Toto Wolff hat seit seinem Einstieg bei Williams einige harte Zeiten für den Rennstall miterlebt, am Sonntag durfte er auf dem Circuit de Catalunya dafür auch miterleben, wie das Gefühl so ist, ganz oben in der F1-Welt zu sein. Wirklich gerechnet hatte er allerdings nicht damit, dass Pastor Maldonado dem Team den ersten Sieg seit 2004 würde schenken können. "Nein, das kann man nicht erwarten, wenn man rational ist. Wir waren schon vom Qualifying überrascht. Wir hatten die Top-10 erwartet, das wurde getoppt. Wir haben gedacht, bleiben wir ruhig und schauen, wie das Rennen läuft. Wir wollten solide Punkte holen und haben im Rennen gesehen, dass mehr geht. Der Pastor und die Mannschaft haben das Beste daraus gemacht und da stehen wir heute", sagte Wolff.

Damit Williams wieder ganz oben stehen konnte, musste sich im Team einiges verändern. Laut Mitbesitzer Wolff sind der Teamgeist und die Herangehensweise anders geworden, zudem habe sich die technische Mannschaft verändert. Die Bedeutung seiner Rolle sah er dabei als nicht so wichtig. "Am Ende des Tages ist es nie ein Einzelner, der etwas bewegt oder verändert. Ich habe an diesem Auto noch nicht herum geschraubt, also bin ich nicht für den technischen Erfolg verantwortlich. Das muss man den Leuten an die Brust heften, die das machen. Es gehört immer ein Ganzes zusammen. Es gehört dazu, dass es einen Generationswechsel gegeben hat und dass viele junge Leute gekommen sind und dass wir einen Teamgeist gefunden haben, der uns abhanden gekommen war."

Die Ikone Frank Williams

Eine Konstante ist dennoch geblieben, Teamchef Frank Williams. Für Wolff ist der mittlerweile 70-Jährige eine Ikone des Motorsports, von der er noch viel lernen kann. "Er kennt jeden Menschen und steht uns mit Rat und Tat zur Seite. Er ist nicht nur im Wort, weil er gesagt hat, dass er das langsam übergeben möchte, ohne dass er sich zurückzieht. Er schaut uns auf die Finger und passt auf, dass wir alles richtig machen", erklärte der Österreicher. Nur wegen seiner Herkunft wollte Wolff allerdings keine Vergleiche mit Dietrich Mateschitz gezogen sehen, da seien einige Milliarden Euro unterschied, meinte er mit einem Lächeln. "Da sind wir leider nicht wie Red Bull."

Pastor Maldonado fuhr wie ein Routinier, Foto: Sutton
Pastor Maldonado fuhr wie ein Routinier, Foto: Sutton

Mateschitz bezeichnete Wolff als jemanden, zu dem man aufschauen könne und der ein Vorbild sei. "Ich glaube, wir sollten uns nach einem Sieg von Williams nicht mit dem Red Bull Team und nicht mit Herrn Mateschitz vergleichen. Das ist ein harter, steiniger Weg. Vielleicht lachen wir in 20 Jahren darüber, aber jetzt einmal Chapeau vor dem Mann." Seinen Hut zog Wolff aber auch vor Maldonado, der sich erfolgreich gegen Doppelweltmeister Fernando Alonso zur Wehr gesetzt hatte. Der Österreicher zweifelte allerdings nicht daran, dass der Venezolaner das schaffen kann. "Pastor hat große Erfahrung aus vielen GP2-Rennen, auch als Führender."

Richtig geschont

Zudem sei Maldonado am Sonntag so ruhig gewesen, wie er ihn selten gesehen habe, meinte Wolff. Abgesprochen war allerdings, dass der spätere Rennsieger solide Punkte einfahren und sich nicht mit verrückten Manövern den Frontflügel kaputtfahren soll. "Deswegen habe ich mir gedacht, dass er seine Sache gut macht. Und er hat es unglaublich gut gemacht, denn da, wo man die Reifen sparen muss, hat er sie gespart. Da war Alonso rot im Rückspiegel und durch die letzte Schikane, bevor es in Richtung Gerade ging, ist er ihm wieder weggefahren", erinnerte er sich.

Für Maldonado, der immer wieder gerne als Bezahlfahrer bezeichnet wird, der verdienteren Piloten den Platz weggenommen hat, war der Sieg die perfekte Antwort auf seine Kritiker. Für Wolff ist das Wort Bezahlfahrer aber ohnehin falsch und der Trend dazu bereits durch die Nachwuchsklassen vorgezeichnet. "Wenn man sich die Nachfolgeformeln ansieht, GP2 und GP3, dafür ist Geld notwendig. Und die Kids, die heraufkommen, sind Kids, die Budget haben. Ich habe keine Ahnung, ob das schlecht ist, es hat sich halt geändert. Das Wort Bezahlfahrer gefällt mir gar nicht, weil der Alonso ist meiner Meinung nach auch einer. Das sind tüchtige Jungs. Die Fahren nicht nur schnell Auto, sondern haben auch gute Partner und nehmen die in die Formel 1 mit. Darüber kann jedes Team in schwierigen ökonomischen Zeiten glücklich sein."

Nicht verrückt machen lassen

Williams haben die Millionen aus Venezuela jedenfalls nicht geschadet, wohl ebenso wenig wie Ferrari die Millionen von Santander schlecht bekommen sind. Im Vordergrund steht für das Team jetzt aber, weiter die richtige Perspektive zu bewahren. "Der Sieg heißt, dass wir motiviert sind, dass wir das Gefühl geschmeckt haben und das gefällt uns. Wir werden uns bemühen, weiter hart zu arbeiten und uns nicht verrückt machen zu lassen. Wir haben einmal gewonnen, schon im Qualifying lief es besser als erwartet. Monaco sollte uns gut liegen und schauen wir, wie es weitergeht. Für alle ist die Saison spannend, es gab viele verschiedene Sieger und ich hoffe, es gibt jetzt nicht mehr so viele verschiedene Sieger."

Dazu musste Wolff allerdings zugeben, dass Williams selbst rätselt, warum es in Barcelona jetzt so gut gelaufen war. "Es geht darum, zu verstehen, warum es gut geht, wenn man vorne wegfährt." Sollte das gelingen, dann müsste es theoretisch auch in Monaco gut gehen, immerhin mag neben Maldonado auch Bruno Senna den Stadtkurs. "Wir haben zwei Fahrer, die in Monaco gut sind. Ich bin abergläubisch, wenn man jetzt sagt, es wird besser, weil beide in Monaco stark sind. Wir sollten nachschauen, was der Grund für den Erfolg hier war - nüchtern. Die Euphorie werden wir heute genießen, aber morgen wieder wegpacken, dann nach Monaco gehen und das Beste draus machen."