"Was für ein Wochenende!", jubelte Lewis Hamilton nach der Zieldurchfahrt in Austin und war froh, diese Worte überhaupt noch rauszubringen: "Ich fühle mich geehrt, jetzt hier vorne stehen zu können. Ich bin sehr stolz und extrem glücklich - meine Stimme habe ich allerdings fast schon verloren, weil ich auf der Runde zurück an die Boxen so sehr geschrien habe." Begeistert von seiner Siegesfahrt klärte der 27-Jährige auf, was am Sonntag letztendlich den Unterschied zwischen ihm und dem Zweitplatzierten Sebastian Vettel ausgemacht habe. "Ich wollte es heute einfach mehr... nur darum ging es."

Für Hamilton stand zudem fest: "Man kann es gar nicht mehr wollen als ich es heute wollte. Ich kann mich nicht erinnern, schon einmal so hungrig auf den Sieg gewesen zu sein." Dieser unbedingte Wille habe seinen Erfolg letztendlich ermöglicht, denn einfach sei es auf der Piste zu keiner Zeit zugegangen. Lange Zeit biss er sich am führenden RB8 die Zähne aus, dann witterte er in Runde 42 schließlich seine Chance... die einzige, wie Hamilton betonte. "Ich war zwar die ganze Zeit über immer relativ nah dran, nach Kurve neun hatte Seb aber immer genügend Vorsprung, sodass es auf der Gegengeraden nicht zum Überholen reichte", meinte der Sieger. "Als Seb dann aber von einem Hinterbänkler ein bisschen aufgehalten wurde, wusste ich, dass ich meine Chance in dieser Runde nützen musste."

Mit Backenbart & Cowboyhut: Hamilton rasierte in Texas nur die Konkurrenz, Foto: Sutton
Mit Backenbart & Cowboyhut: Hamilton rasierte in Texas nur die Konkurrenz, Foto: Sutton

Eine ganz enge Kiste

Dementsprechend habe er sofort alle nötigen Maßnahmen für eine erfolgreiche Durchführung des entscheidenden Manövers in die Wege geleitet. "Ich habe meine Motordrehzahl auf die maximale Leistung erhöht, hatte in dieser Runde noch mein ganzes KERS gespart und musste sehr taktisch zu Werke gehen, gleichzeitig aber auch wie wild attackieren. Ich wusste bereits am Beginn der Runde, dass ich es jetzt dingfest machen musste…" In der DRS-Zone habe er dann den Angriff gewagt. "Ich zog auf die Außenseite, aber Seb machte die Tür zu - also bin ich nach innen gezogen und er kam schon wieder zu mir rüber", erinnerte sich Hamilton. Unterm Strich habe er Glück gehabt, auf Grund der aggressiven Fahrweise des Deutschen einer möglicherweise folgenschweren Berührung bei Höchstgeschwindigkeit zu entgehen.

"Es war eng, wirklich sehr, sehr eng. Aber als ich endlich vorbei war, war ich sehr aufgeregt und habe mir immer wieder gesagt, dass ich jetzt unbedingt ruhig bleiben muss", grinste der Champion von 2008. Deshalb habe er nach seinem Überholmanöver auch gar nicht versucht, Vettel großartig davonzufahren - einerseits wegen der heiklen Reifensituation, hatte Hamilton die Pneus doch bereits am Ende des ersten Stints überbeansprucht. "Andererseits auch wegen des Benzins - in den beiden letzten Runden musste ich da schon etwas draufschauen, dafür habe ich die letzten drei Runden dann nicht mehr so auf die Reifen geachtet", erklärte der McLaren-Pilot seine Fahrweise. "Die Saison nun mit einem Highlight zu beenden, ist ein super Gefühl."

Hamilton: Als texanischer Stier die Bullen gebändigt, Foto: Sutton
Hamilton: Als texanischer Stier die Bullen gebändigt, Foto: Sutton

In Brasilien am kommenden Wochenende wolle man nun an das starke Austin-Ergebnis anknüpfen. "Gerne würde ich gleich meine beiden letzten Rennen für McLaren gewinnen", so der Brite, der beim Blick auf den WM-Stand zudem feststellte, dass man in der Konstrukteursweltmeisterschaft immer noch Zweiter werden könne - 14 Punkte fehlen den Chrompfeilen derzeit auf Ferrari. "Daran werden wir alles setzten und ich würde gerne versuchen, sie noch abzufangen. Es wäre ein schönes Abschiedsgeschenk für das Team", fand der 27-Jährige, den auch ein bisschen Wehmut plagte. "Ohne unsere vielen Technikpannen könnten wir auch noch um die WM kämpfen. Da hätte so ein Sieg wie heute der entscheidende Schritt sein können. Das ist schade."

Ohne Pannen in WM-Führung?

In Singapur und Abu Dhabi fiel Hamilton zuletzt in Führung liegend aus. Wo er ohne diese Defekte heute stehen würde, lautete daher die Frage. "Ich bin mir sicher, wir würden die Weltmeisterschaft sogar anführen", lautete die Antwort des Briten. Trotzdem sei es nicht der rechte Zeitpunkt, sich über die Missgeschicke der Vergangenheit zu grämen, wollte Hamilton doch lieber den Moment des Triumphes genießen. "Alle hier im Team arbeiten so hart und heute ist so ein Tag, an dem es endlich wieder einmal eine fette Belohnung dafür gibt. Wir hatten heute auch mit Abstand den schnellsten Boxenstopp... es war wirklich alles großartig." Der Sieg in Austin habe jedenfalls Lust auf mehr gemacht. "Ich will hier jedes Jahr herkommen und gewinnen können."

"Nächstes Jahr wird es vielleicht ein bisschen schwieriger, aber ich werde daran arbeiten", meinte Hamilton mit einem Augenzwinkern und in Anspielung auf seinen Wechsel in Richtung Mercedes, die mit dem wenig konkurrenzfähigen F1 W03 am Sonntag die Plätze 13 und 16 einfuhren. Ungeachtet seiner Zukunftsaussichten - der Kurs in Texas hatte es dem Tagessieger trotzdem angetan. "Normalerweise kommt man zu einer neuen Strecke und obwohl alles toll und gut vorbereitet ist, ist noch nicht alles zu einhundert Prozent fertig. Hier war es aber so, wie wenn wir schon seit Jahren herkommen würden", sprach Hamilton den Organisatoren vor Ort ein großes Lob aus. "Es gibt jedes Jahr ein paar besondere Rennen wie etwa Monaco, Silverstone, Montreal, Spa und Monza. Nun kann man auch diesen Kurs hier mit auf diese Liste setzen - es ist eine der besten Strecken auf der Welt, vielleicht sogar unter den Top-3", fand Hamilton.