Sollte der Grand Prix in Bahrain nicht abermals abgesagt werden, wird die diesjährige Formel-1-Saison zur Saison der Rekorde, erstmals werden 20 Rennen stattfinden. Von vielen Personen im Zirkus wird dies als die Obergrenze angesehen, Teams und Fahrer wehren sich gegen noch mehr Rennen und sogar Formel-1-Boss Bernie Ecclestone ist der Ansicht, dass die Grenze damit so ziemlich erreicht sei .

Dennoch drängen immer weitere Länder und Strecken in den Kalender, im kommenden Jahr soll es bereits zwei Rennen in den USA geben und auch ein Grand Prix in Russland soll für 2014 anberaumt sein. Zudem befinden sich ständig Gerüchte über weitere Austragungsorte im Umlauf, zuletzt geisterte die Meldung über ein Rennen in Thailand durch die Medien.

Valencia und Barcelona wechseln sich künftig ab, Foto: Mercedes GP
Valencia und Barcelona wechseln sich künftig ab, Foto: Mercedes GP

Um möglichst viele Länder an der Formel 1 teilhaben zu lassen, scheint das Prinzip der Rotation in Mode zu kommen. Der Hockenheimring trägt mit dem Nürburgring bereits alternierend den Großen Preis von Deutschland aus und auch Barcelona und Valencia sollen sich künftig abwechseln, selbiges gilt für die Rennen in Frankreich und Belgien.

Diese Vielzahl an Rennen bringt natürlich auch jede Menge Stress für Fahrer, Teams und alle weiteren Verantwortlichen mit sich. Oftmals wird davon gesprochen, dass früher aufgrund der geringeren Rennanzahl alles besser gewesen sei. Aber ist dem auch wirklich so? Motorsport-Magazin.com nimmt die Entwicklung des Formel-1-Kalenders unter die Lupe.

Alles begann mit sieben Rennen

Das erste Rennen der Formel-1-Weltmeisterschaft ging am 13. Mai 1950 in Silverstone über die Bühne und wurde von Giuseppe Farina für sich entschieden. Es folgten in diesem Jahr noch sechs weitere, fünf davon in Europa. Zudem zählten auch die 500 Meilen von Indianapolis zur Formel-1-WM, obwohl sie unter anderen Regularien ausgetragen wurden. Beendet wurde die Saison am 3. September in Monza.

Giuseppe Farina gewann das erste Formel-1-Rennen, Foto: Sutton
Giuseppe Farina gewann das erste Formel-1-Rennen, Foto: Sutton

Im darauf folgenden Jahr umfasste die Saison ein Rennen mehr (und endete erst am 28. Oktober). Die Anzahl schwankte bis 1957 zwischen sieben und neun Grand Prix, wobei man dazu überging, den Saisonauftakt in Argentinien zu bestreiten. Da in der südlichen Hemisphäre die Jahreszeiten jedoch gegenläufig zu jenen auf der Nordhalbkugel sind, entschloss man sich dazu, das Rennen in Argentinien bereits im Januar auszutragen. Dieses Schema wurde bis 1958 beibehalten, wobei das zweite Saisonrennen stets er in der zweiten Mai-Hälfte angesetzt war, so dass sich nach dem ersten Kräftemessen eine lange Pause ergab.

Die Anzahl der Rennen steigerte sich kontinuierlich, Foto: adrivo Sportpresse
Die Anzahl der Rennen steigerte sich kontinuierlich, Foto: adrivo Sportpresse

1958 wurde erstmals eine zweistellige Rennanzahl ausgetragen, wobei der Saisonabschluss in Marokko stattfand. 1959 erfolgte der Saisonauftakt am 10. Mai in Monaco, das letzte Rennen fand jedoch erst am 12. Dezember im amerikanischen Sebring statt, was das bisher späteste Finale darstellte. 1960 fand der erste der zehn Grand Prix im Februar in Argentinien statt, der letzte im November in den USA.

Saisonabschluss nach Weihnachten

Von 1961 bis 1964 erfolge der Saisonstart stets im Mai, das WM-Finale sollte allerdings noch einmal später stattfinden als 1959, denn 1962 und 1963 wurde das letzte Saisonrennen am 29. beziehungsweise 28. Dezember in Südafrika abgehalten, was auch der Lage auf der Südhalbkugel geschuldet war (man erinnere sich an die kühle Fußballweltmeisterschaft vor zwei Jahren).

Die längste Pause zwischen dem ersten und zweiten Saisonrennen gab es 1965. Der Saisonauftakt erfolgte damals am Neujahrstag im südafrikanischen East London und weiter ging es erst am 30. Mai in Monaco. Auch 1968 wurde der Saisonauftakt am ersten Tag des Jahres bestritten, 1967 war es der 2. Janaur. 1969 kam man von diesem extrem frühen Start wieder ab und beließ den Auftakt zwar in Südafrika, nahm diesen jedoch erst Anfang März vor.

Ab der Mitte der 1960er kam es zu einem deutlichen Anstieg, Foto: Sutton
Ab der Mitte der 1960er kam es zu einem deutlichen Anstieg, Foto: Sutton

Betrachtet man die Rennanzahl in dieser Frühphase der Formel 1, fällt auf, dass es vor allem von der Mitte der 1960er bis zum Ende der 1970er einen kontinuierlichen Anstieg zu verzeichnen gab. Mit Ausnahme von 1980 gab es seit 1976 in keiner Saison weniger als fünfzehn Grand Prix. Jedoch darf auch nicht vergessen werden, dass es bis in die 1980er zahlreiche Rennen gab, die zwar nicht zur Weltmeisterschaft zählten, jedoch von vielen Piloten bestritten wurden, so dass die geringe Anzahl etwas trügerisch erscheinen kann.

Januar-Doppelpack in Südamerika

Nach dem kurzen März-Intermezzo kehrte man von 1972 bis 1980 wieder nach Argentinien zurück, um dort den Auftakt im Januar zu bestreiten. Da 1973 erstmals auch ein Rennen in Brasilien ausgetragen wurde, ging man dazu über, die beiden Auftritte in Südamerika am Saisonbeginn zu bündeln. Zumeist fanden beide Rennen im Januar statt, ab und zu wurde in Brasilien auch im Februar gefahren.

1981 wurde der Gaucho-GP erst im März ausgetragen und 1982 sollte der Große Preis von Südafrika das bis heute letzte Rennen sein, das in den ersten beiden Monaten des Jahres angesetzt war (der seither früheste Saisonstart erfolgte 1992 am 1. März in Kyalami/Südafrika). Das Saisonfinale fand von 1964 bis 1984 stets im Oktober statt, erst danach bürgerte es sich ein, das letzte Rennen erst im November auszutragen.

Auf Kontinuität folgt Expansion

Ab der Mitte der 1980er hatte sich das Gesicht des Saisonkalenders vorerst für längere Zeit stabilisiert. Brasilien hatte sich nun für einige Jahre als Schauplatz des Auftaktrennens etabliert und von 1984 bis 1993 umfasste die Saison jeweils 16 Grand Prix. Sieht man sich die Zahlen etwas genauer an, verdeutlicht sich diese Kontinuität noch einmal, denn von 1984 bis 2003 wurde im Kalender nie eine andere Anzahl als sechzehn oder siebzehn Rennen festgeschrieben.

Es erfolgte die Expansion nach Osten, Foto: Sutton
Es erfolgte die Expansion nach Osten, Foto: Sutton

Um die Jahrtausendwende nahm die Formel 1 jedoch eine neue Entwicklung, es erfolgte die Expansion nach Osten zu, wo Bernie Ecclestone brachliegende Märkte ortete, die erschlossen werden sollten.

So kam es, dass neue Austragungsorte in Asien nahezu wie Pilze aus dem Boden schossen, etwa Malaysia, China, Indien oder Bahrain. Dies ging jedoch zu Lasten traditioneller Rennstrecken im einstigen Kernland der Formel 1, Europa. 2006 wurde beispielsweise zuletzt in Imola gefahren und auch Giganten wie Spa oder der Nürburgring waren nicht mehr sakrosankt.

Daher drehten die Fahrer im Jahr 2004 erstmals auf 18 und 2005 auf 19 Strecken ihre Runden. Wäre das Rennen in Bahrain im Vorjahr nicht abgesagt worden, wäre bereits 2011 die Schallmauer von 20 Grand Prix durchbrochen worden, so ist dies möglicherweise erst in dieser Saison der Fall - noch ist der Bahrain GP 2012 allerdings nicht gesichert. Während der Saisonstart im März blieb, wanderte das Finale schrittweise nach hinten, 2011 wurde es etwa am ersten Adventwochenende ausgetragen.

Um den vielen Menschen, die in der Formel 1 tätig sind, etwas mehr Erholung zu bieten, führte die Formel 1 eine Sommerpause ein, während der die Werke der Teams ruhen und sich die Fahrer Urlaub gönnen können. Auch die Testfahrten während der Saison wurden 2009 abgeschafft, wenn auch primär aus wirtschaftlichen Gründen.

Unter dem Strich lässt sich festhalten, dass die Formel 1 der Gegenwart durchaus stressiger ist, als in den Anfangsjahren des Sports, jedoch gab es auch damals Umstände, die heute wohl kaum mehr akzeptiert werden würden. Oder wäre es dieser Tage wirklich noch durchsetzbar, ein Rennen am Neujahrstag oder direkt nach Weihnachten auszutragen? Wahrscheinlich nur so lange, bis jemand Bernie genügend Geld dafür bietet...

Zahlen und Fakten

Saison mit den wenigsten Rennen: 1950, 1955 (7)
Saison mit den meisten Rennen: 2012 (20)
Frühester Saisonstart: 1965, 1968 (1. Januar)
Spätester Saisonstart: 1951 (27. Mai)
Frühestes Saisonfinale: 1956 (2. September)
Spätestes Saisonfinale: 1962 (29. Dezember)