendet.

Geldstrafe: Wenn sich Reifen selbstständig machen, hat das häufig einen Grund: Jemand hat beim Boxenstopp gepatzt. Teamchef Horner weigerte sich jedoch, einem Mitglied seines Teams die Schuld zu geben. "Der Mechaniker hinten rechts hatte genug Zeit für den Reifenwechsel und hat mir bestätigt, dass alles problemfrei ablief", versicherte Horner. Doch Unwissenheit schützt vor Strafe nicht und so wurde Red Bull eine Strafe von 5.000 Euro aufgebrummt. Die muss Webber zwar nicht aus der eigenen Tasche bezahlen, doch der Vorfall fügt sich nahtlos in sein völlig verkorkstes Wochenende ein.

Fertig mit der Welt: Webber im Abseits, Foto: Sutton
Fertig mit der Welt: Webber im Abseits, Foto: Sutton

Bahrain-Klatsche: Schlimmer kann es nicht mehr kommen? Denkste! Die FIA nahm Webbers Crash mit Vergne nach dem Rennen unter die Lupe und kam zum Schluss, dem Australier die Schuld zuzuweisen. Die bittere Strafe: Für das Rennen in Bahrain wird Webber in der Startaufstellung um drei Plätze zurückversetzt. Das macht es gleich doppelt schwer für den 36-Jährigen, möglichst schnell mit dem Horror-Wochenende in China mental abzuschließen. Zum Abschalten bleibt sowieso keine Zeit, schon nächstes Wochenende steht der vierte Grand Prix des Jahres an.

Gerüchte-Runde: Verglichen mit dem Vorangegangenen dürfte Webber diese Geschichte am ehesten verschmerzen können - für Besserung seines Seelenheils sorgt sie aber definitiv nicht: Nach dem Rennen machten plötzlich Gerüchte die Runde, Webber habe für 2014 einen Fünf-Jahres-Vertrag bei Porsche unterschrieben. Der eine Insider sagte, der Deal sei fix, andere weigerten sich, auf den Spekulations-Zug aufzuspringen. Nächstes Jahr steigen die Zuffenhausener in die Langstrecken-Weltmeisterschaft ein und der Australier wird schon seit geraumer Zeit mit Porsche in Verbindung gebracht. Webber kann nach dem Shanghai-Wochenende sicher einiges gebrauchen - nervige Gerüchte gehören nicht dazu.