1. Warum holte Ferrari Alonso nicht ein zweites Mal an die Box?

Alonso stoppte nur einmal, Foto: Sutton
Alonso stoppte nur einmal, Foto: Sutton

Kurz gesagt hatte Ferrari mehr Angst vor Sebastian Vettel als vor Lewis Hamilton. Zumindest kann man diesen Eindruck gewinnen. "18 Runden vor Schluss stoppte Hamilton und wir konnten entweder draußen bleiben und Vettel abdecken oder mit ihm stoppen und schauen, was passiert", sagte Fernando Alonso. Anscheinend wollte Ferrari lieber Vettel im Auge behalten, da man glaubte, Alonso würde nach einem Stopp hinter Romain Grosjean hängen bleiben und Vierter werden. Daher setzte das Team lieber auf die Variante, die eher den Sieg versprach. Als sich dann herausstellte, dass die nicht aufgeht, war es beinahe schon zu spät. Vettel hatte zuerst eingesehen, dass die Reifen zu stark nachlassen und dadurch war Alonso wieder im Hintertreffen.

Er konnte nur hoffen, dass die Reifen ihn nicht zu sehr im Stich lassen, damit der Deutsche ihn nicht auch noch einholt. "Es funktionierte nicht, aber nicht wegen der Strategie, sondern wegen des Reifenabbaus. Ich will da ganz klar sein, weil morgen werden Leute wieder verwirrt sein, die das Rennen nicht verstehen", betonte Alonso. Der Spanier hatte zwei Runden vor Grosjean auf die härteren Reifen gewechselt, der Lotus-Pilot war mit guter Pace bis zum Ende gekommen, die Pace des Ferrari-Piloten lange davor eingebrochen. Als sich das abzeichnete, wartete die Scuderia einfach zu lange und Vettel hatte zuerst neue Gummis drauf. Danach blieb nur die Hoffnung, dass Vettel mit den neuen Reifen nicht den ganzen Stopp wettmacht, doch die erfüllte sich nicht.

2. Wie hat es Sergio Perez von P15 auf P3 geschafft?

Bei Sauber war der Jubel nach dem Ende des Rennens groß. Sergio Perez schaffte zum zweiten Mal in diesem Jahr den Sprung auf das Podium, was angesichts seiner schlechten Startposition einer kleinen Sensation gleichkam. Einmal mehr zeigte sich, dass der Sauber C31 eines der reifenschonendsten Formel-1-Autos ist, denn der Mexikaner konnte auch noch mit stark abgefahrenen Pneus gute Zeiten in den Asphalt brennen.

Perez startete auf der härteren der beiden Reifenmischungen, mit der er bis zur 41. Runde auf der Strecke blieb, was ihn bereits in die Nähe der Spitzengruppe beförderte. Hinzukam, dass er nicht hinter einem anderen Piloten hängenblieb. "Dass er so schnell an Rosberg vorbeigehen konnte, war sicherlich eine Schlüsselszene für seinen Erfolg", meinte Monisha Kaltenborn. Sauber setzte die Ein-Stopp-Strategie perfekt um, während viele andere Teams mit zu großem Reifenverschleiß zu kämpfen hatten. Mit den superweichen Reifen drehte Perez mit die schnellsten Rundenzeiten und ging so an Alonso vorbei, der mit seinen stark abbauenden Pneus schwer zu kämpfen hatten.

3. Wieso wurde Grosjean Zweiter, Räikkönen nur Achter?

Sowohl Romain Grosjean als auch Kimi Räikkönen gingen mit einer Ein-Stopp-Strategie ins Rennen. Im Gegensatz zu Fernando Alonso und Sebastian Vettel, die sich erst während des Rennens zu einem Poker entschlossen, hatten die Lotus-Piloten die Taktik von vornherein geplant. So gelang es beiden Fahrern, sich im Rennen deutlich zu verbessern: Grosjean machte fünf, Räikkönen vier Plätze gut - rein von der Performance im Rennen lagen die beiden Fahrer also nicht allzu weit auseinander.

Da Grosjean das Rennen allerdings fünf Startplätze vor seinem teaminternen Rivalen in Angriff genommen hatte, trug ihn der Strategie-Coup bis auf das Podium, während sich Räikkönen "nur" in die Punkte fuhr. Ein weiterer Vorteil für Grosjean war, dass er aufgrund seines besseren Startplatzes von den einbrechenden Reifen bei Alonso und Vettel profitieren konnte. Der Finne dagegen war zu weit zurück, um aus dem Fauxpas der Konkurrenz Kapital zu schlagen. Der Hauptgrund für Grosjeans deutlichen Sieg im Lotus-Duell ist demnach das stärkere Qualifying.

4. Warum entschuldigte sich Brawn bei Schumacher?

An Schumacher klebt das Pech, Foto: Sutton
An Schumacher klebt das Pech, Foto: Sutton

Michael Schumacher erlebt derzeit wohl eine der längsten Pechsträhnen seiner Karriere. In den sieben bisher absolvierten Saisonrennen sah der Rekordweltmeister nur zwei Mal die Zielflagge und hat nur zwei Zähler auf seinem Konto. Ein Getriebedefekt in Australien, ein nicht richtig angeschraubtes Rad in China und ein Problem mit dem Benzindruck in Monaco warfen den Deutschen ohne eigenes Dazutun aus dem Rennen. Nur in Spanien hatte er bei der Kollision mit Bruno Senna einen Anteil an dem vorzeitigen Aus.

Angesichts der Häufung der technischen Defekte, zu denen sich in Kanada in Form eines blockierten Heckflügels ein weiterer gesellte, blieb Teamchef Ross Brawn nichts anderes übrig als sich bei seinem Fahrer zu entschuldigen. "Leider konnten wir dieses Problem nicht unter Rennbedingungen beheben. Ich möchte mich bei Michael für diesen neuerlichen technischen Defekt entschuldigen", sagte Brawn, nachdem Schumacher aufgrund der hydraulisch verursachten Blockade seines Heckflügels in Montreal aufgeben musste.

5. Was war mit Jenson Button los?

Noch vor dem Rennen tönte McLaren, dass man beiden Fahrern den Sieg in Montreal zutraut. Mit Lewis Hamilton holte auch ein McLaren-Fahrer den Sieg, allerdings hatte Jenson Button über die gesamte Renndistanz nicht den Hauch einer Chance. Wie schon in den letzten Rennen kämpfte der Brite mit seinem MP4-27. "Es ist definitiv kein Reifenproblem, denn das würde bedeuten, dass ich der einzige Fahrer bin, der mit den Reifen nicht fahren kann. Das ist unmöglich", betonte Button. Vielmehr schien Button nicht das richtige Setup für den Circuit Gilles Villeneuve gefunden zu haben.

"Mit einem bestimmten Setup scheint das Auto schnell zu sein, aber ich fuhr dieses Setup und damit auch das Siegerauto nicht. Ich weiß nicht, was ich machen soll", zeigte sich Button ratlos. Teamchef Martin Whitmarsh ist hingegen überzeugt, dass man Buttons Formproblem bald in den Griff bekommt. "Für Jenson ist es sicher frustrierend, wenn wir keine Antwort haben. Aber keiner ist besser gerüstet als er, um zusammen mit dem Team eine Lösung zu finden", meinte Whitmarsh.

6. War ein Stopp oder zwei Stopps die bessere Wahl?

Ein Blick auf das Endergebnis lässt deutlich erkennen, dass beide Varianten zum Erfolg führen konnten. Wichtig war nur, die für sich richtige Variante zu wählen. Das Problem dabei war, dass die Temperaturen am Renntag höher waren als während der Trainings und die Longrun-Daten vom Freitag dadurch nicht mehr wirklich brauchbar waren. Wie sehr das nach hinten losgehen kann, demonstrierten Alonso und Vettel eindrucksvoll, wobei es überraschte, dass Red Bull trotz des frühen Stopps in Runde 16 dachte, den Deutschen mit nur einem Stopp durchbringen zu können.

Vettel musste somit 54 Runden mit dem weichen Reifen durchhalten, der zwar die härtere Mischung in Kanada war, aber durchaus nicht ewig hielt. Da der Supersoft schon im ersten Stint nicht so gut überlebte wie gedacht, konnte man das vom Soft genauso wenig erwarten. Natürlich wäre es zu einfach, zu behaupten, es hat nur McLaren mit Hamilton und dessen zwei Stopps richtig hingekriegt, denn immerhin fuhren Grosjean und Perez mit einem Stopp auf das Podest. Dazu sei gesagt, Grosjean konnte seinen ersten Stint fünf Runden länger ausdehnen als Vettel und zwei Runden länger als Alonso, Perez startete mit den Softs und hielt auf der gegen Rennende viel besseren Strecke auf den Supersofts bei weitem länger durch. 29 Runden musste er damit fahren, dennoch gehörte er am Schluss mit zu den Schnellsten.

7. Bleibt die WM so spannend?

Vettel glaubt an ein Ende der Serie, Foto: Sutton
Vettel glaubt an ein Ende der Serie, Foto: Sutton

Die Formel 1 stellte in Montreal einen neuen Rekord auf. In den bisherigen sieben Rennen standen sieben verschiedene Sieger auf dem obersten Podest. Damit zeigt sich die Formel 1 so spannend wie nie. "Die Saison ist bislang außergewöhnlich. Niemand wird mit besonders viel Sicherheit das Endergebnis der Weltmeisterschaft in diesem Jahr vorhersagen können und so sollte es sein", betonte Martin Whitmarsh. So mancher Experte rechnet in dieser Saison mit bis zu zehn verschiedenen Siegern.

Niki Lauda zählt nicht dazu. "Ich garantiere, dass in Valencia einer von den sieben Siegern ein zweites Mal gewinnen wird. Das ist meine Logik und dann schauen wir mal weiter", meinte er gegenüber Motorsport-Magazin.com. Auch Sebastian Vettel rechnet in Valencia mit einem Ende der Lotterie. "Ich denke, es ist nicht möglich, 20 verschiedene Sieger zu haben."