Die letzten vier Rennen hat Sebastian Vettel schon gewonnen - in Abu Dhabi peilt er am Wochenende den fünften Streich an. Der aktuelle Höhenflug des Heppenheimers ist jedoch nicht nur durch seine unbestritten starke Form der letzten Wochen zu erklären, er ist auch auf die jüngsten Entwicklungsschritte am RB8, zweifelsohne dem Auto der Stunde, zurückzuführen. Lewis Hamilton geht sogar so weit, zu sagen, dass es in erster Linie das wiedererstarke Auto der Konkurrenz sei, das Red Bull derzeit so unschlagbar mache - und nicht der Vettel-Faktor, schätzt er Titelrivale Alonso rein fahrerisch doch noch eine Stufe besser ein als den Deutschen. "Für mich fährt Fernando präziser", erklärte er im Vorfeld des Großen Preises von Abu Dhabi.

"Alonso trifft in allen Kurven optimal die Scheitelpunkte. Vettel verpasst sie und ist trotzdem noch am schnellsten. Und ich denke mir dann jedes Mal nur: 'Verdammte Scheiße, so eine Rundenzeit könnte ich nicht einmal fahren, wenn ich am Limit wäre.'" Die Schlussfolgerung, die der Brite daraus zog, war recht klar: "Sein Auto ist eindeutig vor denen der Anderen", meinte Hamilton. Die Lücke, die Red Bull auf seine Verfolger in den letzten Rennen herausgebildet habe, sei schon fast mysteriös groß. "Sie müssen irgendetwas Gravierendes gefunden haben - ihr Auto sieht zwar immer noch so aus wie davor, aber auf einmal haben sie einen riesengroßen Vorsprung."

Nicht herabwertend gemeint

Hamilton hegte zwar eine bestimmte Vermutung, wollte diese aber vorerst nicht preisgeben. "Ich habe meine eigene Meinung zu der Sache und weiß, wie es ist - und das wird nur bestätigt, wenn ich sehe, dass sie all diese Kurven eigentlich verpassen." Vettels Leistung wollte er durch seine Aussagen aber nicht herabgewertet sehen. "Den Job, den er macht, muss man trotzdem erst einmal hinbekommen", so der designierte Mercedes-Pilot. Sein Noch-Teamchef Martin Whitmarsh ging hingegen schon einen Schritt weiter. Ohne zwar explizit den Namen Red Bull zu nennen, deutete er an, dass sich der Klassenprimus wieder einmal in der absoluten Grauzone des Reglements bewege.

"Es ist der alte Benetton-Effekt oder?", meinte Whitmarsh mit einem Augenzwinkern auf die Nachfragen britischer Reporter und in Anspielung auf Michael Schumachers erstes Weltmeisterjahr 1994, als dem Deutschen und seinem Team auf dem Weg zum Titel die ein oder andere Schummelei sowie das extreme Ausloten der Regeln nachgesagt wurde. Für Whitmarsh stand jedenfalls fest, dass sich einige Dinge in der Formel 1 wohl auch 18 Jahre später nicht geändert hätten. "Es scheint so, wie wenn es ein paar Teams gibt, die eine wesentlich radikalere Auslegung des Reglements verfolgen - auch in Bezug auf die Ressourcenbeschränkung..."